Auch die ADAC Luftrettung gGmbH hat ihre Zahlen für das Jahr 2015 veröffentlicht. Die gelben Hubschrauber des ADAC starteten insgesamt 54.062 Mal zu Einsätzen, eine Steigerung von 2,82% im Vergleich zu 2014. Mehr als 48.000 Patienten konnte dabei geholfen werden.
Offensichtlich neue Wege geht der ADAC nach den durchgreifenden strukturellen Veränderungen auch bei Veröffentlichungen für den Bereich der Luftrettung. Die Zahlen für 2015 wurden nicht in einer dem Stellenwert der Luftrettung angemessenen Pressemitteilung bundesweit Fachinteressierten und der Öffentlichkeit mitgeteilt. Ebenso ist auch wohl der sogenannte „Tag der Luftrettung” weggefallen, an dem die Regionalverbände die Möglichkeit zur Präsentation der Statistik nutzten.
Nach wie vor sticht das hohe Einsatzaufkommen von „Christoph 31 Berlin“ ins Auge. Im vergangenen Jahr ist der Hauptstadt-Hubschrauber wieder am Meisten eingesetzt worden. 3.838 Mal hob er zu lebensrettenden Maßnahmen ab. Das ist ein Plus von 124 Einsätzen, was einer Steigerung von 3,33% entspricht. In der Vergangenheit waren die Flüge nach organisatorischen Änderungen im Rettungsdienst von Berlin massiv zurückgegangen. Inzwischen ist die tägliche Einsatzbereitschaft ausgedehnt worden. Dieser Zeitfaktor kann aber nicht ursächlich für die Zahl sein. Seit Mai 2014 ist die Station in der einsatzstärkeren Jahreszeit mit 2 Piloten und HCM’s besetzt, damit die Ruhezeiten der Crew eingehalten werden und der Flugbetrieb aufrecht erhalten werden kann. Leider gibt es keine Details zu der hohen Fehleinsatzquote bei den Anforderungen für diesen Hubschrauber. Interessant wäre auch eine Auswertung, inwieweit die hohe Einsatzfrequenz innerhalb von Berlin Anforderungen aus den umliegenden Bereichen des Landes Brandenburg erschwert. Mit 2.162 und 2.042 Rettungsflügen folgten „Christoph Europa 1“ in Aachen/Würselen und „Christoph 10 Wittlich“.
Mit einem Einsatzrückgang von 303 Einsätze weniger als 2014, das entspricht 21,04%, ist die Station des „Christoph 16 Saarbrücken“ sehr auffällig. 2015 flogen sie 1.137, im Jahr 2014 waren es noch 1.440 Einsätze.
Aufgeführt ist in der Statistik auch das Luftrettungszentrum in Groningen, das ganz offiziell eine ADAC-Station ist, jedoch flugbetrieblich von der Partnerorganisation ANWB (Algemene Nederlandse Wielrijdersbond) mit der MAA (ANWB Medical Air Assistance B.V.) betreut wird. Die MAA ist für alle vier Stationen der Luftrettung an Traumazentren der Niederlande zuständig.
Die Station „Christoph Europa 3” in Suben/A wird im halbjährlichen Wechsel von der ADAC Luftrettung und dem Christophorus Flugverein des ÖAMTC betrieben. Bereits Anfang Januar hat der ÖAMTC die Einsatzzahl in Suben mit 1.763 angegeben, also offensichtlich auf das ganze Jahr bezogen. Seitens ADAC fließen in die eigene Statistik „nur” 660 Einsätze ein, damit für die Zeit des Betriebes mit einem ADAC-Hubschrauber.
Bei der Betrachtung der Steigerung der Einsätze von 2014 auf 2015 muss berücksichtigt werden, dass seit Sept. 2015 erstmalig „Christoph 65” in Dinkelsbühl statistisch einfließt — mit 407 Flügen in der einsatzärmeren Jahreszeit ein beachtlicher Wert.
Klärungsbedarf ist für den ITH Rheinland mit Standort auf dem Flughafen in Köln zu sehen: Während die ADAC-Statistik insgesamt 862 Einsätze ausweist, hat die verantwortliche Stelle der Stadt Köln am 1. Februar 2016 die Anzahl der Flüge mit 792 angegeben.
2015 stand vor allem der Flottenwechsel bei der ADAC Luftrettung im Vordergrund. Die Stationen in Murnau (Chr. Murnau), München (Chr. 1) und Köln (Chr. Rheinland) haben das alte Hubschraubermuster BK117 durch die neue moderne H145 getauscht. Bei den Luftrettungsstationen in Siegen (Chr. 25), Wittlich (Chr. 10) und Ingolstadt (Chr. 32) kommt nun der Typ H135 zum Einsatz. Bis 2018 wird ein großer Teil der ADAC-Hubschrauberflotte aufgrund verschärfter EU-Vorgaben sukzessive modernisiert. Die beiden neuen Hubschraubertypen versprechen einen deutlichen Zugewinn an Leistung und vor allem an Sicherheit für Patienten, Crew und Umwelt. Ein weiterer großer Pluspunkt ist die geringere Lärmbelastung.
Eine ausführliche Grafik zeigt die Verteilung auf die Einsatzarten und Indikationen. Sie kann durchaus repräsentativ für die gesamte Luftrettung in Deutschland angesehen werden. Leider fehlen für weitergehende Interpretationen Angaben mit der Aufteilung nach Primär- und Sekundärtransporten und den Anteil der Nachteinsätze an den 24-Stunden-Standorten des ADAC. Als Besonderheit verfügen die Luftrettungszentren in Sande, Murnau und München über eine Außenwinde. Zu diesem speziellen Aufgabenprofil gibt es ebenfalls in der offiziellen Statistik keine Aussage.
Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn
Werner Latten, Berlin