Nach den Hubschraubertypen BO 105, Bell UH-1D und Bell 212 fliegt nun eine neue (D-HZSJ) als „Christoph 34” die lebensrettenen Einsätze.Pünktlich zu seinem 15jährigen Geburtstag erhielt das Luftrettungszentrum Christoph 34 am Klinikum Güstrow ein „Geschenk” des Bundesministeriums des Innern (BMI): einen orangefarbenen Zivilschutz-Hubschrauber (ZSH) EC 135 T2i. Im Hangar der Station fand hierzu am 15. November 2007 ab 10 Uhr eine Feierstunde für geladene Gäste statt, unter ihnen der Leiter der Bundespolizei-Fliegerstaffel Ost, Polizeidirektor Klaus-Jürgen Jess, und der frühere stationsverantwortliche Pilot der Bundespolizei-Fliegerstaffel Nord, Polizeihauptkommissar Werner Andelfinger. Eindrucksvoll war auch der Anblick von insgesamt fünf Hubschraubern: ZSH BO 105, Bundespolizei Bell 212, ZSH EC 135, Super Puma und ITH Agusta A109A.
Für den kurzfristig verhinderten Staatssekretär Schmülling unterstrich Ralf Iwohn aus dem Ministerium für Soziales und Gesundheit des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den Träger des Luftrettungsdienstes den Stellenwert des Hubschraubers. Präsident Christoph Unger, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, verdeutlichte das andauernde Engagement des BMI für den Bevölkerungsschutz durch den Generationswechsel bei den Zivilschutz-Hubschraubern. Aus der fachlichen Sicht des Leiters der Bundespolizei-Fliegergruppe, Leitender Polizeidirektor Gunter Carloff, ist die EC 135 mit ihrem hochmodernen technischen Stand ein großer Fortschritt. Die eigentliche Übergabe des Hubschraubers EC 135 T2i D-HZSJ erfolgte symbolisch vom Vertreter des Bundes über den Repräsentanten des Landes und den Flugdienst der Bundespolizei an Landrat Lutz da Cunha und damit an das Luftrettungszentrum Güstrow.
Direkt am Ende der Feierlichkeit wurde Christoph 34 um 11:52 Uhr zu einem Einsatz alarmiert. Der zweite Einsatz des Tages erfolgte dann um 13:41 Uhr zu einem internistischen Notfall. Um 14:18 Uhr setzte die BO 105 CBS-5 D-HGSB mit ihrer Besatzung Pilot Polizeioberkommissar Jörg Schwank, Dipl.-Med. Rex Koschak und Rettungsassistent Jens Kröger zum letzten Mal an der Station auf. Abends wurde das medizinische Gerät in der Wechselausstattung u.a. in den speziellen Halterungen für den Defibrillator LP 12 und das Beatmungsgerät Oxylog 3000 untergebracht. Damit war der Tausch auch einsatzmäßig vollzogen. Am nächsten Morgen um 8:58 Uhr starteten Pilot Schwank, HEMS-Crew-Member und Rettungsassistent Kröger zusammen mit Notarzt Dr. Michael Wollschon zum ersten Einsatz mit dem neuen Hubschrauber nach Bölkow.
Am 16. November 1992 war der Rettungshubschrauber Christoph 34 als dritter von insgesamt fünf Standorten in den neuen Ländern mit ZSH des BMI in Dienst gestellt worden. Mit engagierter Unterstützung aller Beteiligten des Kreises Güstrow, der Bundespolizei-Fliegerstaffeln, der Notärzte sowie der Rettungsassistenten vom DRK-Kreisverband konnte die Akzeptanz im Umkreis gefördert und damit die Einsatzzahlen konstant gesteigert werden. Heute ist der RTH nicht mehr wegzudenken, da er aufgrund der vielen Wasserflächen seine Schnelligkeit ausspielen kann. Viele Betroffene haben so schnelle Hilfe bekommen und konnten in geeignete Krankenhäuser transportiert werden.
Obwohl Christoph 34 mit insgesamt 15 Jahren noch ein relativ junges Luftrettungszentrum ist, hat es doch schon eine bewegte Geschichte wie nur wenige andere hinter sich. Die Zuständigkeiten für den Flugbetrieb wechselten von der Bundespolizei-Fliegerstaffel Ost zur Staffel Nord und im Januar 2006 wieder zurück zur Staffel Ost. Entsprechend kamen an der Station auch unterschiedliche Hubschrauber zum Einsatz: BO 105, Bell UH-1D, Bell 212 und jetzt EC 135. Nicht vergessen werden darf der Umzug der Station in die jetzige Unterbringung am Klinikum Güstrow. Insgesamt wurden damit hohe Anforderungen an die Besatzungen gestellt, die jedoch alle gemeistert wurden. Im Vorfeld des Maschinenwechsels wurde das medizinische Personal intensiv bei der Bundespolizei-Fliegerstaffel Ost eingewiesen und mit dem neuen Hubschrauber vertraut gemacht. Rettungsassistent Kröger sieht als HCM das Navigationsgerät EuroNav IV als wertvolle Unterstützung zum Auffinden von Einsatzstellen an. Weitere Verbesserungen, z.B. durch eine schnurlose Tastatur zur schnelleren Bedienung, erfolgen in Kürze. Pilot Schwank lobt im direkten Vergleich zur BO 105 den technischen Fortschritt und die Flugleistungen des Hubschraubers. Das lasergestützte aktive Hinderniswarnsystem HELLAS stellt einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für die Sicherheit im Flugbetrieb dar.
In Perleberg (Sachsen-Anhalt) wird zur Zeit das neue Luftrettungszentrum „Christoph 39” gebaut. Es ist davon auszugehen, dass die ADAC Luftrettung gGmbH noch in der ersten Jahreshälfte 2008 den Einsatzbetrieb mit einem RTH EC 135 aufnehmen wird. Auswirkungen auf die Einsatzzahlen von Christoph 34 sind nur bedingt zu erwarten, da der südwestliche Randbereich des Einsatzgebietes (Ludwigslust) relativ selten angeflogen wird. Der Betrieb des wahrscheinlich letzten neuen Luftrettungszentrums in Deutschland im Vierländereck Brandenburg — Mecklenburg-Vorpommern — Niedersachsen und Sachsen-Anhalt schließt eine Lücke im flächendeckenden System der Luftrettung. Es macht eigentlich nur Sinn bei uneingeschränkten Einsätzen über die Ländergrenzen hinweg. Hier bleibt abzuwarten, ob eine entsprechende Disponierung durch die zuständigen Leitstellen erfolgt.
Artikel: Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn
Fotos: Daniel Bujack