Die beiden anderen großen Betreiber der Luftrettung in Deutschland (DRF Luftrettung und ADAC Luftrettung gGmbH) haben bereits ihre Zahlen für das vergangene Jahr 2015 zum Teil medienwirksam veröffentlicht. Bereits im Januar gab es vereinzelt Berichte über die Zahlen einzelner Luftrettungszentren, an denen das Bundesministerium des Innern (BMI) die Luftrettung der Länder mit Zivilschutz-Hubschraubern (ZSH) unterstützt. Nunmehr hat auch das Bonner Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die Einsatzzahlen der ZSH für 2015 bekanntgegeben, nachdem es letztmalig über 2013 informiert hat.
Für 2015 wurden insgesamt 16.892 Einsätze dokumentiert. Damit wurde ein fast gleich hohes Aufkommen wie für 2014 mit 16.809 Flügen erreicht. Eine jährliche Schwankung von bis zu 10% ist im Bereich der Luftrettung statistisch als normal anzusehen. Die Steigerungen bei DRF und ADAC sind u.a. auf die in 2015 neuen Stationen in Dinkelsbühl und Angermünde zurückzuführen. Berücksichtigt werden muss zudem, dass die ZSH des BMI in ihrer Funktion als primäres Rettungsmittel nur sehr eingeschränkt von der Zunahme der Sekundärtransporte betroffen sind.
Insgesamt wurden bei den Einsätzen der ZSH 4.517 betroffene Personen transportiert. Diese Quote von knapp 27 % entspricht in etwa dem bundesweiten Transportaufkommen mit Einsätzen von Hubschraubern der Luftrettung.
Verantwortlich für alle flugbetrieblichen Belange der ZSH ist der Flugdienst der Bundespolizei mit seinen vier Fliegerstaffeln. Für das Jahr 2015 waren die 16 orangefarbenen Hubschrauber vom Typ EC135 T2i an den bundesweit 12 betriebenen Stationen insgesamt über 5.353 Flugstunden für die Luftrettung unterwegs.
Die meisten Einsätze hat wiederum „Christoph 29” als unverzichtbarer Teil des Rettungszentrums Bundeswehrkrankenhaus Hamburg mit 1.925 absolviert. Aufgrund des Einsatzprofils am Standort und der Zusammenarbeit mit dem militärischen medizinischen Personal stellt die Station innerhalb der Flotte eine Besonderheit dar.
Hoch ist auch das Einsatzaufkommen von „Christoph 14” in Traunstein mit 1.596 und „Christoph 17” in Durach mit 1.790 Einsätzen. An diesen beiden Stationen wird als regionale Besonderheit ein Lasthaken am Hubschrauber mit Bergetau zur Rettung von Verunfallten eingesetzt. Oft erfolgen die Einsätze in enger Zusammenarbeit mit der Bayerischen Bergwacht. Die Gebirgsflüge stellen besonders hohe Anforderungen an die gesamte Besatzung. Leider sind keine Zahlen zu dieser Einsatzart veröffentlicht. Häufig starten die beiden Hubschrauber zu längeren Abwesenheiten vom Landeplatz. Dementsprechend weist „Christoph 17” auch mit 575 Stunden die höchste Flugzeit im Zusammenhang mit der Luftrettung auf. Die Zahl der 902 transportierten Personen unterstreicht die Vorteile des Hubschraubers in unwegsamer Umgebung.
Nach wie vor ist „Christoph 17” aufgrund von Erweiterungen des Klinikums Kempten auf dem Verkehrslandeplatz Kempten-Durach (EDMK) in einem Provisorium stationiert. Jahrelange Bemühungen um einen neuen Standort direkt in Kempten waren bislang erfolglos. Zur Zeit könnte sich eine Lösung zum Bau eines neuen Luftrettungszentrums auf dem Flugplatz abzeichen.
In Abhängigkeit vom Stationierungstandort, den regionalen Besonderheiten und der Einbindung in die bodengebundenen Strukturen sind die Einsätze der anderen Stationen zu sehen:
Christoph 3 (Köln): 1.673
Christoph 4 (Hannover): 1.627
Christoph 13 (Bielefeld): 1.570
Christoph 35 (Brandenburg): 1.347
Christoph 7 (Kassel): 1.289
Christoph 2 (Frankfurt a.M.): 1.286
Christoph 12 (Siblin): 988
Christoph 34 (Güstrow): 917
Christoph 9 (Duisburg): 884
Leider geben die veröffentlichten Zahlen im Gegensatz zu früheren Statistiken und denen der anderen Betreiber keinen weiteren Aufschluss über die medizinischen Indikationen, Fehleinsätze oder besondere Transporte.
Das heute weltweit herausragende und dichte Luftrettungsnetz Deutschlands umfasst mehr als 70 Stationen. Nachdem es vom BMI bis hin zu „Christoph 18” maßgeblich aufgebaut wurde, sind die ZSH nach früher 22 Stationen heute noch an 12 Luftrettungszentren präsent. Die notarztbesetzten Rettungsmittel führen die medizinische Besatzung schnell an Einsatzorte heran und bieten bei Bedarf eine zeitgerechte und schonende Transportmöglichkeit in geeignete Krankenhäuser. Das jüngste Zugunglück bei Bad Aibling hat den Stellenwert der Luftrettung mit 11 unmittelbar eingesetzten Luftrettungsmitteln aus Deutschland, Österreich und von der Bundeswehr eindrucksvoll unterstrichen. Die orangefarbenen Hubschrauber des Bundes sind Teil des Ausstattungspotenzials, das dieser den Ländern für Katastrophen- und Zivilschutzzwecke zur Verfügung stellt.
Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn