Neuer Rettungshubschrauber im Sauerland?

2014-10-19-meschede2(Werner Wolfsfellner MedizinVerlag München)Für bun­des­wei­tes Aufsehen sor­gen zur Zeit Medienberichte über die beab­sich­tig­te Stationierung eines Rettungshubschraubers durch den Verein „Luftrettung Sauerland e.V.” dem Flugplatz Meschede im Sauerland (Nordrhein-Westfalen).

Medizinisches Personal aus der Region um Meschede hat den Verein gegrün­det, um die not­ärzt­li­che Versorgung im Hochsauerlandkreis (HSK) zu ver­bes­sern und Hilfsfristen zu ver­kür­zen. Insbesondere das nörd­li­che Sauerland lie­ge außer­halb der 50-Kilometer-Radien für Einsätze benach­bar­ter Luftrettungszentren. Der Standort soll auf dem Flugplatz Meschede-Schüren sein und 247 betrie­ben wer­den, um mit der vor­ge­se­he­nen flie­ge­ri­schen Besatzung von stän­dig zwei Piloten auch Flüge nachts und bei schlech­tem Wetter nach Instrumentenflugbedingungen (IFR) durch­füh­ren zu kön­nen, so die Verantwortlichen des Vereins. Damit könn­ten die lan­gen Anflugwege der nächst­ge­le­ge­nen und geeig­ne­ten Hubschrauber aus dem west­fä­li­schen Greven (Flughafen Münster/Osnabrück) oder aus Reichelsheim in Hessen erheb­lich ver­kürzt wer­den.

Logo LUFTRETTUNG SAUERLAND eV (3)-001Der Förderverein will nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens einen ver­füg­ba­ren Hubschrauber aus den USA kau­fen und setzt dabei wohl auf eine Sikorsky S76, zumal als Operator für den Flugbetrieb die Firma HeliJet Charter GmbH mit Firmensitz in Langenfeld vor­ge­se­hen ist. HeliJet Charter ver­fügt über umfang­rei­che Erfahrung im Betrieb die­ser Hubschrauber und fliegt seit die­sem Jahr vom Flugplatz Dortmund aus. Nach Medienberichten wur­de bereits ein gemein­nüt­zi­ges Unternehmen „Luftrettung Sauerland gGmbH” gegrün­det. 

Deutlich Position bezieht der Verein zum Stellenwert des Luftrettungsmittels:
„Wir wol­len kei­ne Konkurrenz zum boden­be­zo­ge­nen Rettungsdienst sein“, betont Markus Hennecke, einer der Initiatoren und selbst Rettungsassistent. „Es geht uns um eine sinn­vol­le Ergänzung.“ Weiterhin gehe es dar­um, Ressourcen zu scho­nen — bei einer Verlegungsfahrt in eine Spezialklinik zum Beispiel sei ein Notarzt zum Teil meh­re­re Stunden nicht in sei­nem Einsatzgebiet. Damit sei die Entlastung des boden­ge­bun­de­nen Rettungsdienstes ver­bun­den. 

Enge zeit­li­che Behandlungs-Fenster, die für das Überleben und die spä­te­re Lebensqualität von Notfallpatienten von enor­mer Bedeutung sind, sowie die zuneh­men­de Zentralisierung medi­zi­ni­scher Spezialkliniken set­zen für eine opti­ma­le Patientenversorgung jedoch ein schnel­les und effek­ti­ves arzt­ge­stütz­tes Rettungssystem vor­aus“, heißt es auf der Internetseite der Luftrettung Sauerland e.V. 

Nach den Veröffentlichungen sei der Antrag auf Genehmigung an das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen gestellt. In NRW ist jedoch das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter ori­gi­när für den Rettungsdienst und damit auch für die Luftrettung zustän­dig, wäh­rend luft­recht­li­che Angelegenheiten in den Aufgabenbereich des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr fal­len. Die maß­geb­li­chen Gespräche mit den Kostenträgern ste­hen noch aus. 

Der Verein bezeich­net den Hubschrauber selbst als „Rettungs- und Intensivtransporthubschrauber (ITH)”. Diese Bezeichnung ist bis­lang so noch nicht ein­ge­führt und taucht in Bestimmungen der Länder, Gremien und sons­ti­ger Festlegungen zur öffent­lich-recht­li­chen Luftrettung nicht auf. 

P1150858Vor dem Gang in die Öffentlichkeit wur­de das Projekt offen­sicht­lich schon auf dem Flugplatz Schüren vor­ge­stellt. Bilder fin­den sich auf der Homepage des Vereins. Sie zei­gen zum Teil einen Hubschrauber vom Typ S76 mit der nicht exis­ten­ten Registrierung D-HLRS (LuftRettung Sauer­land?) und äuße­rem Erscheinungsbild, das nicht der Realität ent­spricht. Es han­delt sich offen­sicht­lich sich um die S76 in der Version A++ mit der Kennung D-HULK (SN 760282), die frü­her in Schweden und den USA regis­triert war. 

Logo Bergwacht WinterbergIn der Internetpräsenz wer­den die ent­schei­den­den Aufgabenfelder prä­gnant beschrie­ben. Ein Merkmal ist der Einsatz einer Außenwinde zum Absetzen von Rettungskräften und zur Rettung Betroffener aus schwer zugäng­li­chen Lagen. Als Förderer des Vereins ist die Bergwacht Winterberg genannt. Sie ist die größ­te Bereitschaft der Bergwacht Sauerland und ist im Hochsauerlandkreis für Berg-, Pisten- und Loipenrettung zustän­dig. Sie wirkt bei Evakuierungen aus Sesselliften & Seilbahnen mit. Die Bereitschaft gehört im Deutschen Roten Kreuz, Landesverband Westfalen-Lippe e.V., zum DRK Kreisverband Brilon e.V. In ande­ren Bereichen Deutschlands ist die Berwacht maß­geb­lich in Rettungsdienstkonzepte mit Hubschraubern der Luftrettung, der Bundeswehr und der Polizeien bei beson­de­ren Lagen ins­be­son­de­re mit Winde und Bergetau fest ein­ge­bun­den. 

Meschede-Schüren_Flugplatz_Sauerland-Ost_407-001Der Flugplatz Meschede-Schüren des Betreibers „Flugplatzgesellschaft Meschede mbH” wur­de 1932 eröff­net. Er liegt in der Mittelgebirgslandschaft des Sauerlandes, sie­ben Kilometer süd­west­lich von Meschede und drei Kilometer vom Erholungsgebiet am Hennesee ent­fernt. Er trägt den ICAO-Code EDKM, liegt auf 437 Metern über Mean Sea Level (MSL, mitt­le­re Meereshöhe) und ver­fügt über eine asphal­tier­te Landebahn mit 900 Metern Länge und 30 Metern Breite. 

Die HeliJet Charter GmbH gehört zur SILAG Handel AG und betreibt zur Zeit neben einem Flächenflugzeug drei S76 unter­schied­li­cher Versionen, davon eine in VIP-Version für einen Privaten. Im Auftrag der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) als zen­tra­ler geo­wis­sen­schaft­li­cher Beratungseinrichtung der Bundesregierung mit Sitz in Hannover stellt sie ver­trag­lich für meh­re­re Jahre den Flugbetrieb der S76-B, Kennung D-HBGR (SN 760320) sicher. 

Nach Unfall in 2013 steht die S76-B D-HNDL nicht mehr zur Verfügung. Seit Frühjahr 2014 ist die S76-C+ D-HUGO (SN 760471, Baujahr 1997) im Einsatz. Damit ver­fügt HeliJet Charter zur Zeit mit der D-HULK über einen Hubschrauber mit Lasthaken und Außenwinde, der im Charter oft bei der HeliService inter­na­tio­nal GmbH für Offshore-Aufgaben fliegt, auf­grund von Vorschriften jedoch in Kürze die­se Aufgabe nicht mehr abde­cken kann. Die bei­den Hubschrauber mit Lasthaken flo­gen u.a. Bannerwerbung, wobei die D-HULK am 1. Mai 2011 einen viel­be­ach­te­ten Weltrekord auf­stell­te. 

Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn

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