ADAC Luftrettung trai­niert Windenrettung in Friesland

Rettung aus Lebensgefahr in schwer erreich­ba­rem Gelände: Die gemein­nüt­zi­ge ADAC Luftrettung trai­niert vom 12. bis 23. April 2021 das Bergen mit der Rettungswinde im Raum Wangerland. Auf dem Programm des von der Luftrettungsstation Sanderbusch orga­ni­sier­ten Trainings ste­hen Einsatzszenarien auf offe­ner See, an der Einfahrt des Außenhafens Hooksiel, am Radarturm Hooksielplate und im Wald am Hooksmeer. Der in Sanderbusch sta­tio­nier­te ADAC Rettungshubschrauber „Christoph 26“ bleibt wäh­rend des zwölf­tä­gi­gen Trainings voll ein­satz­fä­hig. Die Flugmanöver wer­den mit einem zusätz­li­chen Helikopter geflo­gen.

Die Übungseinsätze fin­den unter der Woche von 9 bis 16 Uhr statt. In den ers­ten Tagen sind nur ver­ein­zel­te Trainingsflüge mit der 90 Meter lan­gen Rettungswinde für medi­zi­ni­sche Rettungskräfte in Ausbildung in der Nähe der Luftrettungsstation Sanderbusch geplant. Ab 16. April trai­nie­ren die ADAC Luftretter täg­lich ein­ge­teilt in zwei Teams bestehend aus Notarzt, Notfallsanitäter (Technical Crew Member Helicopter Emergency Medical Services, kurz TC HEMS) und Windenoperator (Technical Crew Member Helicopter Hoist Operator, TC HHO) vier ver­schie­de­ne Rettungswindeneinsätze. Ausgangspunkt ist der Außenhafen Hooksiel, wo mit Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes zwei Zelte für die Einsatzkräfte auf­ge­stellt wer­den.

Um bes­tens auf die hoch­an­spruchs­vol­len Windenrettungseinsätze vor­be­rei­tet zu sein, trai­nie­ren wir zwei­mal im Jahr. Jedes Besatzungsmitglied ist bei min­des­tens einem Termin dabei“, erklärt Stationspilot Johannes Faulstich, der das Programm koor­di­niert. „Wir dan­ken den Anwohnern schon jetzt für ihre Umsicht und ihr Verständnis und den regio­na­len Rettungsorganisationen für ihre kol­le­gia­le Unterstützung.“

Die ADAC Luftrettung weist aus­drück­lich dar­auf hin, dass es sich bei die­sem Training um kei­ne öffent­li­che Veranstaltung han­delt. Das Übungsgebiet soll­te daher weit­räu­mig gemie­den wer­den und Passanten einen Sicherheitsabstand von min­des­tens 50 Metern zum Hubschrauber und den Rettungskräften ein­hal­ten. Das Coronavirus erschwert auch die­ses Jahr die Trainingsbedingungen. Da der Infektionsschutz bei der ADAC Luftrettung aller­größ­te Priorität hat, fin­den die Einsätze unter strengs­ten Sicherheitsmaßnahmen statt. Dazu gehö­ren unter ande­rem täg­li­che Tests, Maskenpflicht und eine redu­zier­te Teilnehmerzahl.

Für die Windenrettung vom Schiff auf offe­ner See ist täg­lich min­des­tens ein Schiff der Wasserschutzpolizei Niedersachsen oder des Bundes vor Ort. Bei der Bergung mit Rettungswinde muss der Pilot exakt vom TC HHO ange­wie­sen wer­den, um den Hubschrauber so zu steu­ern, dass Notarzt und TC HEMS schnell „abge­wincht“, also mit der Winde zum Deck hin­un­ter­ge­las­sen wer­den kön­nen. Dort üben sie die Erstversorgung an einer Rettungspuppe und berei­ten das Aufwinchen und den Abtransport vor.

An der Einfahrt zum Außenhafen Hooksiel trai­nie­ren die Crews Windenrettungen von der schma­len, unebe­nen Mole. Diese Fertigkeiten benö­ti­gen sie etwa für die Rettung von ver­letz­ten Wattwanderern. Bergen aus unüber­sicht­li­chem Gelände steht im Wald am Hooksmeer auf dem Plan. Durch die dich­ten Baumkronen erken­nen die Retter kaum, wo sich der Verunglückte, bei­spiels­wei­se ein Waldarbeiter nach einem Arbeitsunfall, befin­det. Auch hier muss der TC HHO den Piloten exakt diri­gie­ren, damit die Windenbergung schnell und sicher erfol­gen kann. Am Radarturm Hooksielplate üben die Luftretter ein Winden-Bergemanöver wie an einem Hafenkran, auf dem sich ein Verletzter befin­det: Abwinchen, Anamnese, Erstversorgung, Aufwinchen und Abtransport.

Am letz­ten Tag steht für die TC HEMS und TC HHO das Übungsszenario Wasserrettung auf dem Programm. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) stellt frei­wil­li­ge Schwimmer, die abge­trie­be­ne Personen im Wasser mimen. Motorboote von der DLRG und dem Technischen Hilfswerk (THW) trans­por­tie­ren die Schwimmer und sichern vom Wasser aus, bis sie vom Luftretter an der Hubschrauberwinde aus dem Meer gebor­gen wer­den.

Die Luftrettungsstation am Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch wird seit 1983 von der gemein­nüt­zi­gen ADAC Luftrettung gelei­tet. 20 Notärzte vom Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch und dem Bundeswehrkrankenhaus Westerstede, sie­ben Piloten, drei Co-Piloten, zehn TC HEMS und drei TC HHO rücken von dort mit dem ADAC Rettungshubschrauber „Christoph 26“ aus. Als ein­zi­ge Station in der Region sind die Crews 24 Stunden am Tag ein­satz­be­reit. Dank spe­zi­el­ler Ausbildung und Nachtsichtgeräten, soge­nann­ten Night-Vision-Imaging-Systemen (NVIS), über­neh­men sie auch die sehr anspruchs­vol­len Rettungseinsätze in der Dunkelheit.

Christoph 26“ ist seit 2003 mit einer Rettungswinde aus­ge­stat­tet, um Menschen auch dort zu ret­ten, wo ein Rettungswagen schlecht hin­kommt. Dazu zäh­len Wasser, Watt, Wald, Industrieanlagen, Containerbrücken oder Kräne – also all­ge­mein schwer zugäng­li­ches Gelände. Insgesamt rück­ten die flie­gen­den Gelben Engel aus Sanderbusch im Jahr 2020 zu 1.269 Einsätzen aus. Diese erfolg­ten bei­spiels­wei­se in den Landkreisen Leer (155 Einsätze), Aurich (317), Wittmund (162) und Emden (11) sowie auf den Nordseeinseln Baltrum (31), Borkum (89), Juist (88), Norderney (101), Langeoog (91), Spiekeroog (38) und Wangerooge (125).

Am 29. Mai 2021 lädt die Station zu einem vir­tu­el­len Tag der offe­nen Tür ein. Bei die­sem bekom­men die Besucher fil­mi­sche Einblicke in den Stationsalltag, kön­nen zu einem Einsatz flie­gen und „Christoph 26“ sowie die Crew bes­ser ken­nen­ler­nen – mit pan­de­mie­si­che­rem Abstand und von jedem belie­bi­gen Ort aus. Um künf­tig eine noch bes­se­re Versorgungsqualität sicher­zu­stel­len, wird die ADAC Luftrettungsstation Sanderbusch dem­nächst umfas­send moder­ni­siert. Im Mai 2021 macht die Station Platz für die Bagger und zieht vor­über­ge­hend bis etwa Sommer 2022 auf den Flugplatz Mariensiel. Der Rettungsbetrieb läuft naht­los wei­ter.

Quelle: Pressemitteilung der ADAC Luftrettung vom 9. April 2021

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