40 Jahre ADAC Luftrettung in Friesland. Ein Grund, um dieses gebührend zu feiern. Deshalb lud die Luftrettungsstation am vergangenen Samstag bei herrlichstem Frühlingswetter zu einem Tag der offenen Tür auf dem Gelände des Christoph 26 am Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch ein. Viele große und kleine Luftrettungsfans kamen, um dem Jubilar zu gratulieren. Christoph 26 war während der Veranstaltung weiterhin in Bereitschaft und konnte jederzeit zu einem Einsatz gerufen werden. Deshalb wurde ein zweiter Hubschrauber gleichen Typs nach Sande transportiert, um den Besuchern einen Blick in den Hubschrauber zu ermöglichen, ohne den Rettungseinsatz zu stören.
Verschiedene Rettungsorganisationen, wie Deutsches Rotes Kreuz, Feuerwehr und Technisches Hilfswerk unterstützten die Veranstaltung mit ihren Fahrzeugen und Vorführungen, um den Besuchern ihre Arbeit näher zu bringen.
19 Ärzte des Nordwestkrankenhauses Sanderbusch und Bundeswehrkrankenhaus Westerstede, 7 Piloten und 3 Co-Piloten der ADAC Luftrettung gGmbH sowie 13 Rettungsassistenten sorgen für die medizinische Sicherheit in Friesland. Christoph 26 hat einen Einsatzradius vom 70 km. Zu seinem Einsatzgebiet gehören auch die Friesischen Inseln sowie die Hochseeinsel Helgoland. Und das Tag und Nacht. Die Station ist eine von 4 ADAC Luftrettungsstationen, die 24 Stunden besetzt ist. Die ADAC Luftrettung gGmbH betreibt in Deutschland 36 weitere Stationen.
In ihren Grußworten hoben die Innenministerin des Landes Niedersachen, Daniela Behrens, der Landrat Sven Ambrosy, der Bürgermeister von Sande Stephan Eiklenborg, Geschäftsführerin Friesland Kliniken Petra Hohmann, der Ärztliche Direktor des Bundeswehrkrankenhaus Westerstede, Oberstarzt Dr. Matthias Grune, der Vorsitzende des ADAC Weser-Ems e.V. Thomas Burkhardt sowie der Geschäftsführer der ADAC Luftrettung gGmbH Frédéric Bruder die Leistung der Crews und die hohe Kompetenz und die gute Zusammenarbeit zwischen der ADAC Luftrettung, dem Nordwest-Krankenhaus, den Rettungsdiensten und der Leitstelle hervor.
Seit dem 1. Februar 1983 stellt die ADAC Luftrettung gGmbH den Hubschrauber in Sande. Aber bereits seit 1979 kommt dort ein Hubschrauber zum Einsatz. Unter dem Rufnamen „Christopher Friesland“ startete zunächst ein Hubschrauber des Typs Sud Aviation SA316B, Alouette III (D-HFRD, SN 1365), welcher 1982 durch einen Bell 206L Long Ranger II (D-HEVE, SN 45494) ersetzt wurde.
Mit Übernahme durch die ADAC Luftrettung gGmbH kam ein Hubschrauber des Typs BO105 CBS Der Rufname des Hubschraubers ist seitdem „Christoph 26 Sanderbusch“. Aber bereits zwei Jahre später flog eine BK117 die oftmals lebensrettenden Einsätze. Dieses Hubschraubermuster flog in Sanderbusch bis 2016. Seitdem ist dort ein Rettungshubschrauber des Typs BK-117 D2, H145 stationiert. Dieser Hubschrauber verfügt über leistungsstarke Triebwerke, ein vollelektronisches Cockpit und eine Winde in Seekonfiguration, das heißt, die Winde befindet sich, im Gegensatz zu den anderen Windenhubschraubern der ADAC Luftrettung, auf der rechten Seite. Dies ermöglicht dem Piloten über Wasser einen Referenzpunkt besser zu bestimmen. Außerdem hat der Hubschrauber an den Kufen Auftriebskörper, sogenannte Floats, die den Hubschrauber bei einer Notwasserung über Wasser hält. Der ummantelte Heckrotor, der Fenestron, sorgt für eine höhere Sicherheit im Flug und am Einsatzort.
Der Einsatz der Winde wurde am Samstag bei einer Windenvorführung demonstriert. „Christoph 26“ ist neben Hamburg, Imsweiler, München, Murnau und Straubing eine von sechs Windenstationen der ADAC Luftrettung und bereits seit 2003 mit einer Rettungswinde ausgestattet. Damit können Menschen auch dort gerettet werden, wo ein Rettungswagen kaum hinkommt. Dazu zählen schwer zugängliche Bereiche wie Wasser, Watt, Wald, Industrieanlagen, Containerbrücken oder Kräne. Als Windenstation mit 24-Stunden-Betrieb und Night-Vision-Kompetenz zählt Sanderbusch damit auch zu eine der leistungsstärksten Stationen der ADAC Luftrettung. Deshalb wurde den Besuchern des Tages der offenen Tür den Besuchern gezeigt, wie eine Windenrettung abläuft.
Dafür flog der Hubschrauber die simulierte Unglücksstelle an. Der Windenoperator an der offenen Tür leitete den Piloten mit entsprechenden Anweisungen an, da dieser die Unglücksstelle selbst nicht sehen kann. Sobald der Hubschrauber die richtige Position erreicht hatte, konnte die medizinische Crew punktgenau am Seil herabgelassen werden. Während der „Patient“ notärztlich versorgt wurde, blieb der Hubschrauber in der Luft. Nachdem die Versorgung abgeschlossen war, wurde zunächst der „Patient“ in einer Trage gemeinsam mit dem Notarzt zurück an Bord des Hubschraubers gezogen und sicher verladen. Der TC HEMS wurde danach ebenfalls an Bord des Hubschraubers geholt und die Crew hätte den „Verletzten“ in ein geeignetes Krankenhaus transportieren können.
Windenrettung ist Höchstleistung für die Crews und erfordert eine eingespielte Teamarbeit. Jeder Handgriff muss sitzen und alle müssen sich aufeinander verlassen können. Damit die Crews gut auf die hochanspruchsvollen Windenrettungs-einsätze vorbereitet sind, trainieren die Luftretter zweimal im Jahr. Jedes Besatzungsmitglied ist dann bei mindestens einem Termin dabei.
Laut ADAC Luftrettung hat die Bedeutung von Windenrettungen auch 2022 weiter zugenommen. Die Windenstationen der ADAC Luftrettung verzeichnen seit 2019 einen kontinuierlichen Anstieg der Windeneinsätze. 2022 waren es 377 Windeneinsätze und damit rund drei Prozent mehr als im Jahr 2021. Um mit der Winde noch schneller beim Patienten zu sein, hat die ADAC Luftrettung 2022 als erste Organisation in Deutschland eine Winden-Sofortbereitschaft eingeführt. Dadurch können die Crews ohne Umrüstung der Kabine und Zwischenlandung direkt nach der Alarmierung zu Windeneinsätzen fliegen und haben so im Notfall bis zu zehn Minuten Zeitersparnis. Erstmals erfolgreich in der Praxis umgesetzt hatten die Luftretter das neue Konzept bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal.
Autoren:
Rolf Klukowski, Berlin
Werner Latten, Berlin