Der „zwei­te” Christoph Hessen im Einsatz

Seit dem 12. Dezember 2010 mor­gens star­tet Christoph Hessen von einem pro­vi­so­risch ein­ge­rich­te­ten Landeplatz auf einem städ­ti­schen Grundstück in Gießen.Bereits am 1. Juni 2010 deu­te­ten sich Veränderungen in der hes­si­schen Luftrettung an: Während des Hessentages in Stadtallendorf erhielt die Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH), Landesverband Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland, die Verlängerung der Beauftragung für den Standort eines Intensivtransporthubschraubers (ITH) in Reichelsheim und zugleich die Beauftragung für den Betrieb an einem ande­ren Standort. Fälschlicher Weise wur­de dies ver­schie­dent­lich dahin­ge­hend inter­pre­tiert, dass in Hessen ein zusätz­li­cher, fünf­ter Standort ein­ge­rich­tet wer­den soll.

Zur Optimierung der flä­chen­de­ckend ein­setz­ba­ren Luftrettungsmittel in Hessen wird seit län­ge­rem Gießen favo­ri­siert, da sich für die benach­bar­ten Rettungshubschrauberstandorte (in Hessen: Christoph 2, Frankfurt; Christoph 7, Kassel; Christoph 28, Fulda; in Nordrhein-Westfalen: Christoph 25, Siegen) kei­ne idea­len Anflugzeiten erge­ben. Hierzu wer­den zur­zeit durch die zustän­di­gen Stellen Daten des Rettungsdienstes erho­ben, um belast­ba­re Aussagen tref­fen zu kön­nen. In Gießen befin­det sich das „Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH”. Betreiber ist die Rhön-Klinikum AG. Fast fer­tig­ge­stellt ist ein 32 Meter hoher Neubau im Klinikum mit einem moder­nen Dachlandeplatz, für den noch die Bauabnahme fehlt. Mit dem Anflug die­ses Platzes wür­den die nicht immer pati­en­ten­ge­rech­ten Transportfahrten mit RTW vom heu­ti­gen Landeplatz bei der Zahnklinik zur Chirurgie ent­fal­len.

Seit dem 12. Dezember 2010 mor­gens star­tet Christoph Hessen von einem pro­vi­so­risch ein­ge­rich­te­ten Landeplatz auf einem städ­ti­schen Grundstück. Hier könn­te spä­ter ein­mal ein neu­es Luftrettungszentrum errich­tet wer­den. In der Umgebung befin­det sich kei­ne Wohnbebauung. Das in Hessen für die Durchführung der Luftrettung zustän­di­ge Regierungspräsidium Gießen will mit dem auf vier Wochen ange­leg­ten Probelauf wei­te­re Erkenntnisse für eine spä­te­re Entscheidung gewin­nen.

Am neu­en Stützpunkt (von li.): Pilot Ole Gehrmann, Rettungsassistent Marco Schulte-Lünzum, JUH-Regionalvorstand Oliver Meermann, JUH-Landesvorstand Günther Lohre und Notarzt Dr. Mumi Taleb. Foto: Jochen Lamberts, Gießener Anzeiger

Während des Aufenthaltes am Stützpunkt steht der Crew ein Wohnwagen zur Verfügung. Zum Einsatz kommt die Dauphin D-HAAK, eine SA (Sud-Aviation) 365C3. Sie war in der Vergangenheit schon oft als Christoph Hessen unter­wegs und blickt auf eine inter­es­san­te Vergangenheit zurück: Die Firma Arcus-Air-Logistic GmbH flog mit ihr frü­her für den Ambulanzflugdienst Köln. Die Unterbringung des Hubschraubers erfolgt nachts in einem Industrie-Zeltbau. Eine Betankungsmöglichkeit ist nicht ein­ge­rich­tet. Der Hubschrauber wird nur tags­über ein­ge­setzt und unver­än­dert von der Koordinierungsstelle (KST) in Frankfurt dis­po­niert. Der vor­ran­gi­ge Einsatz als ITH ändert sich nicht. Ebenso ver­bleibt die Zuständigkeit beim JUH-Regionalverband Offenbach-Kinzig.

Auffällig ist die erneut geän­der­te Farbgebung: Flog der Hubschrauber frü­her bereits in den Johanniter-Farben Weiß und Rot, wur­de er spä­ter für den über­wie­gen­den Einsatz außer­halb des Rettungsdienstes auf eine dun­kel­graue Metallic-Farbe geän­dert, bevor er ganz auf Weiß umla­ckiert wur­de. Nunmehr fliegt er wie­der in der typi­schen rot-wei­ßen Farbgebung. Der für den Flugbetrieb zustän­di­ge Operator, die Heli-Flight GmbH & Co. KG in Reichelsheim, hat ihn in der geän­der­ten Optik erst­mals am 7. und 8. Dezember 2010 am Universitätsklinikum Münster zum Lastentransport ein­ge­setzt.

D-HAAK in alter wei­ßer Lackierung. Im Hintergrund die rot-wei­ße D-HFHE.

Christoph Hessen (D-HAAK) in Metallic-Farbe am Uniklinikum Bonn

Der Flugplatz Reichelsheim ist nach wie vor der Standort des „eigent­li­chen” ITH Christoph Hessen. Dort steht nach dem Tagflugbetrieb die Dauphin AS (Aerospatiale) 365N mit der Kennung D-HFHE ein­satz­be­reit zur Verfügung.

Die Aufnahme des Flugbetriebes in Gießen erfolg­te pro­jekt­be­dingt ohne öffent­lich­keits­wirk­sa­me Aktivitäten. JUH-Landesvorstand und JUH-Regionalvorstand waren als Betreiber anwe­send.

Es bleibt abzu­war­ten, wie und wann die Entscheidung zu einer Standortverlegung erfolgt. Ebenso wer­den mög­li­cher Weise wei­ter­ge­hen­de Reaktionen oder sogar Widerstände dürf­ten beob­ach­tens­wert sein, greift doch schon die Probephase in die bestehen­den Strukturen der Luftrettung ein. Auswirkungen auf das Einsatzaufkommen ande­rer RTH-Stationen und den boden­ge­bun­de­nen Rettungsdienst sind nicht aus­zu­schlie­ßen.

Ergänzung 17.12.2010:
Soeben erreich­ten die Redaktion aktu­el­le Fotos aus Gießen:

Christoph Hessen”, im Hintergrund ein Fahrzeug der Johanniter mit dem Schriftzug „Service-Zentrale”

Im Hintergrund zu sehen: Der Hangar, ein Industriezelt

Gut zu erken­nen: Die „neue” Lackierung der Maschine

Im Überblick: Rechts die „Service-Zentrale” mit Wohnwagen neben dem Hangar

Artikel: Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn
Fotos: Alexander Mura, Florian Becker, Simon Schneider

Die Redaktion bedankt sich bei Florian Becker und Simon Schneider für die Zusammenarbeit.

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