Seit gestern, den 2 Januar 2024 fliegt in Berlin nunmehr mit rund dreijähriger Verspätung der dritte Rettungshubschrauber mit dem Rufnamen Christoph 100. Damit findet die damalige Neuvergabe der Konzession für die gesamte Luftrettung im Land Berlin vom 8. Mai 2019 einen vorläufigen Abschluss.
Wie uns die DRF-Luftrettung auf Anfrage mitteilte, ist Christoph 100 nicht im Probe-, sondern seit 2. Januar tatsächlich im Regelbetrieb im Dienst. Die Einsatzbereitschaft des Hubschraubers liegt in der Zeit von 06:00 – 22:00 Uhr und deckt damit auch die Randzeiten ab. Insoweit werden wie bei Christoph Berlin Einsätze bei Bedarf auch mit NVG (Night Vision Goggles) durchgeführt. Darüber hinaus ist der Hubschrauber mit einer aus Kommandant, Co-Pilot, Notarzt und Notfallsanitäter bestehenden Crew im Zwei-Schicht-Betrieb besetzt. Die fliegerische Crew wird von der DRF Luftrettung, die medizinische Seite, also Notfallsanitäter und Notärzte werden durch die Berliner Feuerwehr sowie durch das Bundeswehrkrankenhaus Berlin gestellt.
Wie weiter zu erfahren war, bezieht sich das Einsatzgebiet der von der DRF Luftrettung in Berlin stationierten Hubschrauber für Notfalleinsätze neben dem Land Berlin auch auf das angrenzende Brandenburger Umland. Bei Nicht-Verfügbarkeit anderer adäquater Rettungsmittel kann Christoph 100 auf Anforderung auch für Intensivtransporte in Berlin und Brandenburg sowie den angrenzenden Bundesländern eingesetzt werden.
Christoph 100 ist zunächst mit einer H145 mit Vierblattrotor gestartet. Dabei wird es zunächst auch bleiben. Da perspektivisch die DRF Luftrettung aber alle ihre H145-Vierblatt-Hubschrauber nach und nach auf das Fünfblattsystem umstellt, wird es zu gegebener Zeit eine entsprechende Umstellung geben. Ein genauer Zeitpunkt konnte noch nicht genannt werden.
Die H145 fliegt zur Zeit noch ohne die geforderte Winde. Nach einer Eingewöhnungsphase für das Team der Station und den notwendigen Windentrainings im Frühjahr wird der Windenbetrieb voraussichtlich im 2. Quartal starten, d.h. dann wird Christoph 100 über eine fest installierte 90m Seilwinde verfügen.
Die Einsatzindikation für Rettungshubschrauber in Berlin befindet sich aktuell noch in der finalen Abstimmung. Zukünftig wird es wohl so sein, dass die besonderen einsatztaktischen Fähigkeiten der Hubschrauber hierbei mehr Gewicht erhalten und diese mehr als nur wie ein NEF alarmiert werden. So sollen die Hubschrauber u.a. besonders aufgrund der Erkrankungs- bzw. Verletzungsmuster, der Einsatzörtlichkeiten oder auf der Grundlage einsatztaktischer Erwägungen zum Einsatz kommen. Auch der spezielle Einsatz der Winde von Christoph 100 wird hierbei besonders berücksichtigt werden.
Zur neuen Station wurde uns abschließend mitgeteilt, dass der Landeplatz luftrechtlich genehmigt und auch abgenommen wurde. Das Stationsgebäude ist noch nicht vollständig fertiggestellt. Grund hierfür sind viele Lieferverzögerungen, die aufgrund der weltpolitischen Lage auch die Baubranche beeinflussen. Man rechnet mit der Fertigstellung in ca. 6 – 8 Wochen.
Die drei Hubschrauber in Berlin mit Standort und ihren Einsatzaufgaben
Christoph 31 (EC135/H135) am Standort des „Charité Campus Benjamin Franklin“
Christoph 31 ist als klassischer Rettungshubschrauber, d. h. als Notarztzubringer und/oder für den Patiententransport im Einsatz
Christoph 100 (H 145) am Standort des „Helios Klinikum Buch“
Christoph 100 ist wie Christoph 31 als reiner Rettungshubschrauber (RTH) in Dienst gestellt worden, weist jedoch durch seine Größe und die Option einer Rettungswinde sowie eine 16 Stunden an 7 Tagen Einsatzbereitschaft entsprechende Besonderheiten auf, welche für die Einsatztaktik noch relevant werden.
Christoph Berlin (H 145) am Standort des „Unfallkrankenhauses Berlin Marzahn“
Christoph Berlin ist originär ein Intensivtransporthubschrauber (ITH), der primär für den Interhospitaltransfer vorgesehen ist und hierfür eine 24 Stunden an 7 Tagen Einsatzverfügbarkeit aufweist. Diese ist allerdings abhängig von der jeweiligen Wetterlage. Er kann auch im sogenannten Dual-Use Verfahren, also als RTH für die Primärrettung eingesetzt werden.
Zur Erinnerung noch ein Blick in die Vergangenheit
Die Ausschreibung von drei Luftrettungsmitteln hatte seinerzeit im Mai 2019 zu einer Überraschung geführt. Hatte doch in der Vergangenheit aufgrund der starken Belastung des damals weltweit am meisten eingesetzten Rettungshubschraubers Christoph 31 den damaligen Geschäftsführer der ADAC Luftrettung, Friedrich Rehkopf veranlasst, einen weiteren RTH für Berlin zu fordern. Untermauert wurde dies durch den temporären Einsatz des Christoph 31 Bravo während der Fußball-WM 2006 mit 594 Einsätzen in gut 3 Monaten. Die Bemühungen fanden bei den Kostenträgern und der Senatsinnenverwaltung allerdings wenig Gehör und wurden schließlich nicht mehr weiter verfolgt. Vorrübergehend wurden sogar die Einsatzzahlen durch organisatorische Maßnahmen (Ausrückfolge) reduziert. Später ist die Einsatzfähigkeit in den Sommermonaten durch Einführung eines Zweischichtbetriebes sichergestellt worden.
Wir danken abschließend der DRF Luftrettung für die aktuellen Informationen zum neuen Rettungshubschrauber in Berlin.
Autor: Rolf Klukowski, Berlin