Für bundesweites Aufsehen sorgen zur Zeit Medienberichte über die beabsichtigte Stationierung eines Rettungshubschraubers durch den Verein „Luftrettung Sauerland e.V.” dem Flugplatz Meschede im Sauerland (Nordrhein-Westfalen).
Medizinisches Personal aus der Region um Meschede hat den Verein gegründet, um die notärztliche Versorgung im Hochsauerlandkreis (HSK) zu verbessern und Hilfsfristen zu verkürzen. Insbesondere das nördliche Sauerland liege außerhalb der 50-Kilometer-Radien für Einsätze benachbarter Luftrettungszentren. Der Standort soll auf dem Flugplatz Meschede-Schüren sein und 24⁄7 betrieben werden, um mit der vorgesehenen fliegerischen Besatzung von ständig zwei Piloten auch Flüge nachts und bei schlechtem Wetter nach Instrumentenflugbedingungen (IFR) durchführen zu können, so die Verantwortlichen des Vereins. Damit könnten die langen Anflugwege der nächstgelegenen und geeigneten Hubschrauber aus dem westfälischen Greven (Flughafen Münster/Osnabrück) oder aus Reichelsheim in Hessen erheblich verkürzt werden.
Der Förderverein will nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens einen verfügbaren Hubschrauber aus den USA kaufen und setzt dabei wohl auf eine Sikorsky S76, zumal als Operator für den Flugbetrieb die Firma HeliJet Charter GmbH mit Firmensitz in Langenfeld vorgesehen ist. HeliJet Charter verfügt über umfangreiche Erfahrung im Betrieb dieser Hubschrauber und fliegt seit diesem Jahr vom Flugplatz Dortmund aus. Nach Medienberichten wurde bereits ein gemeinnütziges Unternehmen „Luftrettung Sauerland gGmbH” gegründet.
Deutlich Position bezieht der Verein zum Stellenwert des Luftrettungsmittels:
„Wir wollen keine Konkurrenz zum bodenbezogenen Rettungsdienst sein“, betont Markus Hennecke, einer der Initiatoren und selbst Rettungsassistent. „Es geht uns um eine sinnvolle Ergänzung.“ Weiterhin gehe es darum, Ressourcen zu schonen — bei einer Verlegungsfahrt in eine Spezialklinik zum Beispiel sei ein Notarzt zum Teil mehrere Stunden nicht in seinem Einsatzgebiet. Damit sei die Entlastung des bodengebundenen Rettungsdienstes verbunden.
„Enge zeitliche Behandlungs-Fenster, die für das Überleben und die spätere Lebensqualität von Notfallpatienten von enormer Bedeutung sind, sowie die zunehmende Zentralisierung medizinischer Spezialkliniken setzen für eine optimale Patientenversorgung jedoch ein schnelles und effektives arztgestütztes Rettungssystem voraus“, heißt es auf der Internetseite der Luftrettung Sauerland e.V.
Nach den Veröffentlichungen sei der Antrag auf Genehmigung an das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen gestellt. In NRW ist jedoch das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter originär für den Rettungsdienst und damit auch für die Luftrettung zuständig, während luftrechtliche Angelegenheiten in den Aufgabenbereich des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr fallen. Die maßgeblichen Gespräche mit den Kostenträgern stehen noch aus.
Der Verein bezeichnet den Hubschrauber selbst als „Rettungs- und Intensivtransporthubschrauber (ITH)”. Diese Bezeichnung ist bislang so noch nicht eingeführt und taucht in Bestimmungen der Länder, Gremien und sonstiger Festlegungen zur öffentlich-rechtlichen Luftrettung nicht auf.
Vor dem Gang in die Öffentlichkeit wurde das Projekt offensichtlich schon auf dem Flugplatz Schüren vorgestellt. Bilder finden sich auf der Homepage des Vereins. Sie zeigen zum Teil einen Hubschrauber vom Typ S76 mit der nicht existenten Registrierung D-HLRS (LuftRettung Sauerland?) und äußerem Erscheinungsbild, das nicht der Realität entspricht. Es handelt sich offensichtlich sich um die S76 in der Version A++ mit der Kennung D-HULK (SN 760282), die früher in Schweden und den USA registriert war.
In der Internetpräsenz werden die entscheidenden Aufgabenfelder prägnant beschrieben. Ein Merkmal ist der Einsatz einer Außenwinde zum Absetzen von Rettungskräften und zur Rettung Betroffener aus schwer zugänglichen Lagen. Als Förderer des Vereins ist die Bergwacht Winterberg genannt. Sie ist die größte Bereitschaft der Bergwacht Sauerland und ist im Hochsauerlandkreis für Berg-, Pisten- und Loipenrettung zuständig. Sie wirkt bei Evakuierungen aus Sesselliften & Seilbahnen mit. Die Bereitschaft gehört im Deutschen Roten Kreuz, Landesverband Westfalen-Lippe e.V., zum DRK Kreisverband Brilon e.V. In anderen Bereichen Deutschlands ist die Berwacht maßgeblich in Rettungsdienstkonzepte mit Hubschraubern der Luftrettung, der Bundeswehr und der Polizeien bei besonderen Lagen insbesondere mit Winde und Bergetau fest eingebunden.
Der Flugplatz Meschede-Schüren des Betreibers „Flugplatzgesellschaft Meschede mbH” wurde 1932 eröffnet. Er liegt in der Mittelgebirgslandschaft des Sauerlandes, sieben Kilometer südwestlich von Meschede und drei Kilometer vom Erholungsgebiet am Hennesee entfernt. Er trägt den ICAO-Code EDKM, liegt auf 437 Metern über Mean Sea Level (MSL, mittlere Meereshöhe) und verfügt über eine asphaltierte Landebahn mit 900 Metern Länge und 30 Metern Breite.
Die HeliJet Charter GmbH gehört zur SILAG Handel AG und betreibt zur Zeit neben einem Flächenflugzeug drei S76 unterschiedlicher Versionen, davon eine in VIP-Version für einen Privaten. Im Auftrag der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) als zentraler geowissenschaftlicher Beratungseinrichtung der Bundesregierung mit Sitz in Hannover stellt sie vertraglich für mehrere Jahre den Flugbetrieb der S76-B, Kennung D-HBGR (SN 760320) sicher.
Nach Unfall in 2013 steht die S76-B D-HNDL nicht mehr zur Verfügung. Seit Frühjahr 2014 ist die S76-C+ D-HUGO (SN 760471, Baujahr 1997) im Einsatz. Damit verfügt HeliJet Charter zur Zeit mit der D-HULK über einen Hubschrauber mit Lasthaken und Außenwinde, der im Charter oft bei der HeliService international GmbH für Offshore-Aufgaben fliegt, aufgrund von Vorschriften jedoch in Kürze diese Aufgabe nicht mehr abdecken kann. Die beiden Hubschrauber mit Lasthaken flogen u.a. Bannerwerbung, wobei die D-HULK am 1. Mai 2011 einen vielbeachteten Weltrekord aufstellte.
Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn