Am 7. Februar veröffentlichte die ADAC Luftrettung gGmbH ihre Einsatzzahlen im Rahmen eines Pressegesprächs zusammen mit den Statistiken der ADAC Pannenhilfe und der ADAC Ambulanzdienst in der ADAC-Zentrale in München als letzte der großen deutschen Luftrettungsorganisation. Die gelben Hubschrauber sind im Jahr 2016 zu 54.444 Notfällen gestartet. Das sind 382 mehr als im Vorjahr. Damit hoben die Lebensretter tagsüber im Durchschnitt etwa alle fünf Minuten zu einem Einsatz ab. Die Zahl der versorgten Patienten stieg bundesweit ebenfalls leicht auf 48.567 (plus 306). Davon mussten rund 13.000 mit dem Rettungshubschrauber in eine Klinik gebracht werden.
Einsatzursache Nummer eins waren bei den Primäreinsätzen mit fast 50 % erneut internistische Notfälle, wie akute Herz- und Kreislauferkrankungen. In 12 % der Fälle wurden die Lebensretter zu neurologischen Notfällen (zum Beispiel Schlaganfall) gerufen, bei 10 % war ein Verkehrsunfall die Ursache. Arbeits- und Schulunfälle sowie Kindernotfälle folgen immerhin noch mit 5 %.
Ausschlaggebend für den leichten Zuwachs bei den Rettungsflügen ist der erst im September 2015 in Dienst gestellte „Christoph 65“ am Standort Dinkelsbühl (Bayern). Dieser leistete in seinem zweiten Jahr bereits 1.684 Einsätze. Insgesamt flogen die gelben Hubschrauber mit 12.898 die meisten Einsätze in Bayern, gefolgt von Rheinland-Pfalz (7.225) und Nordrhein-Westfalen (6.358). Gerade in ländlichen Regionen ist der Rettungshubschrauber oftmals der schnellste und einzige Weg den Notarzt zeitgerecht zum Patienten zu bringen und schonend in eine geeignete Klinik zu transportieren. Aber nicht nur in ländlichen Gebieten zählt der Zeitvorteil durch den Hubschrauber.
In Großstädten wie Berlin mit hohem Verkehrsaufkommen und vielen Einwohnern hilft der Hubschrauber als schneller Notarztzubringer. Mit 3.511 Einsätzen war wieder der in Berlin stationierte Rettungshubschrauber „Christoph 31“ mit Abstand der am häufigsten gerufene Rettungshubschrauber. Dieser flog noch im Jahr 2015 3.838 Einsätze. Das ist ein Rückgang von 8,5 %. Mit 2.057 (2015: 2.042, +0,7 %) bzw. 2.042 (2015: 2.162, -5,5 %) Rettungsflügen folgen „Christoph 10″ aus Wittlich und „Christoph Europa 1“ in Aachen/Würselen.
Aufgrund verschärfter EU-Vorgaben wird ein großer Teil der ADAC Hubschrauberflotte sukzessive modernisiert. 2016 wurde auf den Intensivtransporthubschrauber-Stationen Greven, („Christoph Westfalen“) und Senftenberg („Christoph Brandenburg“) das alte Hubschraubermuster BK117 durch die neue moderne H145 ersetzt. Die Intensivtransporthubschrauber fliegen im 24/7-Betrieb Patienten von Klinik zu Klinik. Dabei werden meist schwer kranke Patienten transportiert, die auch im Hubschrauber intensiv-medizinisch betreut und schnell in eine Spezialklinik verbracht werden müssen.
Für die ADAC Luftrettung ist das Hubschraubermuster H145 perfekt für das Konzept Intensivtransport: mehr Platz, größere Reichweite und verbesserte Leistung. Auch für den Nachtflug sind die Maschinen bestens geeignet. Die neue H145 wird auch bereits auf den Stationen mit Rettungswinde, in München, Murnau und Sande eingesetzt. „Christoph 62“ in Bautzen folgt im Frühjahr 2017.
Die ADAC Luftrettung ist mit 55 Hubschraubern an 37 Stationen eine der größten zivilen Luftrettungsorganisationen in Europa. Die Stationen „Christophorus Europa 3“ in Suben (Österreich) und „Lifeliner Europa 4“ in Groningen (Niederlande) starten zu grenzübergreifenden Einsätzen.
Leider bietet auch die Übersicht 2016 des ADAC wieder keinen umfassenden Einblick in die Strukturen und Erfordernisse der Luftrettung, so wie in früheren Veröffentlichungen Zahlen mit detaillierten Angaben zu Einsatzarten, Fehleinsätzen etc. üblich waren. Es bleibt zu hoffen, dass die geschaffenen Möglichkeiten mit dem vorhandenen bundeseinheitlichen Datensatz zur Dokumentation der Einsätze weiterhin in allen Bundesländern genutzt werden, um in Auswertungen die Schlussfolgerungen für eine nötige Optimierung der Luftrettung in Deutschland zu ziehen und auch umzusetzen. Bislang ist von der jetzt schon 15 Jahre zurückliegenden Initiative der Konsensgruppe Luftrettung*) als Gremium der Länder nichts zu spüren — ganz im Gegenteil: Die Daten stehen nicht mehr in ihrer Gesamtheit flächendeckend zur Verfügung, erst recht fehlt die länderübergreifende Betrachtungsweise. In der Vergangenheiten wurden sie nur noch einzelfallorientiert genutzt. Für 2015 erfolgte die Auswertung nur noch im Auftrag von vier Ländern! Die Ergebnisse der ursprünglichen Bestandsaufnahme könnten auch heute noch zusammen mit aktualisierten Bewertungen die Grundlage zur weiteren Entwicklung der Luftrettung in Deutschland bilden.
Daher ist es nicht überraschend, dass neue Initiativen als Reaktion auf sich andauernd verändernde Rahmenbedingungen entstehen und zur Stationierung zusätzlicher Hubschrauber führen. Um so erstaunlicher ist es in diesem Zusammenhang, dass das maßgebliche Gremium der Länder, der „Ausschuss Rettungswesen”, nicht erkennbar für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Luftrettung in Deutschland aktiv ist.
Autoren:
Rolf Klukowski, Berlin
Werner Latten, Berlin
Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn
*) Für Interessierte: