Am Anfang stand mit 20.000 Verkehrstoten ein trauriger Rekord. Heute, 55 Jahre später, darf stolz zurückgeblickt und gefeiert werden. Denn mit der Inbetriebnahme des ersten öffentlich-rechtlichen Rettungshubschraubers „Christoph 1“ begann am 1. November 1970 in München-Harlaching eine deutsche Erfolgsgeschichte. Mit dem ADAC e.V. als treibender Kraft und Initiator sowie weiteren Partnern wurde in mehr als fünf Jahrzehnten ein weltweit einmaliges und nahezu flächendeckendes Luftrettungsnetz aufgebaut. In dieser Zeit wurde die gemeinnützige ADAC Luftrettung zu einem unverzichtbaren Teil des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstsystems und einem der größten Betreiber in Europa. Seither starteten die hochqualifizierten Crews der heute 38 ADAC Luftrettungsstationen zu mehr als 1,3 Millionen Einsätzen, in denen sie unzähligen Menschen das Leben gerettet haben.
Die Feier zur Geburtsstunde der fliegenden Gelben Engel fällt in diesem Jahr passend auf ein neues Kapitel der notfallmedizinischen Versorgung aus der Luft: der Einweihung des neuen ADAC Luftrettung Campus am Sonderflughafen EDMO in Oberpfaffenhofen bei München. Dort, am bedeutendsten Standort der Luft- und Raumfahrt in Deutschland, vereint die hochmoderne Luftrettungszentrale unter dem Motto „United in Safety“ das gesamte Leistungsspektrum der ADAC Luftrettung-Gruppe unter einem Dach: Flugbetrieb, Medizin, Forschung, Ausbildung, Training und Wartung sowie Verwaltung – das macht den neuen ADAC Luftrettung Campus nach einer Bauzeit von drei Jahren und neun Monaten zu einem in dieser Form auch international einmaligen Kompetenzzentrum für Hubschrauberpilotinnen und -piloten, Rettungsdienst und Notfallmedizin. Nachhaltig und energieeffizient ausgerichtet – inklusive eines multifunktionalen Veranstaltungsraums für Messen, Fachtagungen und Konferenzen für rund 300 Teilnehmende.
Auf rund 16.000 Quadratmetern beheimatet die u-förmig angelegte Campusanlage in zwei Gebäudekomplexen rund 280 Mitarbeitende der ADAC Luftrettung gGmbH (Zentrale und Verwaltung) sowie deren Tochterunternehmen ADAC HEMS Academy GmbH (Training und Schulung), ADAC Heliservice GmbH (Wartung und Inspektion), ADAC Telenotarzt gGmbH (telemedizinischer Notarztdienst) sowie des Jointventures HMotion mit der Airbus Helicopters Deutschland GmbH als weltweit modernstes Simulator-Trainingszentrum für Airbus H135- und H145-Helikopter.
Campus der Zukunft
„Unser Campus wird ein Ort der interdisziplinären Begegnung, des Dialogs und des Austausches. Er steht sinnbildlich für unsere Überzeugung, dass Innovation und Fortschritt dort entstehen, wo Menschen sich austauschen, miteinander sprechen und voneinander lernen. Mit der Bündelung unserer wichtigsten Kompetenzen an einem Standort haben wir den Grundstein für die Zukunft der Luftrettung in Deutschland und die Weiterentwicklung des Rettungsdienstes von oben gelegt“, sagte Frédéric Bruder, der Vorsitzende der Geschäftsführung der ADAC Luftrettung zur Eröffnung. „Wir schaffen hier durch kurze Wege wichtige Synergien, um in allen Unternehmensebenen noch besser, schneller und flexibler auf die Veränderungen und Herausforderungen im Gesundheitswesen und der Akutversorgung reagieren zu können“, ergänzte Bruder.
Die Einweihung fand statt vor rund 250 Vertreterinnen und Vertretern von Rettungsdienstorganisationen, Kliniken, Partnerunternehmen, Verbänden, Behörden und der Politik – darunter auch der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder als Grußwortredner: „Großer Dank an die Eliteeinheit des Rettungsdienstes! Die Engel des ADAC begleiten das ganze Leben – ob im Auto oder in der Luft. Wir sind stolz auf unsere gesamte Rettungsfamilie in Bayern. Sie sind echte Helden und immer vor Ort, um Leben zu retten. Dazu gehört viel Training und die Bereitschaft, rund um die Uhr in den Einsatz zu gehen. Das verdient höchsten Respekt und Wertschätzung. Der Freistaat steht an der Seite der Retter: mit bester Ausstattung, Vertrauen und einem Befreiungsschlag von Bürokratie. Wir halten denjenigen den Rücken frei, die für uns den Rücken hinhalten.“
Vor dem Hintergrund der Krankenhaus- sowie der Notfallversorgung- und Rettungsdienstreform werde die Bedeutung der schnellen Hilfe von oben trotz aktuell zurückgehender Einsatzzahlen weiter zunehmen, erklärte Geschäftsführer Bruder zum Jubiläum. Dabei setze die ADAC Luftrettung bei enorm steigenden Kosten im Gesundheitswesen ausdrücklich nicht auf eine „Höher-, Schneller-, Weiter-Strategie“. Die ADAC Luftrettung habe nicht den Anspruch, immer größer und teurer zu werden, sondern mit durchdachten und bedarfsgerechten Lösungen besser zu werden, in dem, was am wichtigsten ist: in Qualität, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit. Als Beispiel dafür nannte Bruder die neue Rettungshubschrauber-Generation H140 von Airbus Helicopters, die auf dem Campus erstmals in Europa der Öffentlichkeit vorgestellt wurde: „Wir haben dieses Modell mitentwickelt, mit dem klaren Ziel, den besten Rettungshubschrauber für unsere Missionen zu schaffen – jedoch nachhaltig und kosteneffizient“
Forderungen an die Politik
Die Reform der Notfallversorgung und des Rettungsdienstes müsse jetzt schnell von der Bundesregierung beschlossen werden, sagte Bruder an die Adresse der Politik. „Wir brauchen mehr Luftrettung in Deutschland, längere Einsatzzeiten, flexiblere Arbeitszeitmodelle, eine länderübergreifende Einsatz- und Bedarfsplanung sowie flächendeckende Einsatzmöglichkeiten unserer Rettungshubschrauber in der Dunkelheit“, erklärte er. Zu dem brauche es verlässliche gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen für Personal, Qualität und Infrastruktur, eine enge digitale Vernetzung aller Akteure in der Rettungskette und telemedizinische Unterstützung.
Bruder kündigte an, dass sich die ADAC Luftrettung auch beim Thema Bevölkerungsschutz ihrer Verantwortung stelle. „Mit Blick auf Hochwasserkatastrophen wie im Ahrtal und Süddeutschland haben wir unser Engagement im Zivil- und Katastrophenschutz kontinuierlich verstärkt und ausgebaut – mit zusätzlichen Windenhubschraubern und hochqualifizierten Crews, aber auch mit speziellen Fachberatern Luftrettung, die jetzt Träger des Rettungsdienstes und zuständige Behörden bei der Bewältigung von Großschadensereignissen in ganz Deutschland unterstützen. In diesem Rahmen sind wir auch bereit, unsere Ressourcen und unsere Expertise bei Übungen mit der Bundeswehr in die Weiterentwicklung der gesamtstaatlichen Gefahrenabwehr einzubringen“, sagte Bruder zum Wunsch von Bundeskanzler Friedrich Merz nach einer Stärkung der zivilmilitärischen Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Kommunen und Blaulichtorganisationen.
Bereits positiv wertet die ADAC Luftrettung die wieder vermehrt langfristigen Verträge für den Bau und Betrieb von Luftrettungsstationen sowie die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Leitstellen, Kliniken, Rettungsdiensten, den Aufgabenträgern im Land und den Kommunen sowie der Polizei und Feuerwehr.
55 Jahre nach der Inbetriebnahme von „Christoph 1“ in München-Harlaching gibt es mehr als 80 Luftrettungsstandorte in Deutschland. Alle Hubschrauber tragen den Namen „Christoph“ nach dem Schutzpatron der Reisenden. An 38 Stationen mit 60 Rettungshubschraubern sind die Crews der ADAC Luftrettung täglich im Einsatz, darunter befinden sich sechs Windenstationen und sechs Stationen, die mit Nightvision-Systemen für Einsätze am Abend und in der Nacht ausgerüstet sind. Bundesweit arbeiten für die gemeinnützige ADAC Luftrettung, die seit 2017 ein Tochterunternehmen der ADAC Stiftung ist, rund 1350 Menschen – darunter rund 180 Piloten und Pilotinnen, 645 Notärzte und Notärztinnen, rund 230 Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen (TC HEMS) und mehr als 200 Mitarbeitende aus Technik und Wartung.
Quelle: Pressemitteilung der ADAC Luftrettung gGmbH vom 21. Oktober 2025