Den nach eigenen Angaben wohl nördlichsten Einsatz aller Zeiten absolvierte der Liechtensteiner Hubschrauberbetreiber ROTEX vergangene Woche im niedersächsischen Hannoversch Münden. Drei Tage lang konnte man einen der beiden, einzigen in Europa aktiven Kaman K-1200 K-Max mit der Kennung HB-ZGK am Himmel über einer umwaldeten Bahnanlage beobachten. Dort wurden Bäume gefällt und mittels Außenlastprinzip direkt von der Strecke zu einem Abladeplatz geflogen. Die Maßnahme hatte sich als erforderlich erwiesen, da einige am Steilhang stehende, teils morsche Bäume den Zugbetrieb hätten gefährden können und auf die Gleise zu stürzen drohten. Da die Böschung der Bahnstrecke einerseits durch ihre Hanglage, andererseits durch direkt angrenzende Privatgrundstücke für Rückegerät schwer zugänglich war, entschieden sich die Organisatoren der Deutschen Bahn in Zusammenarbeit mit der Stadt Hann. Münden für eine deutlich saubere und schnellere Lösung — die Räumung über den Luftweg.
Für die Zeiträume der Operation waren die Bahnstrecke sowie die überflogenen Waldgebiete täglich mehrere Stunden gesperrt. Entsprechend pausenlos befanden sich die Bodenkräfte in Arbeit, der Hubschrauber kreiste über dem Geschehen am Himmel. Abgesehen von den Tankpausen bei laufendem Rotor stand das Fluggerät erst wieder nachmittags am Boden — zum Feierabend. Ab etwa 9 Uhr beförderte man auf diese Weise täglich bis zu 70 zersägte oder ganze Bäume zum Abladeplatz, wo eine Holz-Rückemaschine bereitstand. 16 speziell geschulte Mitarbeiter von ROTEX aus Liechtenstein und der Schweiz waren für den Einsatz angereist und wurden von gleich vielen Mitarbeitern der Deutschen Bahn AG und der Stadt Hann. Münden sowie zusätzlichen Forstarbeitern unterstützt.
Außergewöhnlich war das große Medieninteresse: Vertreter aus ganz Deutschland erschienen, um die Operation zu beobachten und über das am hiesigen Himmel sehr außergewöhnliche Fluggerät zu berichten. Die Verantwortlichen standen stets Rede und Antwort, informierten bereitwillig über die Unternehmung und ermöglichten allen Interessierten auf überaus hilfsbereite Weise genauere Einblicke in das Geschehen.
Am dritten Tag, nach Abschluss der Arbeiten, zeigten sich Bahn, Stadt und Hubschrauber-Crew vollends zufrieden mit dem komplikationslosen Verlauf des Einsatzes. Verglichen mit den vielfach höheren Kosten und der verbundenen Zeitintensivität eines Rücke-Kommandos, eine durchweg positive Bilanz. Besonders erfreut war man über die professionelle und gut koordinierte Zusammenarbeit aller beteiligten Seiten, trotz sehr strikt vorgegebener Zeitrahmen und einzuhaltender Bedingungen.
Für den Kaman K-1200 K-Max hatte man sich entschieden, da dieser optimal zum Aufgabenprofil passte: Ein größerer Hubschraubertyp hätte laut Geschäftsleiter Berni Bühler durch seinen stärkeren Rotorabwind bei eventuell herabfallenden Ästen die Crew am Boden gefährden können. Außerdem hätte man bedingt durch das sehr unterschiedliche Gewicht der zu transportierenden Bäume keine durchgehende Leistungs-Auslastung eines größeren Typs gewähren können, was die Kosten-Effizienz gefährdet hätte.
Der K-Max kann bei 2.300 kg Eigengewicht eine Last von bis zu 2.722 kg befördern. Dies wird bedingt durch die relativ leichte und extrem schmale Bauweise, bei der beispielsweise auf einen zweiten Pilotenplatz verzichtet wird. Das Honeywell T5317A-1 Triebwerk mit etwa 1350 PS sorgt in Kombination mit dem markanten Flettner-Rotorsystem für beeindruckende Kraftentfaltung. Ein leistungshungriger Heckrotor zum Drehmomentausgleich ist durch die beiden ineinander kämmenden 2-Blatt-Rotoren nicht mehr erforderlich — die nahezu vollen Ressourcen des Antriebs können also zum Heben mit genutzt werden. Der Rotorlauf ist durch ein kompromissloses Getriebe so geregelt, dass die beiden Rotoren perfekt ineinander drehen, ohne sich zu berühren und somit Gefahr darzustellen. Für die bessere Sicht nach außen und unten, nutzt der Pilot zusätzlich zu den Außenspiegeln kugelförmig gestaltete Fenster an beiden Seiten des Cockpits.
Die ROTEX Helicopter AG mit ihrem Hauptsitz in Liechtenstein und einer Zweigstelle in der Schweiz konzentriert sich seit 1997 auf Außenlast- und Arbeitsflüge mit mittelschweren Lasten und bedient Kunden aus der Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Deutschland sowie Italien. Als europaweit einzige Firma betreibt sie den Hubschraubertyp K-Max. Beide Exemplare der Firma besitzen eine schweizer Registrierung, fliegen allerdings unter liechtensteiner Flagge. HB-ZGK (SN A94-0026) ist nach der Registrierung in den USA (N3289T) auch mit der deutschen Kennung D-HFZA bei der HELOG AG und Heli Air Zagel geflogen. Der zweite K-Max ist unter HB-ZIH (SN A94-0021) zugelassen und wurde früher unter N21MX und OE-XKM für die Wucher Helikopter GmbH betrieben sowie später ebenfalls für HELOG eingesetzt, mit der Registrierung D-HMAX.
Einzig die mäßigen Wetterverhältnisse hätten ein wenig besser sein dürfen. Aber sicher hat man mit seinen Hubschraubern „zu Hause” in den Alpen mit viel Erfahrung schon ganz andere Probleme gemeistert!