Erster Einsatz für Christoph 9 mit ZSH EC 135 T2i

Nun sind alle Stationen des BMI in Nordrhein-Westfalen mit einer EC 135 T2i unt­wegs. Duisburg star­tet seit Freitag mit der D-HZSN zu Einsäzen.25.02.2008: Im Hangar von Christoph 9 fand am 22. Februar 2008 die Feierstunde zur Übergabe eines neu­en Zivilschutz-Hubschraubers EC 135 T2i des Bundesministeriums des Innern zum Einsatz in der Luftrettung als Christoph 9 statt. Zuvor war der neue Hubschrauber von der Plattform aus auf den Dachlandeplatz der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik geflo­gen wor­den, um noch ein­mal der BO 105 Platz zu machen. Die Begrüßung der zahl­rei­chen Gäste erfolg­te durch den Leiter der Berufsfeuerwehr Duisburg, Leitender Branddirektor Stefan Crain, der danach als Moderator das Stichwort zum Maschinenwechsel gab. Die BO mach­te den Platz auf der Plattform frei wäh­rend vom Dachlandeplatz die EC 135 ein­schweb­te und sich quer zum Hangar auf den Platz der BO stell­te.

Für das Bundesministerium des Innern ließ der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe kurz die Geschichte von Christoph 9, intern manch­mal auch „Wipfelhüpfer” genannt, Revue pas­sie­ren. Er zitier­te den frü­he­ren Bundesinnenminister Dr. Werner Maihofer, der den Hubschrauber am 16. September 1975 in sei­ner Rede zur Indienststellung als „leben­ent­schei­den­des Rettungsmittel” bezeich­net hat­te. Mit der Übergabe der EC als Christoph 9 sei der Austausch der ins­ge­samt drei ZSH des BMI in Nordrhein-Westfalen abge­schlos­sen.

Der für den Rettungsdienst und damit für die Luftrettung zustän­di­ge Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann, ver­wies auf den Stellenwert der Luftrettung für den Bürger. Die Zusammenarbeit unter­schied­li­cher Ebenen ein­schließ­lich des Katastrophenschutzes sei Garant für ein schnel­les und siche­res Rettungswesen in Deutschland. Die Emotion im Rettungsdienst und des­sen eige­ne Identität sei­en die Grundlage für das hohe Ansehen in der Bevölkerung gera­de im Ruhrgebiet, dem größ­ten Ballungsraum Europas. Die schnel­le Hilfe sei durch fach­li­che Kompetenz sicher­ge­stellt.

Leitender Polizeidirektor Carloff ver­deut­lich­te den tech­ni­schen Fortschritt bei der Ausstattung des neu­en Hubschraubers und die beson­de­ren Details des ZSH. Die lan­ge Bewährung der BO 105 in der Luftrettung sol­le noch in 2008 mit einer Briefmarke der Post gewür­digt wer­den. Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland mach­te in kur­zen Worten auf den Bekanntheitsgrad des oran­ge­far­be­nen Hubschraubers in der Bevölkerung der Region aufmerksam.Sauerland selbst hat einen pri­va­ten Bezug zu Christoph 9: So konn­te das Leben sei­nes Vaters zwei Mal dank der schnel­len Hilfe durch den Rettungshubschrauber ver­län­gert wer­den. Nach der Einsegnung des Hubschraubers folg­te die schon obli­ga­to­ri­sche sym­bo­li­sche Übergabe des Steuerknüppels staf­fel­mä­ßig an den sta­ti­ons­ver­ant­wort­li­chen Piloten Jörg Bayer von der Fliegerstaffel West.

Umrahmt wur­de die Veranstaltung von zwei Angehörigen der Berufsfeuerwehr Bielefeld. Hervorzuheben ist ihre gekonn­te Darbietung des Songs „Golf November” von Reinhard Mey, der auf einen tat­säch­li­chen Rettungsflug von Christoph 4 aus Hannover zurück­geht.

Die Ausführungen der Redner wer­den mit der Leistungsbilanz von Christoph 9 seit der Indienststellung bis Ende 2007 unter­stri­chen: Er star­te­te zu ins­ge­samt 29.496 Einsätzen; davon wur­den 4.527 als Sekundärtransporte durch­ge­führt. Die Station ver­zeich­ne­te 6.353 Fehleinsätze. Bei den somit 18.616 Primäreinsätzen wur­den 5.902 Verkehrsunfälle, 8.020 inter­nis­ti­sche und 4.694 als Einsatzgrund regis­triert. 40 % der Einsätze (11.944) erfolg­ten im Stadtgebiet Duisburg.

In einem Gespräch beton­te Minister Laumann den Stellenwert der öffent­lich-recht­li­chen Luftrettung mit sechs RTH und zwei ITH in Nordrhein-Westfalen. Die Disponierung der bei­den ITH durch die Leitstellen der Kernträger Kreis Steinfurt und Stadt Köln habe sich bewährt. Die Abkoppelung von der KOST in Hannover sei letzt­lich aus Kostengründen erfolgt. Anfallende Mehrausgaben für die bei­den Leitstellen sei­en für die­se Einrichtungen, die bereits mit Steuergeldern finan­ziert wer­den, durch­aus gerecht­fer­tigt.

Fernsehsender berich­te­ten abends in regio­nal aus­ge­strahl­ten Beiträgen über den Wechsel.

Zu Beginn flog am Luftrettungszentrum Christoph 9 an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Duisburg-Großenbaum eine BO 105 CB. Diese wur­de spä­ter von der bis zuletzt geflo­ge­nen, ver­län­ger­ten BO 105 CBS-5 abge­löst. Der Hangar wur­de unmit­tel­bar an Heiligabend 1975 bezo­gen.

In der Zeit wäh­rend des Auf- und Ausbaus des Luftrettungsnetzes in Deutschland wech­sel­ten öfter die Zuständigkeiten für den Flugbetrieb: Im März 1976 wur­den Hubschrauber und Besatzungen von der BGS-Fliegerstaffel Küste aus Fuhlendorf (heu­te Bundespolizei-Fliegerstaffel Nord) und der BGS-Fliegerstaffel Nord aus Gifhorn (heu­te Stützpunkt der Bundespolizei-Fiegerstaffel Nord) gestellt. Vom 19. Juni bis 5. Juli 1978 flog eine Bell UH-1D des Hubschraubertransportgeschwaders 64 aus Ahlhorn die Einsätze als RTH. Dabei wur­den 45 Flüge mit etwas über 20 Stunden Flugzeit durch­ge­führt. Noch ein­mal sprang die Bundeswehr vom 19. September bis zum 26. November 1991 ein. Aufgrund der flug­be­trieb­li­chen Situation zeich­ne­te 1986 zeit­wei­lig wie­der­um die dama­li­ge BGS-Fliegerstaffel Nord in Gifhorn ver­ant­wort­lich. Heute ist für alle flug­be­trieb­li­chen Angelegenheiten des Christoph 9 die Bundespolizei-Fliegerstaffel West zustän­dig.

Bei einem Flugunfall am 24. Februar 1982 dreh­te sich die BO 105 CB D-HDDY nach Hindernisberührung des Hauptrotors und stürz­te um. Der Heckausleger brach ab.

Bereits weni­ge Zeit nach dem Ende der offi­zi­el­len Veranstaltung alar­mier­te die Leitstelle der Berufsfeuerwehr Duisburg um 12:30 Uhr zum ers­ten Einsatz an die­sem Tag, zugleich vor­aus­sicht­lich auch dem letz­ten für die BO 105 D-HBGS als Christoph 9. Schon fünf Minuten spä­ter kehr­te die Besatzung mit Pilot André Huber (Bundespolizei-Fliegerstaffel West in St. Augustin), Notarzt Dr. Erasmus Krahn (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik) und Rettungsassistent Frank Schreiber (Berufsfeuerwehr Duisburg) zum Luftrettungszentrum zurück.

Aufgrund zwi­schen­zeit­lich erhal­te­ner Informationen war ein Notarzteinsatz nicht mehr erfor­der­lich. Danach wur­den ein­zel­ne medi­zi­ni­sche Ausstattungsteile in die EC 135 umge­räumt. Um 14:35 Uhr star­te­te Pilot Gerd Wenk mit der BO zur Staffel. Die bun­des­ei­ge­nen BO wer­den noch eini­ge Zeit als Ersatz zum Einsatz an den Luftrettungszentren mit ZSH des BMI bereit­ste­hen. Die Staffel West erhält vor­aus­sicht­lich zeit­ver­zö­gert im März den letz­ten von bun­des­weit ins­ge­samt vier Ersatzhubschraubern mit der Kennung D-HZSO, SN 644.

Kurz vor Ende der Bereitschaftszeit gegen 17.20 Uhr wur­de der neue ZSH D-HZSN am 22. Februar 2008 zu sei­nem ers­ten Einsatz, pri­mär im Stadtgebiet Duisburg, alar­miert. Nach die­sem „ruhi­gen” Einsatztag wur­den am dar­auf fol­gen­den Samstag ins­ge­samt sie­ben Einsätze durch­ge­führt. Das gan­ze Wochenende nutz­ten zahl­rei­che Besucher und Hubschrauber-Spotter die Gelegenheit, sich über den neu­en Hubschrauber zu infor­mie­ren.

Weder in den Pressepublikationen zur Übergabe noch in den Redebeiträgen wur­de die Kooperationen von Christoph 9 und dem Nijmeger Traumahelikopter Lifeliner 3 des ANWB im Rahmen eines Euregio-Projektes mit Förderung durch die EU erwähnt. Es war am 1. Oktober 2003 als deutsch-nie­der­län­di­sche Initiative mit Kooperation der Rettungsdienste des Kreises Kleve und der Stadt Duisburg, den regio­na­len Ambulanzvereinigungen Nord-/Mittel-Limburg und Gelderland-Süd, dem UMC St. Radbound in Nijmegen und Krankenkassen zur Verbesserung der Patientenversorgung im Grenzgebiet des Kreises Kleve und der Umgebung von Limburg (NL) vor­ge­stellt wor­den.

Statistiken über die jewei­li­gen Einsätze im Nachbarland sind bis­her nicht bekannt. Aufgrund der Entfernungen kommt jedoch Lifeliner 3 häu­fi­ger in Deutschland zum Einsatz als umge­kehrt Christoph 9 in den Niederlanden. Der Ärztliche Leiter Rettungsdienst der Berufsfeuerwehr Duisburg, Dr. Frank Marx, führt das auf die unter­schied­li­chen Anflugzeiten zu den Einsatzgebieten zurück. Der Hubschrauber kann damit nicht immer sei­nen Vorteil als schnel­ler Notarztzubringer aus­spie­len. Eine wei­te­re Verschiebung des Einsatzradius hat sich zudem durch die Umstationierung des Lifeliner 3 vom UMC zur „Vliegbasis Volkel” erge­ben. Der Hubschrauber kann damit Bereiche des Kreises Kleve noch schnel­ler errei­chen.

Das vor­ran­gi­ge Einsatzgebiet von Christoph 9 umfasst die Städte Duisburg, Bottrop, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim, Oberhausen und die Kreise Wesel, Kleve, Mettmann und Neuss. Die Notärzte wer­den fast aus­nahms­los von der chir­ur­gi­schen Klinik der BG-Unfallklinkik Duisburg gestellt, die Aufgaben der HCM wer­den von Rettungsassistenten der Berufsfeuerwehr Duisburg wahr­ge­nom­men.

Artikel: Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn
Fotos: Alexander Mura, Ulrich Schröer

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