ADAC -Luftrettung: Bilanz 2007

ADAC stellt Jahresbilanz 2007 am „Tag der Luftrettung” in den Räumlichkeiten der ALT in Bonn-Hangelar vor.

Bonn-Hangelar, 22.01.08:
Vor gela­de­nen Pressevertretern stell­te die gemein­nüt­zi­ge ADAC-Luftrettung GmbH heu­te in den Räumlichkeiten ihres Tochterunternehmens ALT am Flugplatz Bonn/Hangelar ihre Bilanz des Jahres 2007 vor. So star­te­ten die an 32 Standorten behei­ma­te­ten 45 gel­ben Hubschrauber zu mehr als 42.206 Einsätzen, was einer Steigerung von 6.8 Prozent gegen­über 2006 ent­spricht. Wie auch in den Vorjahren belegt der in Berlin sta­tio­nier­te Rettungshubschrauber „Christoph 31” mit 2990 geflo­ge­nen Einsätzen den ers­ten Platz.

Dirk Buchholz, Gebietsleiter Nord-West, erläu­ter­te, dass bei durch­schnitt­lich 116 täg­lich geflo­ge­nen Einsätzen ins­ge­samt 16.836 Flugstunden absol­viert und etwa 3.367.000 Kilometer zurück­ge­legt wor­den sind. Als einen der Gründe für den star­ken Anstieg der Einsätze, bei denen es sich zu 58% um inter­nis­ti­sche Notfälle wie Herzerkrankungen oder Schlaganfälle han­delt, nann­te Buchholz den mil­den Winter 2006/2007 sowie die hohen Temperaturen im ver­gan­ge­nen Frühjahr.

Im Rahmen der grenz­über­schrei­ten­den Luftrettungsprojekte „Christoph Europa 1 u.2” (Aachen und Rheine), „Christophorus Europa 3” (Suben, Kooperation mit dem öster­rei­chi­schen Automobilclub ÖAMTC) sowie „Lifeliner Europa 4” (Groningen, Kooperation mit dem nie­der­län­di­schen Automobilclub ANWB) wur­den natür­lich auch Einsätze in unse­ren euro­päi­schen Nachbarländern durch­ge­führt. In die­sem Zusammenhang lob­te Sven Mainz, Stationsleiter des in Aachen behei­ma­te­ten RTH „Christoph Europa 1”, die gute Zusammenarbeit mit nie­der­län­di­schen und bel­gi­schen Leitstellen.

Als Beispiel nann­te er einen Primäreinsatz, zu dem die Aachener Luftretter im August 2007 in die ca. 145km ent­fern­te bel­gi­sche Ortschaft Covin beor­dert wur­den. Mehrere Jugendliche hat­ten bei einer Explosion zum Teil schwers­te Brandverletzungen erlit­ten. Dank der rei­bungs­lo­sen Koordination durch die ört­li­che Leistelle konn­ten die Patienten umge­hend von den vier ein­ge­setz­ten Rettungshubschraubern aus Deutschland, Belgien, Luxemburg und Frankreich auf Spezialkliniken mit Verbrennungsbetten ver­teilt wer­den.

Ein eben­so opti­ma­ler Einsatzablauf wird auch beim Transport von Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern vor­aus­ge­setzt, wie Marco Monnig, Koordinator für Intensivtransport und Fortbildung bei der ADAC-Luftrettung GmbH zu berich­ten weiss. Nachdem einem vier Monate alten Säugling aus Köln, der an einer Viruspneumonie litt und drin­gend einer Therapie der extra­cor­po­ra­len Membranoxygenierung (ECMO) bedurf­te, man­gels Transportfähigkeit nicht mehr gehol­fen wer­den konn­te, ent­wi­ckel­te Monnig in Zusammenarbeit mit Frau Dr. Julia Reckers und wei­te­ren Ärzten des deut­schen Kinderherzzentrums St. Augustin eine trans­por­ta­ble ECMO-Einheit.

Hier bewahr­hei­tet sich die alte Weißheit die besagt, dass der Prophet zum Berg kom­men muss, wenn der Berg nicht zum Propheten kommt. Die ECMO kann Herz- und Lungenfunktion für einen gewis­sen Zeitraum erset­zen und den Organen Zeit für eine Erholung gewäh­ren. Die in NRW sta­tio­nier­ten Intensivtransporthubschrauber (ITH) „Christoph Rheinland” und der 24-Stunden zur Verfügung ste­hen­de „Christoph Westfalen” neh­men sowohl ECMO-Transporteinheit als auch das inner­halb einer Stunde nach Alarmierung ein­satz­be­rei­te ECMO-Team der Kinderklinik St. Augustin auf, und flie­gen zu der anfor­dern­den Klinik. Nachdem der Patient dort an die ECMO ange­schlos­sen und sta­bi­li­siert wor­den ist, trans­por­tiert ihn der ITH scho­nend nach St. Augustin. Seit März 2006 wur­den durch das ECMO-Team zehn sol­cher Notfalltransporte durch­ge­führt. Sieben der klei­nen Patienten konn­ten nach erfolg­rei­cher Therapie nach Hause ent­las­sen wer­den, drei ver­star­ben an der Schwere ihrer Erkrankung. Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Kinderklinik ent­wi­ckelt die ADAC Luftrettung im ver­gan­ge­nen Jahr ein neu­es Kurskonzept „Neo-Päd”, bei dem die Teilnehmer auf den Intensivtransport neonatologisch/pädiatrischer Patienten vor­be­rei­tet wer­den.

Um eine stän­di­ge Einsatzbereitschaft der Hubschrauberflotte zu gewähr­leis­ten, bedarf es einer fle­xi­blen und kom­pe­ten­ten Wartung, unter­streicht der tech­ni­sche Geschäftsführer der ADAC Luftfahrt Technik (ALT), Thomas Hütsch, wel­cher zu Jahresbeginn die Nachfolge von Thilo Scheffler ange­tre­ten hat.

Beschäftigte sich das in den 1960er Jahren als „Air Lloyd — Deutsche Helikopter Flugservice” gegrün­de­te Unternehmen zunächst über­wie­gend mit Einsätzen für die Agrarwirtschaft in Deutschland und Afrika, stieg es in den 1980er Jahren in die Hubschrauberwartung der ADAC-Flotte ein. Auf die Eröffnung der bei­den Außenstellen Landshut und Halle Oppin 1992 folg­te im glei­chen Jahr die Beteiligung des ADAC an der ALT. Vier Jahre spä­ter über­nahm der ADAC die ALT dann zu 100%. Nach Umfirmierung in „ADAC Luftfahrt Technik” und Bezug der neu­en Wartungshallen im ver­gan­ge­nen Jahr beschäf­tigt ALT der­zeit 79 Mitarbeiter sowie neun Auszubildende. Heute umfasst das Leistungsspektrum neben den klas­si­schen Instandsetzungsarbeiten u.a. Veredelungen wie bei­spiels­wei­se den Einbau von VIP-Ausstattungen, die Ein- und Nachrüstung von Sonder- und Missionsausrüstung und Serviceverträgen, die die Betreuung kom­plet­ter Flotten zum Gegenstand haben kön­nen. So betreut die ALT sämt­li­che MD900/902 der Luxembourg Air Rescue (LAR), sowie die BK 117 der Polizeifliegerstaffel NRW.

Hütsch beton­te, dass die wei­te­re Gewinnung von ADAC-frem­den Kunden eines der pri­mär avi­sier­ten Ziele sein wer­de.

Wie Copterweb im Frühjahr 2007 bereits berich­te­te, wird künf­tig nicht nur die ALT son­dern auch die ADAC HEMS Academy ihren Sitz in Hangelar haben, in der flie­ge­ri­sche und medi­zi­ni­sche Besatzungsmitglieder unter einem Dach geschult wer­den. Dirk Buchholz gab bekannt, dass die 1,5 — 10 Tage dau­ern­de Ausbildung des medi­zi­ni­schen Personals unmit­tel­bar nach der für den 01.10.08 geplan­ten Fertigstellung des Gebäudes begin­nen soll. Für eine rea­li­täts­na­he Aus- und Fortbildung wird das als „Christoph Sim” bekann­te EC 135 Mockup fest in der Academy instal­liert. Mit Hilfe des „Christoph Sim” kann ein voll­stän­di­ger RTH-Einsatz bis hin zur Patientenübergabe im Schockraum simu­liert wer­den.

Der flie­ge­ri­sche Kundenbetrieb mit einem Simulator für die Baumuster EC 135 P2/T2 (CPDS, DP IFR Solution 3) soll bereits im Frühjar 2009 auf­ge­nom­men wer­den. Ein wei­te­rer Simulator für die Typen EC135 P2i/T2i sowie EC 145 (EFIS, Autopilot) ste­he vor­aus­sicht­lich ab Sommer 2009 zur Verfügung.

Da die in bei­den Full Flight Simulatoren Level B erwor­be­nen Flugstunden den Piloten 1:1 wie rea­le Flugstunden ange­rech­net wer­den, sind Schulungsflüge am bis­her zu die­sem Zweck genutz­ten Siegerlandflughafen zukünf­tig nur noch für Halbjahreschecks auf dem Hubschraubermuster BK 117 erfor­der­lich. Durch den Einsatz der Simulatoren wird zum Einen eine hohe Kostenersparnis und zum Anderen eine höhe­re Verfügbarkeit von Maschinen erreicht. Copterweb wird wei­ter­hin aktu­ell über die HEMS-Academy berich­ten.

Artikel, Fotos: Alexander Mura
Grafiken: ADAC-Luftrettung GmbH

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