Die Tonne brann­te wie­der

Wir haben ver­stan­den“, sag­te der dama­li­ge Innensenator Geisel (SPD) auf der Abschlussveranstaltung von „Berlin Brennt“ an der Feuertonne, an der Feuerwehrleute auf die Missstände bei der Berliner Feuerwehr auf­merk­sam mach­ten. Vier Jahre sind seit­dem ver­gan­gen, offen­bar hat die Politik es doch nicht ver­stan­den, denn aus Sicht vie­ler Feuerwehrleute hat sich nicht viel gebes­sert. Steigende Belastung im Feuerwehr-Dienst durch Personalmangel in Folge von Einsparungen sei der Grund. Hoher Krankenstand ver­schär­fe die Situation, so dass die Feuerwehr den gesetz­li­chen Verpflichtungen nicht mehr nach­kom­men könn­te.

Deshalb wur­de am 11. Dezember 2022 die Tonne wie­der vor dem Roten Rathaus ent­zün­det. Viele Feuerwehrleute sind dem Aufruf des Vereins Berlin Brennt e.V. gefolgt und sind zur bren­nen­den Tonne gekom­men, um ihren Forderungen Nachdruck zu ver­lei­hen. Unterstützt wur­den die Berliner von Kameradinnen und Kameraden aus der Berliner Umgebung. Die Forderungen sind immer noch die Gleichen wie vor vier Jahren. Reduzierung der Fehleinsätze, deut­li­che Erhöhung der Feuerwehr-Zulage, Regelbeförderung, Flexibler Dienstplan.

Fast täg­lich wird in Berlin der Ausnahmezustand Rettungsdienst aus­ge­ru­fen. Dies pas­siert, wenn 80% der Rettungswagen (RTW) nicht ver­füg­bar sind. Oftmals dau­ert es erheb­lich lan­ge, bis ein RTW zu den Patienten kommt. Das zeig­te am Vortag ein tra­gi­scher Unfall in Berlin Lankwitz, als ein Doppeldeckerbus der Berliner Verkehrsbetriebe zwei Jugendliche erfass­te und mit­schleif­te. Der ers­te RTW erreich­te erst nach 20 Minuten den Unfallort. Das ist dop­pelt so lan­ge, wie eigent­lich vor­ge­schrie­ben.

Thomas Kirstein, Sprecher der Berliner Feuerwehr, for­der­te am Sonntag von der Politik schnel­le Verbesserung im Rettungsdienst. Es feh­le an Kapazitäten, die Retter arbei­ten am Limit.

Um die Einsatzzeiten ein­zu­hal­ten, wer­den Löschfahrzeuge oder auch Drehleiter zu dem Einsatzort geschickt. Diese kön­nen aber kei­ne Patienten trans­por­tie­ren, son­dern nur eine Erstversorgung vor­neh­men. Brisant ist dies vor allem, wenn es sich um Herzinfarkte oder Schlaganfälle han­delt, bei denen jede Sekunde zählt. Außerdem feh­len dann die­se Fahrzeuge für den Brandschutz.

Koordiniert wer­den die Einsätze der RTW durch die Leitstelle der Berliner Feuerwehr mit Hilfe von SNAP. SNAP heißt „Standardisiertes Notruf-Abfrageprotokoll”. Mit die­sem Programm wer­den die RTW ein­ge­setzt. Der Disponent befragt den Anrufer und gibt die Antworten in das Programm ein. Am Ende wirft SNAP ein geeig­ne­tes Rettungsmittel aus. Oftmals fährt ein RTW zu einem Einsatz, obwohl die­ser nicht not­wen­dig gewe­sen wäre und auch von der kas­sen­ärzt­li­chen Vereinigung über­nom­men wer­den könn­te. Der RTW fehlt dann an ande­rer Stelle. Doch wird immer wie­der die 112 ange­ru­fen.

Auch die Berliner Rettungshubschrauber sind von die­ser Situation betrof­fen, da sie auch über die Leitstelle der Berliner Feuerwehr dis­po­niert wer­den. Oftmals wer­den die­se zu Einsätzen geru­fen und vor dem Eintreffen am Einsatzort abge­ru­fen und zur Station zurück­ge­schickt. Christoph 31 Berlin hat die höchs­te Fehleinsatzquote in Deutschland. Die Kosten für die­se Fehleinsätze trägt der Betreiber, in die­sem Fall also die ADAC Luftrettung gGmbH.

Die für die Feuerwehr zustän­di­gen Gewerkschaften distan­zier­ten sich von die­ser Aktion. Man sei mit der Politik in Verhandlung und wol­le die Gespräche nicht gefähr­den.

Einige Berliner Parteien nut­zen die­ses Thema für ihren Wahlkampf für die Abgeordnetenhaus-Wahl im Februar 2023. Bleibt abzu­war­ten, ob sich die­ses Mal etwas ändert oder ob es nur ein Wahlversprechen bleibt. Aber ver­mut­lich wird dies noch nicht die letz­te bren­nen­de Tonne gewe­sen sein.

Autor: Werner Latten, Berlin

Siehe auch:
#Berlin Brennt
Tag der offe­nen Tür bei der Berliner Feuerwehr
Berlin „brann­te” wie­der

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