Kein Geheimnis war vor einigen Monaten die Erprobung einer H145 zur Eignung für Offshore-Einsätze. Genutzt wurde dazu von Airbus Helicopters die Maschine D-HYAP der ADAC Luftrettung. Schon auf der Aero 2016 in Friedrichshafen gab der Geschäftsführer der WIKING Helikopter Service GmbH, von Plato, die Absicht zur Beschaffung von mehreren Hubschraubern H145 bekannt.
Die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin ist eine gern genutzte Plattform von Airbus Helicopters zur öffentlichkeitswirksamen Präsentation neuer Geschäftsabschlüsse und auch zur Übergabe von Maschinen. Auch in diesem Jahr war gleich am ersten Messetag die Gelegenheit eines neuen Vertrages mit der WIKING Helikopter Service GmbH zur Beschaffung von zwei H145 in Offshore-Konfiguration gegeben.
Damit wird das Unternehmen erstmals ein Produkt von Airbus in seine Flotte aufnehmen. BIslang kommen aktuell vier Sikorsky S-76, drei AugustaWestland AW139 und eine Augusta A109S Grand zum Einsatz. Die Lieferung der ersten H145 ist für das letzte Quartal 2016 geplant. Beide Maschinen sind zur Versetzung von Seelotsen, für Flüge im Rahmen von vertraglich vorgesehenen hubschraubergestützten Rettungseinsätzen (Helicopter emergency medical service HEMS) insbesondere im Offshore-Bereich von Nord- und Ostsee, Crewtransfers und Verbringung von Servicetechnikern auf Offshore-Windkraftanlagen vorgesehen.
Maßgeblich für die Entscheidungsfindung war die Erprobung einer H145 bereits Ende Januar 2016 unmittelbar bei WIKING selbst und bei HTM Offshore mit Sitz in Emden. Zum Einsatz durch Airbus Helicopters mit werkseigener Crew kam die Maschine D-HYAP mit der SN 20063 (vorläufige Verkehrszulassung D-HADU). Dieser Hubschrauber ist in Hangelar bei der ADAC Luftfahrt Technik GmbH stationiert und wird für unterschiedliche Zwecke genutzt. Er weist ein vom typischen ADAC-Design abweichendes Gelb auf und unterscheidet sich auch sonst in wesentlichen äußeren Details der Lackierung. Vorgesehen ist der Hubschrauber für einen möglichen Einsatz nach Erhalt des Zuschlags für eine fünfte Luftrettungsstation des ANWB/MAA in den Niederlanden.
Während des Erprobungsprogramms wurde z.B. der Windpark alpha ventus in der Deutschen Bucht angeflogen; es erfolgten anspruchsvolle Landungen auf der Umspannplattform und Tests mit Materialtransport sowie Winschen von Technikcrews auf und von Offshore-Windkraftanlagen. Die H145 überzeugte dabei auch bei Windstärken von bis zu 50 Knoten. Positiv beurteilten die Tester das Raumangebot, die Reichweite und den Durchmesser des Hauptrotors.
„Wir freuen uns, dass wir mit der H145 eine Maschine gefunden haben, die genau unsere Anforderungen bei Einsätzen über dem Meer erfüllt“, erklärt Alexander von Plato, Geschäftsführer der WIKING Helikopter Service GmbH. „Während einer Offshore-Demonstration Anfang diesen Jahres konnten wir uns von den Vorteilen des neuen Helionix-Cockpits mit 4-Achsen-Autopilot mit Auto-Schwebeflugfunktion der H145 überzeugen. Die Maschine bietet zudem sehr große Leistungsreserven, einen geräumigen Innenraum und erfüllt unsere strengen Sicherheitsanforderungen, die wir für den Versatz von Personen auf dem Meer benötigen“, so Holger Stockmeyer, Geschäftsführer der WIKING Helikopter Service GmbH.
Durch eine Erhöhung der Triebwerksleistung im Einmotorenbetrieb (Single Engine Hover Performance, zwei Minuten OEI HOGE) kann die H145 nun bis zu 200kg mehr Last bei Windenoperationen aufnehmen. Die Maschine erfüllt damit die strengen Regularien für die Verbringung von Menschen per Winde (HEC — Human External Cargo). Die H145 in Offshore-Konfiguration ist zudem mit einer Notschwimmeranlage, zugelassen bis Sea State 6, einem Wetterradar, Unterwasser-Ausstiegsbeleuchtung und schwimmendem Notfallpeilsender ausgerüstet. Für den Einsatz über dem Meer verfügt die H145 über eine Sitzkonfiguration, mit der sie acht Passagiere im Einklang mit den internationalen Offshore-Richtlinien transportieren kann.
WIKING Helikopter Service GmbH wurde 1975 gegründet und arbeitet seit gut 40 Jahren vorrangig als Spezialist für Offshore-Flüge im Bereich der Nord- und Ostsee. Ursprünglich als reine Unterstützung für den Seelotsenversatz in der deutschen Bucht auf vertraglicher Grundlage, ist WIKING heute nach wie vor eines der wichtigen Versetzsysteme, um die Schiffe in der Deutschen Bucht mit Seelotsen zu besetzen. Daneben ist WIKING stark in der Versorgung von Offshore-Einrichtungen, hauptsächlich für die Offshore Windindustrie, gewachsen. Hier wurden 2015 über 22.000 Passagiere auf Plattformen und Aufbauschiffe transportiert. Seit Mitte 2012 hält WIKING in Zusammenarbeit mit der ADAC Luftrettung gGmbH einen HEMS-Hubschrauber als Notfallkonzept für die Offshore-Wind-Industrie am Hauptsitz JadeWeserAirport in Sande-Mariensiel (EDWI) an 24 Stunden am Tag bereit. Auch vom Verkehrslandeplatz Emden (EDWE) startet WIKING zu Flügen. Mit Stand Ende 2015 hat die Firma bei mehr als 110.000 Flugstunden insgesamt über 53.000 unfallfreie Hoist Operations durchgeführt und ist damit weltweit die #2 in dem Segment. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang die Erfahrungen früherer Jahre im Bereich der Luftrettung.
Die H145 ist zur Zeit das fortschrittlichste Mitglied ihrer Familie BK117. Seit ihrer Erstauslieferung im Juli 2014 hat die weltweite Flotte aller Kunden bereits über 18.000 Flugstunden bei einer durchschnittlichen Verfügbarkeitsrate von über 90 Prozent absolviert. Momentan sind bereits knapp 60 Modelle in 14 Ländern im Einsatz. Mit einem maximalen Abfluggewicht von 3700kg ermöglicht die H145 zudem einen effizienten Hubschraubereinsatz im wachsenden Offshore-Bereich. Dazu eignet sich die Seilwinde der H145 mit schwenkbarem Arm und einer Kapazität von 270kg.
„Die H145 hat sich bei unseren Kunden auf der ganzen Welt bereits in vielen Missionen bewährt — in der Luftrettung, bei der Polizei, den Spezialkräften der Bundeswehr oder als VIP-Helikopter in Mercedes Benz Style Design“, erklärt Dr. Wolfgang Schoder, CEO von Airbus Helicopters Deutschland. „Dazu tragen auch die geringsten Unterhaltskosten und ein Geräuschpegel bei, der fast 50 Prozent unter dem geforderten Grenzwert liegt“, so Schoder weiter.
Nicht nur Airbus Helicopters sieht mit diesem neuen Verwendungszweck für die H145 insbesondere den Support für die Offshore-Windparks zukünftig sehr positiv und erwartet in den nächsten 20 Jahren ein Marktpotential von bis zu 9 Mrd. €.
Im August 2016 besteht die Möglichkeit, sich direkt am Firmensitz von WIKING über die vielfältigen Aufgaben des Hubschrauberunternehmens zu informieren.
Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn