Bundeswehrreform – Hubschrauber in neu­en Strukturen

Inzwischen lie­gen Einzelheiten zu Standortfragen und neu­en Strukturen der Bundeswehr vor. Fast nichts war im Vorfeld durch­ge­si­ckert, eini­ge angeb­li­che Pläne haben sich sogar als falsch her­aus­ge­stellt. Massiv betrof­fen sind im Bereich Luftwaffe die Führungsstrukturen. So wer­den die drei Luftwaffendivisionen in Aurich, Birkenfeld und Fürstenfeldbruck auf­ge­löst. Fürstenfeldbruck wird zusätz­lich vom Umzug des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe nach Köln betrof­fen sein.

CH 53 GA auf der ILA 2010 in Berlin

Für den Einsatz von Hubschraubern in Heer, Luftwaffe und Marine erge­ben sich wesent­li­che Veränderungen, die u.a. auf geän­der­te Stückzahlen der vor­ge­se­he­nen Auslieferungen zurück­zu­füh­ren sind: Schon in der Planungsphase befin­det sich der Umzug des Marinefliegergeschwaders 5 (MFG 5) mit Westland Sea King MK41
von Kiel-Holtenau nach Nordholz. Dort ist nach wie vor die Geschwaderbezeichnung MFG 3 ent­hal­ten. Es bleibt abzu­war­ten, wie die Strukturen des Geschwaders mit den unter­schied­li­chen Mustern aus­se­hen wer­den. Der noch aus­ste­hen­den Grundsatzentscheidung über den zukünf­ti­gen Marinehubschrauber als Ersatz für die Sea King und Sea Lynx kommt eine gro­ße Bedeutung zu. Dem Vernehmen nach wird in Marinekreisen anstel­le des NH90 der Sikorsky S-92 favo­ri­siert, ist er doch bereits in geeig­ne­ter ein­satz­tak­ti­scher Version schnell ver­füg­bar. Die Zukunft der jetzt vor­han­de­nen, im Unterhalt und durch Modernisierungsmaßnahmen teu­ren acht Seefernaufklärer P-3C „Orion“ wird über­dacht.

NH 90 auf der ILA 2010 in Berlin

Schon lan­ge ist bekannt, den Standort des Lufttransportgeschwaders 61 (LTG 61) in Penzing bei Landsberg a. L. zu schlie­ßen. Dort sind zur Zeit noch Transall C-160 und Hubschrauber Bell UH1-D der Luftwaffe sta­tio­niert. Entscheidend für den Zeitpunkt der Maßnahme ist die Umstellung auf den Transporter A400M mit redu­zier­ter Stückzahl (beab­sich­tigt: 40 statt 60). Ebenso betrof­fen ist das LTG 63 in Alt Duvenstedt bzw. Hohn, wo alle Bundeswehrangehörigen des Geschwaders abge­zo­gen wer­den. Damit bleibt zukünf­tig nur der Standort des heu­ti­gen LTG 62 in Wunstorf für die neu­en Flugzeuge erhal­ten. Die Anzahl der ein­satz­be­rei­ten Transall wird schon jetzt jähr­lich als beglei­ten­de Maßnahme ver­rin­gert. Nicht neu ist auch die vor­ge­se­he­ne Verteilung der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung auf den neu­en Flughafen in Schönefeld mit den bis­lang in Tegel sta­tio­nier­ten drei Hubschraubern „Cougar” und den „VIP“-Maschinen und den ande­ren Transportflugzeugen wie bis­her am „alten“ Standort in Köln-Wahn.

Cougar der Flugbereitschaft BMVg

Für die Hubschrauber des Heeres ste­hen umfang­rei­che Veränderungen an:
Nicht betrof­fen ist die Heeresfliegerwaffenschule in Bückeburg. Sie wird zukünf­tig als „Internationales Hubschrauberausbildungszentrum“ auch im Namen die Aufgabenstellung deut­lich machen.

In Celle erfolgt ein Kahlschlag für die Heeresflieger: Heeresfliegerstaffel 109H, Heeresfliegerverbindungs- und Aufklärungsstaffel 100H, die Heeresfliegerinstandsetzungsstaffel und das Ausbildungszentrum „C“ der Heeresfliegerwaffenschule wer­den auf­ge­löst. Im Standort Holzdorf ist die Heeresfliegerunterstützungsstaffel 1 eben­falls betrof­fen.

In Roth bei Nürnberg wird das Kampfhubschrauberregiment 26 „Franken“ außer Dienst gestellt, wäh­rend in Fritzlar das Regiment 36 „Kurhessen“ als „Tiger“-Geschwader bestehen bleibt. Wie bereits bekannt, soll die ursprüng­li­che Beschaffung der 80 vor­ge­se­he­nen Unterstützungshubschrauber auf 40 redu­ziert wer­den. Das Ende der Bo105 ist damit in Sicht.

Fest steht der Wechsel von CH53 zur Luftwaffe und dem Einsatz der NH90 bei den Heeresfliegern. Dabei sol­len statt bis­lang über 80 nur noch etwa 60 CH53 vor­ge­hal­ten wer­den, bei den NH90 von geplant 122 dann 80. Klarheit besteht nun­mehr auch zu den Standorten. Das Mittlere Transporthubschrauberregiment 15 „Münsterland“ in Rheine-Bentlage wird auf­ge­löst. Für Laupheim ist nicht mehr das Mittlere Transporthubschrauberregiment 25 „Oberschwaben“ genannt, son­dern ein „Hubschraubergeschwader“ (HSG) der Luftwaffe. Die Entscheidung zuguns­ten von Laupheim soll sehr knapp gewe­sen sein. Für den bis­he­ri­gen Standort des HSG 64 in Holzdorf lau­tet die Angabe „Hubschraubergeschwader, Teile“ und zusätz­lich eine „Systeminstandsetzung Drehflügler“ der Teilstreitkraft Luftwaffe. Auch wenn die Strukturen des HSG noch nicht fest­ste­hen, hofft man in der Kurt-Georg-Kiesinger-Kaserne in Laupheim auf einen star­ken Standort mit dem Stab des Geschwaders. Ob die Erwartungen an mehr sta­tio­nier­te Hubschrauber als jetzt erfüllt wer­den, muss unter Berücksichtigung der Dislozierung auf zwei Standorte und der Reduzierung abge­war­tet wer­den. Die Umsetzung des Wechsels vom Heer zur Luftwaffe soll schon sehr schnell erfol­gen, nach vor­läu­fi­gen Planungen bereits im ers­ten Halbjahr 2013.

Westland Sea King MK41 vom MFG 5 auf der ILA 2010

Faßberg bleibt als Hubschrauberstandort des Transporthubschrauberregiments 10 „Lüneburger Heide“ bestehen. Ebenso wird Niederstetten wei­ter­hin als Transporthubschrauberregiment 30 geführt. Damit wer­den die NH90 offen­sicht­lich auf zwei Flugplätze ver­teilt.

Bell UH-1D in Jubiläumslackierung (THRgt 30)

Betroffen sind auch die tech­ni­schen Einrichtungen der Luftwaffe:
Die Technische Schule der Luftwaffe 1 (TSLw 1) in Kaufbeuren wird auf­ge­löst. Die TSLw 3 in Faßberg wird zum „Technischen Ausbildungzentrum der Luftwaffe“. Das Luftwaffeninstandhaltungsregiment 2 in Diepholz mit sei­nen Kapazitäten und Erfahrungen wird in ein „Waffensystemunterstützungszentrum“ für die Luftwaffe umge­wan­delt.

Keine Informationen gibt es zu erfor­der­li­chen Veränderungen bei Einzelaufgaben der Transporthubschrauber bei Heer und Luftwaffe. Wenn die CH53 durch die Luftwaffe ein­ge­setzt wird, dürf­te die Transportaufgabe im Vordergrund ste­hen. Ob und in wel­chem Umfang dann geplan­te und begon­ne­ne Umrüstungsmaßnahmen, z.B. CH53 GA, noch grei­fen, bleibt offen. Die Heeresflieger dürf­ten dann mit NH90 die Aufgabe CSAR (com­bat search and res­cue) über­neh­men. In der NATO wer­den dar­un­ter bewaff­ne­te Such- und Rettungsaktionen in Krisengebieten ein­schließ­lich Personnel Recovery ver­stan­den, also z. B. die Rettung abge­stürz­ter Piloten aus feind­li­chem Gebiet. Unklar ist die zukünf­ti­ge Aufgabenzuweisung für SAR nach inter­na­tio­na­len Bestimmungen für die zivi­le Luftfahrt.

SAR 51 (Bell UH1-D LTG 61) im Einsatz

In die­sem Zusammenhang könn­te die bereits ver­trag­lich ver­ein­bar­te Lieferung von 12 Sätzen „Forward AirMedEvac” ab 2012 für NH90 eine Vorentscheidung sein. Diese Konfiguration zur Luftrettung (gemeint ist nicht das zivi­le Luftrettungssystem in Deutschland!) und inten­siv­me­di­zi­ni­schen Versorgung von Verwundeten ermög­licht Evakuierungseinsätze unab­hän­gig von Geländebeschaffenheit, Tageszeit, Wetterlage, Sichtflugbedingungen und Bedrohungslage.

© Eurocopter

Auch wenn noch vie­le Details der Maßnahmen offen sind, ist die lang andau­ern­de Diskussion und Unsicherheit zumin­dest in Teilen abge­schlos­sen. Die Umsetzung soll ins­ge­samt bis 2017 dau­ern und für vie­le Angehörige der Bundeswehr und ihre Familien ein­schnei­den­de Veränderungen mit sich brin­gen. Insbesondere die Ausgestaltung der Personalplanung und die not­wen­di­ge sozia­le Begleitung stel­len eine Herausforderung für alle Beteiligten dar, nicht zuletzt auch für betrof­fe­nen Kommunen, Städte, Kreise und Länder.

Cockpit eines SeaLynx

Artikel, Fotos: Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn

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