Vor großen Herausforderungen steht am Wochenende die Bundespolizei: Auf Schloss Elmau in Bayern ist am 7. und 8. Juni 2015 die Bundesregierung Gastgeber für den G7 (Gruppe der Sieben)-Gipfel. Er ist ein Zusammenschluss der zu ihrem Gründungszeitpunkt in 1975 bedeutendsten Industrienationen der Welt in Form regelmäßiger Gipfeltreffen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs. 1998 erfolgte die Erweiterung mit der Aufnahme Russlands zur G8, aus aktuellen politischen Gründen im Frühjahr 2014 wieder Reduzierung in die G7.
Eine tragende Rolle kommt während des Gipfels dem Flugdienst der Bundespolizei speziell als Dienstleister für die Bundesregierung zu. Schon seit Tagen sind Hubschrauber, ihre Besatzungen und Bodenpersonal aus allen fünf Staffeln im Einsatz. Dem Vernehmen nach stellt die Bundespolizei insgesamt 30 Hubschrauber bereit. Im Operationsgebiet um Schloss Elmau wurden zahlreiche Übungsflüge durchgeführt. Die praktizierte regelmäßige gemeinsame Gebirgsflugausbildung der Polizeien der Länder mit Hubschraubern und des Flugdienstes der Bundespolizei unter Regie der Luftfahrerschule für den Polizeidienst (LFSfPD) zeigt jetzt in dieser Region ihre Zweckmäßigkeit.
Die Aufgaben für den Flugdienst sind sehr vielfältig. In Abhängigkeit von Wetterbedingungen gehören beispielsweise der Transport der Delegationen, Überwachungs- und Aufklärungsflüge mit entsprechend ausgerüsteten Hubschraubern, z.B. Verbindungshubschraubern (VBH) vom Typ EC135 T2+, und ggf. die punktuelle Verstärkung von Einsatzkräften aus der Luft dazu. Konkret sollen die Besatzungen der Hubschrauber die Kräfte der Bundespolizeidirektion München unterstützen und auch für Anforderungen des Freistaates Bayern reaktionsfähig sein. Dem Bundeskriminalamt helfen die Einsatzmittel beim Schutzauftrag für die Gäste des Gipfels. Im Zentrum des öffentlichen Interesses dürfte aber Flugbetrieb mit den Delegationen im Auftrag des Auswärtigen Amtes stehen.
Auch für rettungsdienstliche Notfälle hält der Flugdienst der Bundespolizei zwei zusätzliche Hubschrauber vor, die zur Versorgung der Einsatzkräfte, aber auch zur Unterstützung des Rettungsdienstes eingesetzt werden können. Die EC135 sind mit speziellen medizinischen Kits eingerüstet. Diese Wechselausstattung kann auch kompatibel in den Zivilschutz-Hubschraubern (ZSH) des Bundesministeriums des Innern eingebaut werden. Trotz der starken Beanspruchung der Staffeln wird der Betrieb in ihren Standorten, ihren Stützpunkten und auch der ZSH in der Luftrettung der Länder sichergestellt. Die reguläre Luftrettung der ADAC Luftrettung GmbH an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Murnau wird nicht verstärkt.
Die gesamte Logistik, einschließlich Bereitstellung von Betriebsmitteln, Wartung und Instandsetzung, Versorgung der Einsatzkräfte usw. muss für den reibungslosen Flugbetrieb gewährleistet sein. Die Fliegerstaffel in Oberschleißheim dient hierzu als Betankungs- und Wartungsbasis für den Großteil der eingesetzten Polizeihubschrauber.
Dreh- und Angelpunkt als Stützpunkt für Versorgungs-, Rettungs- und Einsatzflüge des Flugbetriebes ist das eigens angemietete Segelflugzentrum Ohlstadt-Pömetsried der Sportfliegergruppe Werdenfels e.V. Es liegt südöstlich von Murnau und ist auch einer der Stützpunkte der Luftrettungsstaffel Bayern. Der Platz verfügt über eine asphaltierte Landebahn von 880 x 10 m und einen Landestreifen/eine Windenschleppstrecke mit Rasen 935 x 75 m. Es gibt keine Tankmöglichkeit. Der Platz darf von Maschinen der E-Klasse und höher nicht angeflogen werden. Für den Flugbetrieb während des Gipfels ist der Flugplatz umfangreich abgesperrt und gesichert. In unmittelbarer Nähe zum Schloss selbst wurde ein temporärer Landeplatz mit entsprechenden Maßnahmen erstellt. Er befindet sich unmittelbar innerhalb des Sicherheitsbereiches um den Tagungsort. Je nach Witterung wird nicht er, sondern Pömetsreid angeflogen.
Die Bundespolizei-Fliegerstaffel Fuhlendorf unterstützte bereits am 11. und 12. Mai 2015 das Treffen der G7 Wirtschafts- und Energieminister in Hamburg. Im Rahmen des Programms besuchten die Delegationsteilnehmer auch die Konverterstation für drei Offshore-Windparks „HelWin alpha”, und weihten den „Windpark Nordsee Ost” ein. Der Transport der Delegationsteilnehmer zur Plattform wurde mit fünf Super Puma AS332 L1 durchgeführt, die für Einsätze über See besonders ausgestattet sind.
Unmittelbar vom Flugverkehr betroffen sind auch Flugplätze der Bundeswehr. So wird der Fliegerhorst Erding (ETSE) umfangreich und länger gesperrt und spezielle Zurittsregelungen werden erlassen. Das Lufttransportgeschwader (LTG) 61 in Penzing bei Landsberg unterstützt den Flugbetrieb der Polizei bei Bedarf mit der Abstellmöglichkeit für 20 Hubschrauber. Aber auch für eigene Zwecke steht der Fliegerhorst ETSA zur Verfügung: Das Hubschraubergeschwader (HSG) 64 mit Sitz in Laupheim (ETHL) wird von Penzing aus mit mehreren CH53 während des Gipfels operieren.
Zur Vorbeugung und zur Gefahrenabwehr können Gebiete mit Flugbeschränkungen eingerichtet werden, als dauerhaft (z.B. über Atomkraftwerken oder dem Regierungsviertel Berlin) oder mit zeitlicher Beschränkung. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat zwei temporäre Flugbeschränkungsgebiete zum Schutz der Veranstaltung eingerichtet: „ED-R Schloss Elmau“ zieht um den Tagungsort einen Kreis, dessen Radius im Norden bis zum Starnberger See reicht. Die zweite — „ED-R-Elmau gesamt“ — zieht um den Flughafen München einen im Norden bis Ingolstadt reichenden Kreis mit einem Korridor bis ins Wettersteingebirge. Dieses Gebiet darf nicht über- und durchflogen werden. Das gilt auch für Drohnen und Flugzeugmodelle. Einzelheiten finden sich hier auf der Seite der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH.
Mit insgesamt etwa 20.000 Polizisten ist der G7-Gipfel der bisher größte Polizeieinsatz in Bayern. Die Bundespolizei setzt im eigentlichen Einsatzgebiet 2.500 Beamte ein. Für die rettungsdienstliche Absicherung stehen etwa 1.500 Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen, Feuerwehren und Bundesanstalt Technisches Hilfswerk zur Verfügung. Auch auf österreichischer Seite werden aufgrund der grenznahen Lage zum Schutz der Veranstaltung über 2.000 Polizeibeamte im Einsatz sein. Das Einsatzkommando „Cobra” steht bereit. Es ist die wichtigste polizeiliche Sondereinheit in Österreich. Sie wird bei Einsätzen mit Hubschraubern des Bundesheeres zum Transport unterstützt, während des Gipfels ggf. mit zwei bereit gestellten S-70 „Black Hawk”.
Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn
Siehe dazu auch den Artikel „Gebirgsflugeinweisung der Bundesdpolizei”