Weniger Rußpartikel durch Biokerosin

Mehr Nachhaltigkeit wis­sen­schaft­lich belegt: Die gemein­nüt­zi­ge ADAC Luftrettung schließt das welt­weit ers­te Langzeitprojekt mit Sustainable Aviation Fuel (SAF) im Luftrettungsbetrieb erfolg­reich ab. Die wich­tigs­ten Ergebnisse sind deut­lich weni­ger aus­ge­sto­ße­ne ultra­fei­ne Partikel, umgangs­sprach­lich Ruß sowie die unein­ge­schränk­te Leistung und Einsatzbereitschaft der bei­den mit SAF betank­ten Helikopter. Negative Auswirkungen auf Technik und Triebwerke der Maschinen waren wäh­rend des gesam­ten rund drei­jäh­ri­gen Forschungsbetriebs nicht mess­bar. Das von der ADAC Luftrettung initi­ier­te und finan­zier­te Forschungsprojekt wur­de in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR), den Triebwerksherstellern Safran Helicopter Engines aus Frankreich und RTX’s Pratt & Whitney Canada sowie dem Hubschrauberhersteller Airbus Helicopters durch­ge­führt.

Die ADAC Rettungshubschrauber „Christoph Rheinland“ aus Köln und „Christoph Europa 1“ aus Aachen/Würselen flo­gen in Summe mehr als 1.800 Stunden zur Rettung von Menschenleben mit einem soge­nann­ten SAF-Blend im Tank, womit ein Gemisch aus bis zu 38 Prozent SAF aus nach­hal­ti­gen Rohstoffen wie recy­cel­ten pflanz­li­chen Fetten und her­kömm­li­chem Kerosin des Typs JET-A1 gemeint ist. Als soge­nann­tes Drop-In-Fuel kann SAF grund­sätz­lich mit her­kömm­li­chem Kerosin gemischt wer­den.

Erkenntnisse für Projektverantwortliche und Forschende
Die Erkenntnisse für die Projektverantwortlichen und Forschenden: Wenn SAF-Blend statt rei­nen Kerosins ver­brannt wird, sin­ken bei einer Leistung, wie sie typi­scher­wei­se vor dem Start am Boden erbracht wird (Idle), die Emissionen ultra­fei­ner Partikel um 44 Prozent, bei einer Leistung wie beim Fliegen in Einsatzgeschwindigkeit (Cruise) um 33 Prozent. Zusätzlich sinkt der CO2-Ausstoß über den Lebenszyklus des Flugkraftstoffs von der Herstellung bis zur Verbrennung, weil die wie­der­ver­wen­de­ten Fette und Öle CO2-neu­tral sind und die CO2-las­ti­gen fos­si­len Bestandteile erset­zen.
Während bei den ultra­fei­nen Partikeln signi­fi­kan­te Unterschiede mess­bar waren, wur­den bei den Verbrennungsgasen Kohlendioxid (CO2), Kohlenmonoxid (CO) und Stickoxid (NOx), einem Indikator für die rei­bungs­lo­se Funktion der Triebwerke, kei­ne Veränderungen nach­ge­wie­sen. Parallel dazu unter­such­ten die Triebwerkshersteller regel­mä­ßig ihre eige­ne Technik in den bei­den Helikoptern vom Typ Airbus H145 („Christoph Rheinland“ mit Safran-Triebwerken) und Airbus H135 („Christoph Europa 1“ mit Pratt-&-Whitney-Triebwerken). Verglichen mit dem Verschleiß beim Verbrennen von her­kömm­li­chem Kerosin konn­ten sie kei­ne rele­van­ten Unterschiede fest­stel­len.

Ein Folgeprojekt ist geplant — zur wei­te­ren Reduktion von ultra­fei­nen Partikeln und CO2
Frédéric Bruder, der Geschäftsführer der ADAC Luftrettung, beton­te zum Abschluss des inter­na­tio­na­len Langzeitprojektes die Vorreiterrolle der flie­gen­den Gelben Engel bei der Verwendung von Biokerosin und mit Blick auf den Klimawandel auch deren gesell­schaft­li­che Verantwortung, bei der Dekarbonisierung der Luftfahrt trei­ben­de Kraft zu sein. Er kün­dig­te nach den viel­ver­spre­chen­den ers­ten Ergebnissen an: „Wir möch­ten Forschung und Weiterentwicklung auf die­sem Gebiet noch ver­tie­fen und den SAF-Anteil wei­ter erhö­hen“.
Langfristiges Ziel der ADAC Luftrettung sei es, die Beimischung auf bis zu 100 Prozent zu erhö­hen und in der Folge auch den Einsatz von syn­the­ti­schem E-Fuel, auch Power-to-Liquid-Kerosin (PtL) genannt, zu ermög­li­chen. PtL bezeich­net die Erzeugung flüs­si­ger (Liquid) Brenn- oder Kraftstoffe mit­hil­fe von elek­tri­scher Energie (Power) aus erneu­er­ba­ren Quellen.

Historie und Ausblick des Pilotprojekts
Den Start des in die­ser Form ein­ma­li­gen Forschungsprojekts mar­kier­te der ers­te Flug eines Rettungshubschraubers, einer H145 der ADAC Luftrettung, mit 40-pro­zen­ti­ger SAF-Beimischung im Sommer 2021 in München. Im Dezember des­sel­ben Jahres star­te­te die ADAC Luftrettung gemein­sam mit dem DLR, Safran Helicopter Engines und Airbus Helicopters ihre Untersuchungen zu den lang­fris­ti­gen Effekten von SAF des Flugkraftstoffanbieters Air bp auf die Technik von Maschine und Triebwerken mit „Christoph Rheinland“. Für eine brei­te­re wis­sen­schaft­li­che Basis wur­de in Kooperation mit RTX’s Pratt & Whitney von Dezember 2021 an zusätz­lich „Christoph Europa 1“ mit SAF-Blend des Multi-Energie-Konzerns TotalEnergies betankt. Im Sommer 2025 soll auch er 1.000 Einsatzstunden absol­viert haben. Die Projektbeteiligten erwar­ten sich ver­gleich­ba­re Ergebnisse.

Statements der Projektpartner
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR):
„Für die in die­ser Form ers­te und bis­her ein­ma­li­ge Messkampagne hat­ten wir unser mobi­les DLR-Messlabor im Einsatz. Darin befin­den sich spe­zi­el­le Mess- und Analysegeräte. Diese sind geeig­net, um ultra­fei­ne Partikel bis zu einer Größe von sie­ben Nanometern zu unter­su­chen. Vor jeder Messkampagne erar­bei­ten wir ein indi­vi­du­el­les Konzept und legen Aufbau, Position der Messsonde sowie die Dauer der Messungen fest. Nur so erhal­ten wir zuver­läs­si­ge und ver­gleich­ba­re Daten, beschreibt Forscher Tobias Grein vom Institut für Verbrennungstechnik des DLR, der das Projekt DLR-sei­tig betreut hat. Sein Fazit: „Diese Messungen waren sehr span­nend und auch für unser Team etwas Besonderes, das alles ‚live‘ an einem Helikopter kurz vor dem Abheben zu machen.

Safran Helicopter Engines:
Jean-François Sauer, EVP Programme bei Safran Helicopter Engines, kom­men­tiert: „Diese Langzeituntersuchung des SAF-Einsatzes in einem H145-Hubschrauber mit unse­rem Arriel-Triebwerk ist ein wich­ti­ger Meilenstein. Sie zeigt die Kompatibilität unse­rer Triebwerke mit SAF im Langzeitbetrieb und ermög­licht die Bewertung des öko­lo­gi­schen Nutzens, sowohl bezüg­lich der Reduktion von CO2 als auch von loka­len Schadstoffemissionen. Wir freu­en uns, dass wir an die­sem Experiment gemein­sam mit der ADAC Luftrettung, dem DLR und Airbus teil­neh­men konn­ten. Safran Helicopter Engines setzt sich bereits seit meh­re­ren Jahren für den groß­flä­chi­gen Einsatz von SAF in der Hubschrauberindustrie ein. Alle Safran-Hubschraubertriebwerke sind bereits für den Einsatz von bis zu 50 Prozent SAF qua­li­fi­ziert. Der nächs­te kurz­fris­ti­ge Schritt ist die Qualifizierung von 100 Prozent Drop-In-SAF, also einem Treibstoff, mit dem aktu­el­le Triebwerke mit wenig oder ohne Modifikation betrie­ben wer­den kön­nen. Wir pla­nen, dies bis 2025 zu errei­chen.“

RTX’s Pratt & Whitney Canada:
Die Initiative der ADAC Luftrettung zeigt effek­tiv die Bereitschaft und Anpassungsfähigkeit der aktu­el­len Flugzeuge und Triebwerke, mit SAF zu betrie­ben wer­den, und lie­fert greif­ba­re Vorteile, ohne unse­re hohen Standards in Bezug auf Leistung und Sicherheit zu beein­träch­ti­gen“, sag­te Nico Chabée, Vice President Marketing & Sales, Helicopters von Pratt & Whitney Canada. „Die PW206B-Turboshaft-Triebwerke, die die H135-Hubschrauber der ADAC Luftrettung antrei­ben, sind für SAF-Mischungen von bis zu 50 Prozent mit her­kömm­li­chem Jet A/A1 Kerosin gemäß den ASTM International-Spezifikationen zer­ti­fi­ziert. Unser Engagement für die Förderung alter­na­ti­ver Kraftstoffe umfasst die Unterstützung von Kundeninitiativen und die Entwicklung zukünf­ti­ger Kraftstoffspezifikationen, um die Nutzung von bis zu 100 Prozent SAF zu ermög­li­chen.“

Airbus Helicopters in Deutschland:
„Unser kla­res Ziel bei Airbus ist es, Vorreiter für eine nach­hal­ti­ge Luftfahrt zu sein. Dabei sehen wir den Einsatz von Sustainable Aviation Fuel als einen ent­schei­den­den Hebel, um die Dekarbonisierungsziele der Luftfahrtindustrie zu errei­chen. Die Zusammenarbeit zwi­schen Hubschrauberherstellern, Betreibern, Triebwerksherstellern, Forschungsinstituten und allen ande­ren betei­lig­ten Akteuren, wie hier in die­sem Projekt, ist uner­läss­lich und ent­schei­dend, um sicher­zu­stel­len, dass wir unser gemein­sa­mes Ziel errei­chen, die Emissionen von Hubschraubern wei­ter zu redu­zie­ren”, sag­te Stefan Thomé, Vorsitzender der Geschäftsführung von Airbus Helicopters in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung der ADAC Luftrettung gGmbH vom 28. April 2025

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