Wies die offizielle Statistik 2014 der ADAC Luftrettung gGmbH für den Rettungshubschrauber auf dem Saarbrücker Winterberg noch 1.440 Einsätze auf, sind sie im Jahr 2015 auf insgesamt 1.137 massiv zurückgegangen. Dieser Einbruch der Zahlen von „Christoph 16” ist bemerkenswert, bedeuten sie doch eine Reduzierung um über 20 Prozent, während ansonsten jährliche Schwankungen im Einsatzaufkommen von bis zu 10 Prozent als durchaus normal zu bezeichnen sind.
Es stellt sich die Frage, ob die Strukturen im Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) ausschlaggebend sind. Auch im Saarland ist der Rettungsdienst als öffentliche Aufgabe der Daseinsfürsorge und Gesundheitsvorsorge für die Bürger den Landkreisen übertragen. Zur Einheitlichkeit der flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Notfallrettung und Krankentransport wurde 1977 der Rettungszweckverband Saar (RZV) als Besonderheit in Deutschland für ein gesamtes Bundesland gegründet. September 2009 wurde er in „Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung” umbenannt, verbunden mit Erweiterungen der gesetzlich definierten Aufgaben. Hierzu zählt seit Oktober 2015 auch der Betrieb einer „Integrierten Leitstelle”, in der Rettungsdienst und Feuerwehr-Notrufe für das gesamte Saarland auflaufen — unter der zentralen Notrufnummer für alle nichtpolizeilichen Hilfeersuchen „112”. Damit wurde im Saarland sehr spät der jahrzehnte lange Wirrwarr um unterschiedliche Notrufnummern und die entgegennehmenden Stellen beseitigt.
Für Außenstehende sind aber auch heute noch Einzelheiten nur schwer durchschaubar:
Die neue Leitstelle am Saarbrücker Winterberg ist einer der beiden Standorte der Integrierten Leitstelle. Alle nicht-polizeilichen Hilfeersuchen — medizinisch-/rettungsdienstliche und feuerwehrtechnische Hilfeersuchen — werden über die zentrale Notrufnummer 112 am Betriebsstandort Winterberg entgegengenommen, für den Bereich der feuerwehrtechnischen Hilfeersuchen jedoch von der technisch vernetzten Haupteinsatzzentrale der Berufsfeuerwehr Saarbrücken in der Wache 1 bearbeitet.
In der Gesamtbetrachtung der Luftrettung für das Saarland müssen Informationen über das vereinbarungsgemäße Einsatzaufkommen vom Rettungshubschrauber „Air Rescue 3” der LAR aus dem unmittelbar benachbarten Luxemburg berücksichtigt werden. Für 2014 sind 164 Primär- und Sekundäreinsätze verzeichnet, für die ersten 11 Monate 2015 insgesamt 146.
Einsätze nach Frankreich, das im unmittelbaren Einsatzradius liegt und einen Großteil des theoretischen Einsatzgebietes ausmacht, bilden auch weiterhin die Ausnahme. Aufschlussreich wären in diesem Zusammenhang zusätzlich auch Zahlen über die Flüge von RTH von und nach Rheinland-Pfalz. Zahlen über die Fehleinsatzquote liegen zu „Christoph 16” ebenfalls nicht vor. Entscheidend für die Alarmierung von „Christoph 16„dürfte jedoch die Struktur mit konsequentem Qualitätsmanagement und entsprechend stringent gehandhabten Verfahren des bodengebundenen Rettungsdienstes sein. Das gilt insbesondere für die notarztbesetzten Rettungsmittel, einen ITW bis hin zu einem gesonderten Verlegearzt.
Insgesamt gesehen bedeuten die Zahlen des Jahres 2015 in Saarbrücken eine Fortsetzung jahrelanger Tendenz. Bundesweit rangiert „Christoph 16” bei den RTH als primärem Rettungsmittel inzwischen weit hinten. Von 2010 bis 2013 sind über 1,7 Mio. Euro Defizite entstanden. Die Unterdeckung war in der Vergangenheit massiver Streitpunkt mit medienwirksamer Beachtung. Die Entwicklung ist auch weiterhin als problematisch anzusehen, hat sie doch unmittelbar Auswirkungen auf die Verhandlungen der zu erstattenden Kosten zwischen den Kassen und der ADAC Luftrettung für die kommenden Jahre. Der ADAC ist vertraglich im Auftrag des Ministeriums für Inneres und Sport des Saarlandes als Träger der Luftrettung bis 2019 zur Durchführung verpflichtet.
Trotz aller Schwierigkeiten sind im Herbst 2014 die Verhandlungen über das Einsatzentgelt erfolgreich abgeschlossen worden. Die zwischen den Kostenträgern und der ADAC Luftrettung geschlossene Vereinbarung gilt drei Jahre bis Mitte 2017, wobei eine Erhöhung der Leistungsentgelte in drei Stufen erfolgen soll. Bislang sind von den verantwortlichen Stellen keine Angaben zur Höhe des neuen Entgelts bekannt geworden; das alte betrug 50,50 € je Flugminute, während der ADAC zur Kostendeckung 66,09 € für erforderlich hielt.
Es bleibt abzuwarten, mit welchen Maßnahmen auf den drastischen Rückgang der Einsatzzahlen und damit die Flugminuten reagiert wird. Die Kostenträger fordern vom Innenministerium wiederholt den häufigeren Einsatz des RTH in Frankreich, trotz seit 2008 bestehender Rahmenbedingungen für den grenzüberschreitenden Einsatz und wiederholter Bemühungen jedoch ohne wesentliches Ergebnis. Ebenso dürfte eine Standortverlagerung an eine zentraler gelegene Stelle im Saarland mit der Erschließung neuer Einsatzgebiete — auch in Rheinland-Pfalz — anbetracht der gerade für die Station getätigten Investitionen auf dem Winterberg (Einweihung Mitte 2013), kaum realisierbar sein.
Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn