Bayern: Neuer Rettungshubschrauber in Dinkelsbühl?

Joachim Herrmann
Bayerischer Stastsminister des Innern
© StMI

Die Entscheidung ist gefal­len: In Bayern wird vor­aus­sicht­lich ein wei­te­rer, dann 15. Standort mit einem Rettungshubschrauber (RTH) auf dem Flugplatz Dinkelsbühl-Sinbronn ein­ge­rich­tet. Dieses Ergebnis einer Besprechung am 31. Januar 2013 bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach macht schnell die Runde.

Luftaufnahme Flugplatz
Gunzenhausen-Reutberg (EDMH)
© Alois Laumer

An der Sitzung unter der Leitung von Innenminister Joachim Herrmann nah­men der Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern, Dr. Helmut Platzer, CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Georg Schmid, der Landrat des Landkreises Donau-Ries, Stefan Rößle und Vertreter der Landkreise Roth, Neustadt/Aisch, Dillingen und der Stadt Augsburg sowie der zustän­di­gen Zweckverbände für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung teil. Als grund­sätz­lich eben­falls geeig­net wird der Flugplatz Gunzenhausen-Reutberg (EDMH) gese­hen. Dieser Sonderlandeplatz ver­fügt über eine Bahn mit Hartbelag und ist für Motorflugzeuge bis 2.000 kg zuge­las­sen.

Da aber Dinkelsbühl zen­tra­ler in der zu ver­sor­gen­den Region lie­ge, wer­de es favo­ri­siert. Zudem erfas­se der für einen RTH übli­che und sinn­vol­le Einsatzradius dann auch mehr Bereiche in Baden-Württemberg, so dass zu erwar­ten­de Anforderungen von dort ein grö­ße­res Einsatzaufkommen und damit eine bes­se­re Wirtschaftlichkeit des Hubschraubers erwar­ten lie­ßen. Nach wie vor wird damit indi­rekt an dem zuvor geplan­ten gemein­sa­men und län­der­über­grei­fen­den Standort in Baden-Württemberg, jetzt aber auf baye­ri­schem Gebiet, fest­ge­hal­ten. Das Nachbarland hat­te jedoch kei­ner­lei Notwendigkeit für eine Umsetzung die­ses Vorhabens gese­hen. Dinkelsbühl liegt direkt an der Landesgrenze.

Rettungshubschrauber in Dinkelsbühl

Luftaufnahme von Dinkelsbühl
© Alois Laumer

Der geplan­te Standort lie­ge wesent­lich wei­ter im Norden, als die vor­he­ri­gen Forderungen (Bereich Donauwörth, Nördlingen) beinhal­te­ten. Damit ist eine Entzerrung der Einsatzbereiche in Bezug auf Augsburg gege­ben und wür­de das Einsatzaufkommen der umlie­gen­den RTH und damit deren Auslastung/Wirtschaftlichkeit weni­ger beein­träch­ti­gen. Gleichzeitig wür­de mit der Stationierung mit­ten im wei­ßen Fleck genau die­se Region bes­ser mit einem not­arzt­be­setz­ten Rettungsmittel ver­sorgt.

Insbesondere Georg Schmid, auch Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Schwaben, zeig­te sich sehr zufrie­den mit dem Verhandlungsergebnis und wer­te­te es als gro­ßen Erfolg für die Region in Nordschwaben und dem süd­li­chen Mittelfranken. Mit der Entscheidung für Dinkelsbühl wer­de nun­mehr die bestehen­de Versorgungslücke geschlos­sen. Noch vor zwei Jahren hat­te im Januar eine viel beach­te­te Demonstration in Nördlingen mit optisch mas­si­ver Beteiligung von über 100 „Blaulicht”-Fahrzeugen der Hilfs- und Hilfeleistungsorganisationen und Feuerwehren die Forderung nach Stationierung eines RTH in Donauwörth unter­stri­chen. Sogar eine EC135 eines pri­va­ten Hubschrauberbetreibers war damals mit ent­spre­chen­den Aufklebern ver­se­hen vor Ort, um dem Begehren Nachdruck zu ver­lei­hen.

In den aktu­el­len Verlautbarungen zur Entscheidung ist bis­lang kei­ne Aussage zur Krankenhauslandschaft ent­hal­ten, die gera­de bei der Festlegung für den Standort Augsburg mit der direk­ten und unmit­tel­ba­ren Anbindung an das dor­ti­ge Klinikum poli­tisch immer wie­der als wesent­li­ches Kriterium genannt wur­de.

Sollte eine ent­spre­chen­de Realisierung auf dem Flugplatz Sinbronn erfol­gen, müs­sen als Voraussetzung die ent­spre­chen­den Genehmigungen der zustän­di­gen Behörden zum Betrieb eines Luftrettungszentrums ein­ge­holt wer­den. Hier ist maß­geb­lich das Luftamt Nordbayern gefor­dert, das bei der Regierung Mittelfranken in Ansbach ange­sie­delt ist. Ebenso muss eine voll­kom­men neue Infrastruktur ein­schließ­lich Tankanlage mit nicht uner­heb­li­chen Kosten errich­tet wer­den. Als Erfahrungswert aus ande­ren Baumaßnahmen sind hier­für zumin­dest knapp über eine Million Euro anzu­set­zen. Im Vorfeld der Entscheidung dürf­ten umfang­rei­che Sondierungen mit allen Beteiligten statt­ge­fun­den haben, waren es doch gera­de die Kostenträger unter der Federführung der AOK, die lan­ge Zeit vehe­ment einen zusätz­li­chen RTH über die im INM-Gutachten auf­ge­zeig­ten Lösungen hin­aus vor­ran­gig aus wirt­schaft­li­chen Erwägungen abge­lehnt hat­ten, eben­so wie den Standort Augsburg mit den hohen Kosten für die zu errich­ten­de Infrastruktur. Auch befürch­te­ten die Kassen unmit­tel­ba­re Auswirkungen auf die Anzahl der Einsätze der ande­ren Luftrettungszentren mit damit ein­her­ge­hen­den Deckungsbeitragsverlusten und dar­aus resul­tie­ren­den Steigerungen bei den Flugminutenpreisen. Befürwortet wur­de des­we­gen als Standort der Flugplatz Genderkingen (EDMQ) bei Donauwörth.

Rettungshubschrauber in Dinkelsbühl

Sonderlandeplatz Sinbronn
© Alois Laumer

… Bei der Stationierung eines zusätz­li­chen Luftrettungsmittels am Klinikum Augsburg käme es zu einer Mehrfachüberdeckung der Augsburger Region. Andererseits lägen die Regionen des süd­west­li­chen Landkreises Ansbach sowie des nord­west­li­chen Landkreises Donau-Ries wei­ter­hin außer­halb des Einsatzradius… Eine Entscheidung für den Standort Augsburg zu tref­fen, ohne kon­kret zu wis­sen, wie die Versorgung in der Region nord­west­li­ches Schwaben/südwestliches Mittelfranken sicher­ge­stellt wer­den kann, wider­spricht aus unse­rer Sicht per se dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach Artikel 16 Abs. 1 Satz 2 BayRDG… Wir möch­ten daher an die­ser Stelle aus­drück­lich dar­auf hin­wei­sen, dass die ein­fa­che Festlegung auf einen zusätz­li­chen Standort (neben Augsburg) in der Region Donauwörth kei­ne befrie­di­gen­de Lösung sein kann und auch von uns nicht zu akzep­tie­ren wäre… Wir erach­ten eine Entscheidung für not­wen­dig, die auch der Versorgungssituation in der Region nord­west­li­ches Schwaben / süd­west­li­ches Mittelfranken unter sach­li­chen und wirt­schaft­li­chen Gesichtspunkten Rechnung trägt…”

Schon für heu­te ist ein Gespräch mit der für die Finanzierung zustän­di­gen Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen in Bayern anbe­raumt. Seitens der Politiker wer­den Aussagen des Vorstandsvorsitzenden der AOK Bayern, Dr. Helmut Platzer, als posi­ti­ves Signal gewer­tet. Er sieht einer­seits die zusätz­li­chen Kosten wei­ter­hin unter dem Gesichtpunkt der sich stark über­lap­pen­den Einsatzbereiche vor­han­de­ner Hubschrauber, erkennt ande­rer­seits den Wunsch der Bevölkerung nach Verbesserung der ret­tungs­dienst­li­chen Versorgung an. Bei der Ortswahl dürf­te auch das Thema Lärmbelästigung eine Rolle gespielt haben. Die Absicht nach schnel­ler Umsetzung der Planungen lässt aus der ange­kün­dig­ten abschlie­ßen­den Standortentscheidung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern able­sen, die unmit­tel­bar nach der jetzt noch fol­gen­den förm­li­chen Anhörung der bei­den Zweckverbände und der Kostenträger bekannt gege­ben wer­den soll.

Einsatzradius des Standortes Dinkelsbühl
© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA

Der Sonderlandeplatz Sinbronn (EDND) liegt etwa 5 Kilometer im Osten von Dinkelsbühl. Die Große Kreisstadt im Südwesten des Landkreises Ansbach ist mit etwa 12.000 Einwohnern bekannt durch ihren male­ri­schen Stadtkern mit viel ori­gi­na­ler Bausubstanz aus dem Mittelalter. Der Platz ver­fügt über eine 700 Meter lan­ge Graspiste. Nürnberg ist etwa 80 Kilometer ent­fernt, der Bereich Donau-Ries ist in weni­gen Flugminuten erreich­bar. Er wird vom Aeroclub Dinkelsbühl e. V. als PPR-Platz ohne Landegebühren (!) betrie­ben, ist aber an Wochenenden in Abhängigkeit vom Wetter oft geöff­net. Am Platz wer­den Motor- und Segelflug sowie Fallschirmspringen betrie­ben.

Rettungshubschrauber in Dinkelsbühl

Sonderlandeplatz Sinbronn
© Alois Laumer

Abzuwarten bleibt die zeit­li­che Umsetzung der Maßnahme. Ein jah­re­lan­ges Tauziehen mit sinn­vol­len Ausgangsgedanken, einer gut­ach­ter­li­chen Analyse als Grundlage, nicht immer glück­li­chen, nach­voll­zieh­ba­ren und wider­sprüch­li­chen Aussagen, Handeln und Entscheiden ins­be­son­de­re poli­ti­scher Akteure scheint sei­nen Abschluss gefun­den zu haben. Letztlich pro­fi­tie­ren alle davon, sei­en es die han­deln­den Personen aller Ebenen, Verwaltungen, Zweckverbände, Kostenträger und auch (zukünf­ti­ge) Betreiber der Luftrettung. Nicht zuletzt aber steht die Verbesserung der ret­tungs­dienst­li­chen Versorgung der Bevölkerung im Vordergrund, die eigent­lich immer Kernpunkt war.

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Artikel: U. Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn

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