Dieser Artikel hat nur indirekt mit Hubschraubern zu tun, jedoch ist die Redaktion Copterweb.de der Auffassung, dass es wichtig und richtig ist, hierüber zu berichten.
Bereits in der zweiten Woche demonstrieren Berliner Feuerwehrleute in ihrer Freizeit rund um die Uhr am Roten Rathaus in Berlin mit einer Mahnwache, um die Öffentlichkeit und die Politik auf die Missstände im Berliner Rettungswesen aufmerksam zu machen. Die Aktion, die unter dem Motto „#BerlinBrennt“ läuft, hat bereits bei Facebook über 40.000 Mitglieder und es werden stündlich mehr. Als sichtbares Zeichen haben die Feuerwehrleute eine Feuertonne aufgestellt, die für die Dauer der Mahnwache brennt.
Der Rettungsdienst in Berlin ist „Kaputtgespart“ worden. Die Berliner Feuerwehr ruft regelmäßig den Ausnahmezustand aus und ist mit den hohen Einsatzzahlen am Ende ihrer Kapazitäten. Forderungen der Feuerwehrleute sind unter anderem die Reduzierung der Alarmzahlen, 1300 zusätzliche Stellen schaffen, deutliche Reduzierung der Arbeitszeit, Überstunden nur nach Vereinbarung, Angleichung der Besoldung auf Bundesniveau, sofortige Auszahlung der Überstunden 100%, Umfangreiche Sanierung/Neubau der Wachen, Geld für Fahrzeuge, um Verfall zu verhindern um hier nur Einige zu nennen. Feuerwehren aus dem gesamten Bundesgebiet und sogar aus dem Ausland unterstützen ihre Kameraden seelisch und moralisch. In der Berliner Leitstelle gehen täglich rund 3.000 Anrufe ein. Die Gründe für die Anrufe bei der Feuerwehr sind verschieden. Sie reichen von Bränden, Unfällen, Menschenrettung bis zu eingerissenen Fingernägeln, Katzen auf Bäumen usw. 2016 gab es 375.000 Einsätze im Rettungsdienst. Nur ca. 7.000 davon waren Brände, zu 19.000 Einsätzen wurde die Feuerwehr zu technischer Hilfe gerufen. Ca. 53.000 Einsätze waren Fehleinsätze oder Erkundungsfahrten, ein Anstieg um 25% gegenüber dem Vorjahr. Disponiert werden die Einsätze mit Hilfe des „Standardisierten Notrufabfrageprotokoll“ (SNAP), das vor vielen Jahren durch den scheidenen Feuerwehrchef Wilfried Gräfling eingeführt wurde. Das Programm steht seit langem in der Kritik. Konnte früher der Disponent durch seine langjährige Erfahrung selbst entscheiden welches Rettungsmittel eingesetzt wurde, hat er sich heute strikt an SNAP zu halten. Im Zweifelsfall fährt immer ein Rettungswagen, der unter Umständen woanders fehlt.
Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) gemeinsam mit dem ständigen Vertreter des Landesbranddirektors, Karsten Göwecke, hatten am Mittwoch vergangener Woche die Mahnwache besucht. Auch der Finanzsenator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen und weitere Berliner Politiker waren bereits vor Ort. Der Hausherr des Roten Rathauses, der Regierende Bürgermeister Michael Müller hingegen war bisher nicht da. Er befindet sich im Urlaub und sei danach nur einen Tag in Berlin, bevor er sich auf eine Dienstreise ins Ausland begebe, hieß es aus seiner Dienststelle.
Die Unterstützung aus der Bevölkerung ist enorm. Die Rettungskräfte werden von ihr mit Kuchen, Schokolade, Gummibärchen und anderem versorgt. Ein Aufruf um Holzspenden, um die Feuertonne am Brennen zu halten, führte dazu, dass jetzt so viel Holz vorhanden ist, dass sogar mehrere Feuertonnen mehrere Tage 24 Stunden brennen könnten. Motorradfahrer aus Berlin und der Umgebung fahren am Freitagabend in einem Motorrad-Korso vom Potsdamer Platz zum Roten Rathaus und unterstützen die Rettungskräfte bei ihrer Aktion.
Da in Berlin der Rettungsdienst in den Händen der Feuerwehr liegt, ist auch der Berliner RTH „Christoph 31“ sowie der ITH „Christoph Berlin“ als Notarztbesetztes Rettungsmittel in den Rettungsdienst eingebunden und wird von der Leitstelle der Berliner Feuerwehr disponiert. Auf Grund der hohen Einsatzzahlen des „Christoph 31“ (jährlich über 3.000 Alarmierungen) ist bei diesem der Schichtdienst eingeführt worden. Während der Einsatzzeit, von Sonnenaufgang (frühestens 7 Uhr) bis Sonnenuntergang, verrichten zwei komplette Crews ihren Dienst. Ansonsten würden die zulässigen Flugdienstzeiten der Piloten und der HEMS TC regelmäßig überschritten. Hier ist zu erwähnen, dass die hohen Fehleinsatzquoten sich auch bei diesem Rettungsmittel bemerkbar machen. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang auch den ITH „Christoph Berlin“, der jedoch auf Grund seiner vorrangigen Aufgabe Sekundärrettung nur bedingt für Einsatzzwecke der Primärrettung zur Verfügung steht.
Die Mitarbeiter der Berliner Feuerwehr planen, auch in der nächsten, der dritten Woche, ihre Aktion fortzusetzen. Auch Beamte der Berliner Polizei zeigen sich solidarisch und haben ihre Teilnahme für die nächste Woche zugesagt. Mittlerweile haben die drei bei der Berliner Feuerwehr vertretenen Gewerkschaften — die Deutsche Feuerwehr Gewerkschaft (DFeuG), die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Vereinte Dienstleistungs-gewerkschaft (ver.di) — sich auf einen gemeinsamen Forderungskatalog zu den dringend notwendigen Verbesserungen der Situation bei der Berliner Feuerwehr verständigt. Das Ende der Mahnwache ist offen. Weitere Informationen zu der Aktion sind bei Facebook unter #BerlinBrennt oder www.berlinbrennt.de zu erhalten. Seit heute werden auch in einer Online-Petition Unterschriften gesammelt. Auch vor dem Roten Rathaus an der Mahnwache kann man sich in die Unterschriftenlisten eintragen.
Autor: Werner Latten, Berlin