Seit kurzem kann der in Niebüll stationierte Rettungshubschrauber auch bei Dunkelheit zu lebensrettenden Einsätzen im benachbarten Dänemark alarmiert werden. Möglich wurde dies durch neue Vereinbarungen, die die dänische Region Syddanmark und die DRF Luftrettung Anfang Juni geschlossen haben. Damit wird die enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die bereits seit der Stationseröffnung im Jahr 2005 kontinuierlich gewachsen ist, konsequent fortgesetzt. Einen wichtigen Impuls lieferte damals das Interreg-Programm, das als zentrales Förderinstrument für die deutsch-dänische Kooperation die Grundlage für die Einsätze der Niebüller Luftretter auf dänischem Boden legte.
„Wir freuen uns sehr, dass wir, nach der Umstellung auf den 24h-Betrieb im vergangenen Jahr jetzt auch jenseits der Grenze rund um die Uhr für lebensrettende Einsätze zur Verfügung stehen“, unterstreicht Melina Optenhöfel, Leitende HEMS TC und Stellvertretende Stationsleiterin in Niebüll. „Durch die zum 1. Juni neu in Kraft getretenen Verträge können wir jetzt auch nachts Teil der Notfallversorgung in Dänemark sein. In Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen des bodengebundenen Rettungsdienstes vor Ort bringen wir schwerverletzten oder erkrankten Patienten notfallmedizinische Hilfe und transportieren sie schnell und schonend in das bestgeeignete Krankenhaus.“
Wie läuft ein nächtlicher Einsatz jenseits der Grenze ab?
Die Leitstelle AMK Odense fragt die Verfügbarkeit von Christoph Europa 5 bei der KRLS Nord in Harrislee an. Anschließend übermitteln die deutschen Disponenten die Einsatzdaten via Alarmierung an das Hubschrauberteam. Im Juli fand der erste nächtliche Einsatz nördlich der Grenze statt: Mit dem Stichwort „Unklarer Thoraxschmerz“ wurde Christoph Europa 5 um 21:18 Uhr in ein Einfamilienhaus am Kleinen Belt östlich von Apenrade gerufen. Schon während der Hocherkundung konnte das Team erkennen, dass sowohl ein dänischer Rettungswagen als auch ein dänisches mit einem Notarzt besetztes Læge Fahrzeug bereits vor Ort waren. Nach der Landung untersuchten der Notarzt und die Notfallsanitäterin den Patienten, der sich bereits in einem Rettungswagen befand. Wie für deutsch-dänische Einsätze üblich, erfolgte die medizinische Übergabe in englischer Sprache. Schnell stand fest, dass der Patient unter einem akuten Herzinfarkt litt und so schnell wie möglich im Herzkatheterlabor in der Universitätsklinik Odense auf der dänischen Insel Fyn versorgt werden musste. Die Kommunikation mit der Klinik sowie die Übermittlung aller Vitalparameter, wie beispielsweise des EKG, übernehmen grundsätzlich die dänischen Teams. Mithilfe der in Dänemark standardisierten digitalen Patientenakte hat die aufnehmende Klinik die Möglichkeit, sich schon im Voraus auf alle Besonderheiten des Patienten wie etwa Allergien oder bekannte Vorerkrankungen vorzubereiten.
Während des 23-minütigen Flugs nach Odense konnte der Patient während der gesamten Zeit stabil gehalten werden. Der Flug auf die Insel Fyn führt unter anderem über eine längere Wasserstrecke. Um auch bei solchen Überflügen ohne Sicherheitslandung bestmöglich vorbereitet zu sein, wurden alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, um den Patienten bei einer möglichen Zustandsverschlechterung bis hin zum Kreislaufstillstand sofort medizinisch bestmöglich versorgen zu können. An Bord ist der Rettungshubschrauber dafür unter anderem mit einer mechanischen Reanimationshilfe ausgestattet, die auch während des Fluges eine effektive Thoraxkompression ermöglicht.
Am Bodenlandeplatz in Odense stand der Transportdienst des Klinikums bereits bereit und begleitete den Patienten und das Team der DRF Luftrettung direkt ins Herzkatheterlabor. Nach der in englischer Sprache vorgenommenen medizinischen Übergabe wurde der Patient direkt im Anschluss einer lebensrettenden Herzkatheteruntersuchung mit anschließender Intervention unterzogen. Der große Vorteil des Einsatzes von Christoph Europa 5 bestand vor allem darin, dass die Transportzeit lediglich 23 Flugminuten betrug, während ein Rettungswagen geschätzt rund 100 Minuten bis zur Klinik gebraucht hätte.
Über die Station Niebüll
Die am 1. April 2005 gegründete Station befindet sich am Krankenhaus Niebüll. Es kommt ein Hubschrauber des Typs H145 mit Fünfblattrotor zum Einsatz. Mit der Indienststellung des Niebüller Rettungshubschraubers fiel der Startschuss für die erste grenzüberschreitende Luftrettung zwischen Deutschland und Dänemark.
Mit Christoph Europa 5 verbessert sich die Notfallversorgung vor allem für die Landbevölkerung im nördlichen Schleswig-Holstein, die Bewohner der Nordfriesischen Inseln sowie des Westküstenbereichs des dänischen Verwaltungsbezirks Syddanmark. In den Sommermonaten profitieren zusätzlich tausende Touristen, die im Norden Schleswig-Holsteins und in Süddänemark Urlaub machen, von den Möglichkeiten der Luftrettung. So benötigt der Hubschrauber von der Station Niebüll aus zum Beispiel nur elf Flugminuten, um auf der dänischen Insel Rømø zu landen, die deutsche Insel Föhr erreicht er in nur sieben Flugminuten.
Um sicherzustellen, dass der mobilen Medizintechnik nicht der Strom ausgeht, kommt an Bord von Christoph Europa 5 ein 230V-Inverter zum Einsatz. Dank dieses Spannungswandlers ist eine immerwährende Stromversorgung gewährleistet, die der Patientensicherheit dient: Neben 12-Volt-Anschlüssen steht damit während des Flugs eine redundante Stromversorgung zur Verfügung, die einen Ausfall dieser lebenswichtigen Geräte aufgrund mangelnder Akku-Kapazität verhindert.
Historische Entwicklung
Zum 1. April 2005 hat die DRF Luftrettung die Station in Niebüll (Schleswig-Holstein) in Betrieb genommen. Zu Beginn wurde ein Hubschrauber des Typs BK 117 geflogen. Im April 2009 erfolgte der Umzug in den neuen Hangar und die integrierten Büro- und Sozialräume. Seit Mai 2020 war eine H145 als Christoph Europa 5 im Einsatz, im März 2023 wurde umgestellt auf H145 mit Fünfblattrotor.
In der Nacht auf den 25. Mai 2024 stellte Christoph Europa 5 um 0:00 Uhr auf den 24h-Betrieb um. Neben dem bisher in Rendsburg stationierten Hubschrauber Christoph 42 der DRF Luftrettung ist somit ein zweiter Rettungshubschrauber in Schleswig-Holstein rund um die Uhr für die Menschen im Norden einsatzbereit.
Quelle: Pressemitteilung der DRF Luftrettung vom 26. August 2025