Das neue Jahr 2024 beginnt für die rot-weißen Luftretter aus Berlin-Marzahn mit einer technischen Aufrüstung: Seit Januar fliegt als Christoph Berlin ein Hubschrauber des Typs H145 mit Fünfblattrotor von Airbus Helicopters über die Hauptstadt.
Direkt im ersten Einsatz, der Verlegung eines Patienten von Luckenwalde ins Herzzentrum nach Leipzig spielte der neue Hubschrauber seine Vorteile aus. Durch das fünfte Rotorblatt liegt die H145 noch ruhiger in der Luft, für den Innenraum bedeutet das weniger Vibration und damit einen schonenderen Transport für den Patienten. Berlin ist die 17. Station, die eine Maschine dieses Typs erhalten hat.
Zur Station Berlin
Die Station besteht seit Oktober 1994 und befindet sich am Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn. Tagsüber besteht die Crew aus einem Piloten, einem Notarzt sowie einem Notfallsanitäter mit der Zusatzqualifikation als Fachpfleger für Anästhesie-, Intensiv- und Notfallmedizin und HEMS TC (Helicopter Emergency Medical Service Technical Crew Member). In den Nachtzeiten erweitert ein weiterer Pilot das Team.
Besonderheiten
Christoph Berlin ist der einzige Intensivtransporthubschrauber in Berlin und erweitertem Umland, der 24-Stunden täglich einsatzbereit ist. Rund ein Viertel seiner Einsätze leistet er in der Dunkelheit, was die wichtige Rolle der nächtlichen Luftrettung für eine umfassende Notfallversorgung der Bevölkerung unterstreicht. Bei gezielter Anforderung durch einen Notarzt vor Ort werden auch Notfalleinsätze (nach besonderen Verfahren) geflogen. Seit 2012 nutzen die Piloten an Bord von Christoph Berlin Night Vision Goggles (NVGs) bei ihren nächtlichen Luftrettungseinsätzen. Die am Pilotenhelm befestigten Brillen verstärken das in der Nacht vorhandene Restlicht. Sie bieten so den Piloten eine neue optische Orientierung in der Dunkelheit und mehr Sicherheit.
Um sicherzustellen, dass der mobilen Medizintechnik nicht der Strom ausgeht, kommt an Bord von Christoph Berlin ein 230V-Inverter zum Einsatz. Dank dieses Spannungswandlers ist eine immerwährende Stromversorgung gewährleistet, die der Patientensicherheit dient: Neben 12-Volt-Anschlüssen steht damit während des Flugs eine redundante Stromversorgung zur Verfügung, die einen Ausfall dieser lebenswichtigen Geräte aufgrund mangelnder Akku-Kapazität verhindert.
Historische Entwicklung
Christoph Berlin war lange Jahre am Flughafen Berlin-Tempelhof angesiedelt, bis am 28. Oktober 2008 der Umzug an das Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn erfolgte. Er war damals schon rund um die Uhr einsatzbereit. Die Station wurde seinerzeit von HDM zusammen mit dem ASB Berlin betrieben. Wie bei allen Stationen, die HDM seinerzeit aufgebaut hat, kam als Hubschrauber eine Bell 412 HP zum Einsatz. Die seinerzeit eingesetzten Bell 412 HP verfügten alle lange Zeit an Stelle des späteren Kufenlandegestells über ein Fahrwerk.
Zur Crew gehörten damals die Piloten von HDM, die Rettungsassistenten des ASB sowie Notärzte der umliegenden Kliniken. Der „ITH Berlin” führte zunächst nur Transporte von Intensivpatienten zwischen den Kliniken durch. Der ITH erlaubte hier nun auch die Vernetzung von Kliniken der Grund- und Regelversorgung mit den diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten von Schwerpunkt- und Spezialkliniken. Einsätze wurden in Berlin und Brandenburg, aber auch in andere Bundesländer durchgeführt. Neben der Einsatzbereitschaft rund um die Uhr hatte die Stationierung am Flughafen Berlin-Tempelhof aber auch einen schon damals nicht zu unterschätzenden Vorteil. Nämlich die Einsätze für die Bevölkerung relativ lärmarm sowohl am Tag, aber vor allem in der Nacht durchführen zu können. Zudem konnte trotz Kooperation mit dem damaligen „Klinikum Steglitz“ (heute Campus Benjamin Franklin der Charité in Berlin-Lichterfelde) und später auch dem Unfallkrankenhaus der Hubschrauber von jeder Klinik angefordert werden. Später kamen auch Einsätze bei nächtlichen Notfällen für die Versorgung und den Transport von Notfallpatienten dazu.
Im Oktober 2011 erfolgte der Wechsel von einer Bell 412 auf einen Hubschrauber des Typs EC145. Seit Juli 2016 starten die Berliner Luftretter mit einer H145 zu ihren Einsätzen. Dieser ist aufgrund seiner geringeren Außenmaße optimal für die Luftrettung geeignet und bietet aufgrund der NVG-Zulassung erweiterte Möglichkeiten im 24-Stunden-Einsatz. Im Zuge der Aufschmelzung der HDM Luftrettung gemeinnützige GmbH wird die Station seit dem Januar 2016 durch die DRF Stiftung Luftrettung gemeinnützige AG betrieben.
Die DRF Luftrettung setzt ihre Flottenerneuerung konsequent fort.
Mit dem Auftakt zum 50.-jährigen Einsatzjubiläum am 18. Und 19. März 2023 in Berlin stellte die DRF Luftrettung einen ihrer neuesten und mordernsten Hubschrauber der breiten Öffentlichkeit vor (copterweb.de berichtete). Bei dem seinerzeit in Berlin gezeigten Jubiläumshubschrauber mit der einmaligen Sonderlackierung handelte es sich um eine neue H145 mit Fünfblattrotor, die in der Zeit danach sowohl als Backup für die sich im Einsatz befindende Hubschrauber als auch für die im letzten Jahr stattfindenden Veranstaltungen eingesetzt wurde. Der erste Hubschrauber des Typs H145 mit Fünfblattrotor war jedoch bereits im Dezember 2020 an der Werft der DRF Luftrettung angekommen und für den Stationsdienst umgerüstet worden. Seitdem wird die Flotte der DRF Luftrettung kontinuierlich um weitere H145 mit Fünfblattrotor erweitert. Gleichzeitig erfolgt seit Dezember 2021 zusätzlich die Umrüstung aller sich bereits im Dienst befindlichen Hubschrauber des Typs H145 von vier auf fünf Rotorblättern. Die Umrüstung soll nach den Planungen der DRF Luftrettung innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein.
Die DRF Luftrettung hatte damals von Oktober bis Dezember 2021 mit der ersten Maschine, die danach als Christoph Nürnberg in den Einsatz ging, erstmalig eine der bestehenden Einsatzmaschinen in ihrer eigenen Werft auf das Fünf-Rotorblatt-System umgerüstet und auch selbständig technisch frei gegeben – als weltweit erster Kunde von Airbus. Zuvor war in enger Abstimmung mit Airbus der dafür notwendige Prozess, inklusive aller notwendigen Zulassungen, entwickelt worden. Während des rund achtwöchigen Umbaus hat das Technikerteam insgesamt 16 Arbeitsaufträge, sogenannte Service Bulletins, abgearbeitet. Der klassische Hauptrotorkopf wurde entfernt, der Rotormast endet jetzt mit einer Nabe, an der die Blätter direkt angebaut sind. Der nunmehr gelenklose Hauptrotorkopf führt zu Verbesserungen in der Wartung, es sind keine Öle, Fette und Lager mehr für den Betrieb erforderlich. Weitere Anpassungen nahmen die Techniker unter anderem am Heckausleger und Teilen der elektrischen Verkabelung vor.
Dank dem seit Mai 2021 verfügbaren SB-Retrofit kann der EASA Part-145 Instandhaltungsbetrieb der DRF Luftrettung allen H145 (BK117 D2)-Betreibern weltweit anbieten, ihre Hubschrauber auf die neue Version (BK117 D3) upzugraden und von den detaillierten Erfahrungen der MRO Organisation zu profitieren.
Weitere Unterschiede zur H145 mit Vierblattrotor
Neben dem Vorteil, höhere Nutzlasten transportieren zu können, liegt die H145 durch das fünfte Rotorblatt noch ruhiger in der Luft, was Patienten und Besatzung zugutekommt. Die H145 mit Fünfblattrotor ist nicht nur vibrationsärmer, die größere Zuladungskapazität bedeutet für die Crews auch, dass sie mehr Kraftstoff aufnehmen können, um die Reichweite zum Beispiel für Verlegungen zu erhöhen. Neben der Reichweite bietet mehr Kraftstoff auch Vorteile bei hohen Temperaturen im Sommer. Denn die Temperatur ist ein wesentlicher Faktor für den Auftrieb von Fluggeräten. Je wärmer es ist, umso geringer ist die Dichte der Luft. Daher müssen die Hubschrauberbesatzungen an heißen Tagen noch einmal mehr auf das Gewicht achten, dass sie mit an Bord nehmen.
Flottenerneuerung auch bei der Flotte der bisherigen EC135
Darüber hinaus wird aber auch die Flotte der bisherigen EC135 parallel erneuert. Als offizieller Nachfolger der BO 105 führte die DRF Luftrettung im September 1996 den Hubschraubertyp EC135 mit den weltweit ersten beiden ausgelieferten EC135 als Rettungshubschrauber an die rot-weißen Luftrettungsorganisation ein. Seit September 2017 zählt der Hubschrauber des Typs H135 schon zur Flotte der DRF Luftrettung. Als Weiterentwicklung der EC135 zeichnet er sich u.a. durch ein hochmodernes Glascockpit mit Avioniksystem aus, in dem alle wichtigen Flugdaten auf großen Bildschirmen angezeigt werden. Darüber hinaus haben die Hubschrauber einen Vier-Achsen-Autopilot, der die Piloten im Flug entlastet und ein Anti-Kollisions-System, das zur Vermeidung von Zusammenstößen mit Luftfahrzeugen dient.
Noch sind einige der EC135 im Einsatz. Gleichzeitig steht ein Teil der EC135-Flotte aber schon seit einiger Zeit zum Verkauf. Nachfolgend eine Übersicht über den Stand der umgestellten Stationen:
Autor: Rolf Klukowski, Berlin unter Beachtung der Pressemitteilung vom 22. Januar 2024 und weiterer Informationen der DRF Luftrettung