Goodbye Westland Sea King Mk 41 — Im Einsatz von 1972 bis 2024 beim Marinefliegergeschwader 5 (MFG 5)

Nun ist ein wei­te­rer Sympathieträger der Bundeswehr in den Ruhestand gegan­gen. Tatsächlich war die Sea King nicht nur für alle Marineflieger, son­dern auch weit über die Grenzen des Marinefliegergeschwaders 5 hin­aus etwas ganz Besonderes gewe­sen. Das gilt für die Menschen in den Küstenregionen an der Nord- und Ostsee. Aber auch in den Kreisen Luftfahrtbegeisterter sowie denen, die mit ihr arbei­ten­den, genos­sen die Maschinen höchs­te Wertschätzung.

Für unse­re Redaktion gehört die­ser Hubschrauber in eine Reihe ganz beson­de­rer Luftfahrzeuge wie die Bell UH-1D, Bölkow Bo 105 aber auch der „Junkers Ju 52“, der DC-3 „Rosinenbomber” und der „Transall C-160“.

Vor mehr als 50 Jahren stell­te das MFG 5 sei­ne ers­ten bei­den Westland Sea King Mk 41 in den Dienst. In den sich dar­an anschlie­ßen­den fünf Jahrzehnten wur­de mit dem Multi-Role-Hubschrauber ein Stück Marinegeschichte geschrie­ben. Dabei lag die Hauptfähigkeit und Schwerpunktrolle der zunächst 22 und spä­ter 21 Maschinen auf dem Such- und Rettungsdienst (SAR = Search and Rescue) im Bereich der natio­na­len Seegebiete. Hierfür nutz­te und nutzt die Deutsche Marine neben ihrer Basis in Nordholz bei Cuxhaven auch Außenstationen auf den Nordseeinseln Borkum und Helgoland sowie an der Ostseeküste in Warnemünde. Es wur­den immer zwei Hubschrauber für den mari­ti­men Such- und Rettungsdienst rund um die Uhr in Bereitschaft vor­ge­hal­ten. Das durch die Sea Kings abge­deck­te Einsatzspektrum war auch mit schwe­ren Schiffshavarien, Luftnotfällen, Krankentransport von den Inseln und von Schiffen bis hin zu Personensuchen breit gefä­chert.

Seine zahl­rei­chen Einsätze bei Naturkatastrophen sind unver­ges­sen. So war das MFG 5 mit sei­nen Sea Kings sowohl bei den Schneekatastrophen 1978/1979 in Schleswig-Holstein und 2010 auf Rügen und Hiddensee, als auch bei den Hochwassern 1997 (Oder), 2002 (Elbe) und 2013 (Elbe, Donau) im Einsatz. Einen inter­na­tio­na­len huma­ni­tä­ren Hilfseinsatz leis­te­te der Sea King bei der Tsunami Katastrophe in Indonesien 2004/2005. Was vie­len viel­leicht auch nicht so bekannt oder bewusst sein dürf­te, die Sea Kings waren auch im Nato-Einsatz wie die Operation Südflanke nach dem ers­ten Golfkrieg zu Beginn der 90er-Jahre. Infolge der Anschläge vom 11. September 2001 ver­leg­ten Soldaten des MFG 5 mit zwei Sea Kings ans Horn von Afrika zum Auslandseinsatz „Enduring Feedom“. Es folg­ten wei­te­re Missionen wie im Libanon, vor Somalia, in Indonesien und viel­fach auch im Mittelmeer Raum.

Lange Zeit war die Sea King auch ein Wahrzeichen für Kiel und des­sen Umland. Im Rahmen der ab 2010 voll­zo­ge­nen „Neuausrichtung der Bundeswehr“ muss­te das MFG 5 von Kiel-Holtenau auf den Fliegerhorst Nordholz umzie­hen. Der Umzug begann im Juni 2012 und wur­de im November 2012 abge­schlos­sen. Am 22. August 2012 gab es einen Abschiedsempfang auf dem Marinefliegerhorst in Kiel; das „Fly-Out“ aus der schles­wig-hol­stei­ni­schen Landeshauptstadt erfolg­te dann am 6. November 2012.

Ein Blick zurück
Die ers­ten Planungen zur Beschaffung der Hubschrauber für die Deutsche Marine began­nen im Jahr 1964. Gesucht wur­de nach einem ein­heit­li­chen leich­ten Mehrzweckhubschrauber für alle drei Teilstreitkräfte. Ersetzt wer­den soll­ten die Muster, die über ein Kolbentriebwerk ver­füg­ten. Gedacht war dar­an, die Sikorsky H-34G, die Bell 47G-2, die Vertol H-21 („Banane“) und die Bristol B 171 Skymore Mk 52 gleich­zei­tig zu erset­zen. Nach einem umfang­rei­chen Prüfungsprozess fiel die Wahl auf die Bell UH-1D. Die ent­spre­chen­de Entscheidung gab das Bundesverteidigungsministerium im Oktober 1965 bekannt. Es soll­ten sei­ner­zeit 406 Hubschrauber für die Luftwaffe, das Heer und die Marine in Auftrag gege­ben wer­den. Der Auftrag wur­de jedoch spä­ter auf 350 Hubschrauber redu­ziert. Die Marine, die sich zunächst dem Beschaffungsprogramm ange­schlos­sen hat­te, zog sich 1968 kom­plett zurück. Hierfür gab es aus Sicht der Marine auch gewich­ti­ge Gründe. Das damals durch den Inspekteur der Bundesmarine for­mu­lier­te Anforderungsprofil sah u.a. eine Ausstattung mit zwei Triebwerken vor, damit bei einem Triebwerksausfall eine Sicherheitsreserve, ins­be­son­de­re bei Einsätzen über der offe­nen See, vor­han­den wäre. Auch soll­te das neue Muster nachts und bei Schlechtwetterlagen unein­ge­schränkt ein­setz­bar sein. Darüber hin­aus soll­te der Hubschrauber über Radar sowie mor­derns­te Navigations-, Peil- und Funktechnik ver­fü­gen. Im Hinblick auf die Einsätze an der Küste und der auf offe­nen See lagen die Forderung nach einem schwimm­fä­hi­gen Rumpf, auto­ma­ti­scher Schwebeflugfähigkeit, deut­lich höhe­rer Reichweite, Geschwindigkeit und Transportfähigkeit auf der Hand. Bei der eige­nen Suche nach dem für die Marine bes­ten Hubschrauber wur­den sei­ner­zeit ver­schie­de­ne Varianten der Sea King von Sikorsky und Westland, die Bell 214, die fran­zö­si­sche Aérospatiale SA 321 Super Frelon und sogar die Sikorsky CH-53 geprüft. Die Wahl fiel schließ­lich auf die Sea King. Als Folge der Entscheidung folg­te wie bereits erwähnt die Stornierung der bereits ein­ge­lei­te­ten Beschaffung von 27 Bell UH-1D-Hubschraubern. Der Vertag über die Lieferung von 22 Sea King nach den spe­zi­el­len Forderungen in der deut­schen Version Mk 41 wur­de mit Westland Helicopters Ltd. im Juni 1969 geschlos­sen.

Die von der Marine ein­ge­setz­ten Sea Kings waren alle Lizenzbauten der Westland Helicopters Ltd. Die Marine war damals übri­gens der ers­te Auslandskunde von Westland für den Sikorsky Lizenzbau. Zur Ausstattung der Helikopter gehör­te stan­dard­mä­ßig eine Seilwinde, außer­dem das nach­träg­lich ein­ge­bau­te Seaspray 3000-Radar und eine Infrarotkamera. Die Sea Kings waren für Flüge in (fast) jeder Wetterlage gerüs­tet, gal­ten als robust und zuver­läs­sig – und konn­ten nicht nur für den Rettungsdienst, son­dern auch als Truppen- und Materialtransporter ein­ge­setzt wer­den. Die Bestückung mit seit­li­chen Maschinengewehren sowie Düppelwerfern zum Selbstschutz war eben­falls mög­lich. Theoretisch ließ sich der Sea King mit Torpedos, Wasserbomben und Seezielflugkörpern vom Typ Sea Eagle oder Exocet sogar für Angriffe auf Schiffe nut­zen. Diese Fähigkeit nut­zen die deut­schen Marineflieger jedoch nicht. Der Hubschrauber konn­te auf allen Schiffen der Flotte mit Flugdeck lan­den. Die Einsatzgruppenversorger konn­ten ihn dar­über hin­aus auch als Bordhubschrauber im Hangar unter­brin­gen. Die fünf Hauptrotorblätter konn­ten dafür hydrau­lisch gefal­tet wer­den.

Die Erprobung der ers­ten Sea King Mk 41 bei den deut­schen Marinefliegern fand zwi­schen Februar 1972 und März 1973 statt. Der Hubschrauber ersetz­te damals gleich zwei Luftfahrzeuge: die Sikorsky H-34G und die Gruman HU-16 Albatross. Vom 12 April 1973 bis 9. Oktober 1975 lie­fer­te Westland ver­trags­ge­mäß 22 Sea King Mk 41 an die Bundemarine. Einen wei­te­ren aller­dings nicht flug­fä­hi­gen Sea King erhielt die Marine noch im August 1982. Hierbei han­delt es sich um eine Sea King, die Anfang 1974 bei einem Abnahmeflug beim Hersteller Westland durch einen Unfall so schwer beschä­digt wur­de, dass sie letzt­lich nicht aus­ge­lie­fert wer­den konn­te. Diese 23. Sea King kam dann spä­ter als tech­ni­sches Schul- und Ausbildungsgerät zur Marinefliegerlehrgruppe auf Sylt. Bei die­sem Hubschrauber han­del­te es sich um die „ers­te“ „89+61“ mit der Serien-Nr. WA 765. Die Ersatzmaschine mit der Serien-Nr. WA 830, die erst im Juli 1975 aus­ge­lie­fert wur­de, erhielt dann die die­sel­be Kennung.

In die­sem Zusammenhang darf erwähnt wer­den, dass in den über 50 Jahren Nutzungsdauer kei­ne Sea King bei ihren Einsätzen ver­lo­ren ging. Nur ein Unfall mit der Sea King ende­te mit einem Totalverlust. Nach einem Schaden am Hauptgetriebe soll­te die 89+59 am 17. November 1998 per Lufttransport von Helgoland nach Kiel-Holtenau zur Reparatur gebracht wer­den. Die Sea King, die ohne Besatzung sowie ohne Haupt- und Heckrotor an einem Transportseil unter einem Transporthubschrauber CH-53 hing, schau­kel­te sich nach dem Start so stark auf, dass es für die Besatzung der CH-53 gefähr­lich wur­de und das Transportgeschirr gekappt wer­den muss­te. Die 89+59 wur­de beim Aufprall in die Nordsee kom­plett zer­stört.

Technische Daten der Sea King Mk 41
HERSTELLER Westland Helicopters Ltd.
URSPRUNGSLAND England / USA
ERSTFLUG 11. März 1959
PRODUKTIONSZEIT 1969 bis 1995
STÜCKZAHL GESAMT 344
DAVON DEUTSCHE MARINE 23
Besatzung 3 bis 4 Crewmitglieder
Länge 22,15 m (mit Rotor)
Höhe 5,13 m
Breite 4,98 m
Durchmesser Hauptrotor 19,90 m
Durchmesser Heckrotor 3,23 m
Breite, Rotor gefal­tet 4,94 m
Leergewicht 5.393 kg
Startgewicht 9.300 kg
Triebwerk 2x Rolls-Royce Gnome H.1400 – 1T
Leistung 2x 1.238 kW (1.683 PS)
Tankvolumen 3.714 l
Höchstgeschwindigkeit 252 km/h
Reisegeschwindigkeit 204 km/h
Reichweite 1.483 km
Dienstgipfelhöhe 3.050 m
Bergungskapazität 12 Pers. sit­zend / 2 Pers. lie­gend
Transportkapazität 19 Pers. sit­zend
Sensoren 2 x Rundumradar Seaspray 3000
1 x Wärmebildkamera Typ FLIR
Waffen 1 x 12,7 mm schwe­res Maschinengewehr
1 x Täuschkörperwerfer AN/ALE-37/A

Wissenswertes zum SAR- Dienst
Mit der Aufstellung der Bundesmarine und ihrer neu­en Marineflieger war von Anbeginn die Seenotrettung ein Teil von ihr. Mit dem Beitritt der jun­gen Bundesrepublik 1956 zum Chicagoer Abkommen, dem Beitritt zur ICAO (der International Civil Aviation Organisation bzw. Internationalen Zivilen Luftfahrt Organisation) ver­pflich­te­te sich Deutschland gemäß Anhang 12 des Abkommens, einen Such- und Rettungsdienst auf­zu­stel­len. Dessen Aufgaben: Suche und Rettung von über­fäl­li­gen, ver­miss­ten oder abge­stürz­ten Luftfahrzeugen und deren Insassen. Originär eine Aufgabe des Bundesministeriums für Verkehr und digi­ta­le Infrastruktur. Doch mit der Aufstellung der Bundeswehr ab 1955 wur­de auch für den mili­tä­ri­schen Flugbetrieb ein sol­cher Such- und Rettungsdienst benö­tigt. Um die knap­pen Ressourcen zu spa­ren und eine Doppelung des SAR-Dienstes zu ver­mei­den, betreibt die Bundeswehr im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digi­ta­le Infrastruktur den SAR-Dienst in Deutschland. Bei der Bundesmarine selbst fing alles mit der Aufstellung der Marine-Seenotstaffel am 1. Januar 1958 in Kiel-Holtenau an. Hieraus erfol­ge dann am 25. Oktober 1963 das Marinefliegergeschwader 5 mit der 1. Fliegenden Staffel für den Seenotrettungsdienst.

Für Deutschland bestehen zwei SAR-Bereiche (engl. SRR = Search and Rescue Region) mit den Leitstellen RCC (Rescue Coordination Centre) Münster und ARCC Glücksburg, die vom Heer (vor­her Luftwaffe) bzw. der Marine betrie­ben wer­den. Den Leitstellen obliegt die Einsatzleitung der Such- und Rettungsmaßnahmen für ihren Bereich. Der SAR-Bereich „See“ in Glücksburg umfasst die Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg, die deut­schen Hoheitsgewässer und Inseln sowie das Gebiet des deut­schen Festlandsockels, der SAR-Bereich „Land“ in Münster das deut­sche Festlandsgebiet ohne Schleswig-Holstein und Hamburg.

Sonderlackierungen
Im Hinblick auf die bei­den letz­ten far­ben­fro­hen Sonderlackierungen der Sea King noch ein Blick auf die Lackierungen. Die ursprüng­li­che Farbgebung der Hubschrauber ori­en­tier­te sich zu Beginn an ihrem SAR-Auftrag. Dabei soll­te aber auch sicher­ge­stellt wer­den, dass es sich um Hubschrauber der Marine han­delt. Daher war der Grundton zunächst grau. Damit die Hubschrauber aber auch als Rettungshubschrauber erkenn­bar waren, erhiel­ten sie eine oran­ge Nase, ein oran­ges Oberteil und eine oran­ge Bauchbinde. Darüber hin­aus waren an bei­den Seiten in gro­ßen blau­en Buchstaben der Schriftzug SAR auf der Bauchbinde zu sehen. Im Rahmen der Kampfwertsteigerung und da die Hubschrauber nicht nur über See, son­dern auch über Land ein­ge­setzt wur­den, änder­te man spä­ter nach und nach die Farbgebung auf ein oliv-grü­nen Flecktarnanstrich. Was aber zunächst blieb, war der SAR-Schriftzug. Etwas geän­dert erhiel­ten die Hubschrauber nun auf bei­den Seiten sowie hin­ter dem Ladetor oran­ge Rechtecke mit den SAR-Schriftzug. Darüber hin­aus wur­de die Bugklappe in oran­ge lackiert. Da sich das Aufgabenspektrum trotz Rettungsauftrag im Laufe der Zeit mehr zu mili­tä­ri­schen Aufgaben ver­än­der­te, ver­schwan­den die Schriftzüge nach und nach.

Für die ange­spro­che­nen Sonderlackierungen benö­tig­te man hin­ge­gen einen beson­de­ren Anlass. Nur so erfolg­te dafür auch eine ent­spre­chen­de Genehmigung durch die Marineführung. Auch waren Sonderlackierungen grund­sätz­lich auf ein Jahr begrenzt und auch nur eine Maschine durf­te mit der beson­de­ren Lackierung flie­gen. Im Laufe der Jahre gab es eini­ge Anlässe. Nachfolgend eine nicht abschlie­ßen­de Übersicht zu den Anlässen der Sonderlackierungen:

Sonderlackierungen
1991 Erster Auslandseinsatz von drei Sea King-Hubschraubern bei der „Operation Südflanke“ im Golf von Aden (NATO-Mission). Alle drei Hubschrauber waren kom­plett weiß lackiert. 89+64
89+67
89+68
2000 SAR-Meet in Kiel / 25 Jahre SAR 89+56
89+68
2003 1958 – 2003 45 Jahre SAR-Dienst in der Marine 89+57
2005 30 Jahre SAR mit Sea King 89+55
2008 50-jäh­ri­ges Bestehen der SAR Flugbereitschaft der Marine 89+64
2010 35 Jahre SAR mit der Sea King 89+58
2012 Goodbye Kiel 89+55
2013 100 Jahre Marineflieger 89+55
2023 50 Jahre SAR 89+63
2024 Farewell Sea King 89+58
Hinweis: Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit

2000: 25 Jahre SAR / 89+56 (SN: WA 760 / Baujahr 1973) und 89+68 (SN: WA 772 / Baujahr 1974)
2008: 50. jäh­ri­ges Bestehen der SAR Flugbereitschaft der Marine / 89+58 (SN: WA 762 / Baujahr 1973)
2010: 35 Jahre SAR mit der Sea King / 89+64 (SN: WA 768 / Baujahr 1974)
2012: Goodbye Kiel / 89+55 (SN: WA 759 / Baujahr 1973)
2013: 100 Jahre Marineflieger / 89+55 (SN: WA 759 / Baujahr 1973)
2023: 50 Jahre SAR / 89+63 (SN: WA 767 / Baujahr 1973)
2024: Farewell Sea King / 89+58 (SN: WA 762 / Baujahr 1973)

Verbleib der letz­ten Hubschrauber
Viele Sea Kings wer­den den Luftfahrtbegeisterten in Deutschland lei­der nicht blei­ben. Es wäre eine sinn­vol­le und ange­mes­se­ne Würdigung die­ses beson­de­ren Marinehubschraubers als Luftfahrtdenkmal gewe­sen. Auch hät­te sich das eine oder ande­re Museum über die­ses sel­te­ne Exponat sehr gefreut. Aber lei­der wur­de Anfang des Jahres eine ande­re Entscheidung getrof­fen. Bereits am 25. Januar gab das Verteidigungsministerium (BMVg) in Berlin bekannt, dass Deutschland der Ukraine noch in die­sem Jahr sechs Sea King-Mehrzweckhubschrauber kos­ten­los zur Verfügung stel­len wird. Verteidigungsminister Boris Pistorius gab die­se Entscheidung im Rahmen der soge­nann­ten Ukraine Defense Contact Group (UDCG) bekannt. Die UDCG ist ein monat­li­cher mul­ti­na­tio­na­ler Koordinierungsmechanismus, der der Ukraine Militärhilfe leis­tet und Kiews Verteidigung gegen die seit Februar 2022 andau­ern­de erneu­te rus­si­sche Invasion unter­stützt.

Der Sea King ist ein bewähr­ter und robus­ter Hubschrauber, der den Ukrainern in vie­len Bereichen hel­fen wird. Dazu gehö­ren Aufklärung über dem Schwarzen Meer und Truppentransport“, erklär­te Pistorius in sei­nen Ausführungen. Der Minister beton­te, dass die­ser Transfer von Flugfähigkeiten eine Premiere für Deutschland sei. Berlin hat­te sich bis­her auf die Bereitstellung von Luftabwehrsystemen und ver­schie­de­nen boden­ge­stütz­ten Fähigkeiten, dar­un­ter gepan­zer­te Fahrzeuge, kon­zen­triert. Ergänzend stell­te der Inspekteur der Marineflieger, Kapitän zur See Broder Nielsen, auf „X“ (frü­her Twitter) jedoch klar, dass sechs Hubschrauber die Obergrenze für eine Übertragung dar­stel­len. Zusätzlich zu den sechs Sea Kings wird Deutschland ein Paket mit Ersatzteilen und zusätz­li­cher Ausrüstung sowie die erfor­der­li­che Ausbildung für das flie­gen­de Personal bereit­stel­len. Die Ausrüstung umfasst Winden, SAR-Ausrüstung und bal­lis­ti­schen Schutz. Und, Deutsches Personal wird die ukrai­ni­schen Besatzungen vor der Übergabe in Deutschland auf dem Typ aus­bil­den. Nach unbe­stä­tig­ten Informationen sind die ers­ten Maschinen wohl bereits in Großbritannien und wer­den ent­spre­chend vor­be­rei­tet.

Es bleibt dem unbe­tei­lig­ten Beobachter, Luftfahrtbegeisterten oder eben Fan die­ser beson­de­ren Hubschrauber über­las­sen, die­se Entscheidung zu beur­tei­len. Man darf sich schon fra­gen, woher nun sechs voll ein­satz­fä­hi­ge Sea Kings und „das Paket mit Ersatzteilen und zusätz­li­cher Ausrüstung“ her­kom­men. Hatte man in den letz­ten Jahren doch eini­ge schwie­ri­ge Zeiten mit einem ein­ge­schränk­ten Klarstand der Flotte. So man­che Maschine muss­te in jün­ge­rer Vergangenheit als Teilespender der ver­blie­be­nen Flotte hel­fen.

Die 89+55 bleibt in Deutschland
Immerhin, es gibt auch Lichtblicke! Die Sea King mit der Kennung 89+55 bleibt in Deutschland. Weitgehend unbe­merkt hat­te sie ihren letz­ten Flug schon am 05. August absol­viert. Der letz­te Flug ging von Nordholz nach Berlin und die letz­te Landung erfolg­te auf dem Gelände des Militärhistorischen Museums auf dem Flugplatz Berlin-Gatow. Das Militärhistorische Museum (ehem. Luftwaffenmuseum) zeigt die Geschichte der mili­tä­ri­schen Luftfahrt und Luftkriegsführung in Deutschland. Auf dem Freigelände ist eine der welt­weit größ­ten Sammlungen mili­tä­ri­scher Großgeräte zu sehen. Flugzeuge, Transport- und Kampfhubschrauber, Radarsysteme, Jagdbomber, Flugabwehrraketensysteme und sogar Atomwaffenträger sind nach zwölf Themenbereichen ange­ord­net. Mit dem Neuzugang gibt es nun noch einen wei­te­ren Grund, die­ses Museum zu besu­chen. Die Sea King kann inzwi­schen besich­tigt wer­den. Die Öffentlichkeit hat­te dar­über hin­aus schon am Wochenende vom 31. Augst bis 1. September zum 12. Flugplatzfest bzw. Tag der Reservisten 2024 die Möglichkeit, den neu­en Hubschrauber zu sehen. Die 89+55 war übri­gens die letz­te Sea King, die sei­ner­zeit am 9.Oktober 1975 von Westland gelie­fert wur­de.

Drei Sea Kings für die Marinefliegerlehrsammlung
Wie wir inzwi­schen in Erfahrung brin­gen konn­ten, wer­den noch drei wei­te­re Sea Kings in Deutschland blei­ben. Sie sind für die Marinefliegerlehrsammlung in Nordholz vor­ge­se­hen. Eine Maschine davon wird dann im AERONAUTICUM ste­hen und so wie die 89+55 für die Öffentlichkeit zugäng­lich sein. Darüber hin­aus soll es Planungen geben, dass eine Maschine nach Laboe über­führt und am Marine-Ehren-Denkmal ste­hen soll.

Der letz­te Einsatz und die letz­te Landung
Nach fünf Jahrzehnten ist nun die Ära Westland Sea King Mk 41 bei der Deutschen Marine zu Ende gegan­gen. Während der mehr 50-jäh­ri­gen Dienstzeit flo­gen ins­ge­samt 349 Besatzungsangehörige auf dem Sea King Mk41, davon waren 199 Piloten, 88 Luftoperationsoffiziere und 62 Bordmechaniker. Die SAR-Hubschrauber flo­gen bis zum 15. August 2024 14.645 SAR Einsätze. Sie ret­te­ten mehr als 4.000 Menschen aus Notsituationen. Der letz­te Einsatz erfolg­te noch am 15. August 2024 von Warnemünde aus. Gesucht wur­de eine älte­re Dame, die dann glei­cher­wei­se wohl­auf gefun­den wer­den konn­te. Ein letz­tes Mal war die Sea King Mk41 am 31. August 2024 in Nordholz bei der fei­er­li­chen Außerdienststellung gelan­det.

Bilder-Galerie
Zum Abschluss noch eini­ge Sea King-Impressionen:

89+50 / SN: WA 744 Baujahr 1972 89+51 / SN: WA 745 Baujahr 1972 89+52 / SN: WA 756 Baujahr 1973
89+53 / SN: WA 757 Baujahr 1973 89+54 / SN: WA 758 Baujahr 1973. 89+55 / SN: WA 759 Baujahr 1973
89+56 / SN: WA 760 Baujahr 1973 89+57 / SN: WA 761 Baujahr 1973 89+58 / SN: WA 762 Baujahr 1973
89+59 / SN: WA 763 Baujahr 1973 89+60 / SN: WA 764 Baujahr 1974 89+61 / SN: WA 830 Baujahr 1974
89+62 / SN: WA 766 Baujahr 1973 89+63 / SN: WA 767 Baujahr 1973 89+64 / SN: WA 768 Baujahr 1974
89+65 / SN: WA 769 Baujahr 1974 89+66 / SN: WA 770 Baujahr 1974 89+67 / SN: WA 771 Baujahr 1974
89+68 / SN: WA 772 Baujahr 1974 89+69 / SN: WA 773 Baujahr 1974 89+70 / SN: WA 774 Baujahr 1974
89+71 / SN: WA 775 Baujahr 1974 Formation zum Abschied Formation zum Abschied

Abschließend möch­ten wir uns viel­mals bei allen befreun­de­ten Spottern für die freund­li­che und unkom­pli­zier­te Überlassung von Bildern für die­sen Bericht bedan­ken.

Autor: Rolf Klukowski, Berlin

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