30 Jahre „Christoph 49“ und 20 Jahre DRF Luftrettung in Bad Saarow

Still und lei­se voll­zo­gen sich kürz­lich gleich zwei Jubiläen in Bad Saarow. Zum einen wur­de die Station, die ihren Dienst am 01.06.1990 auf­nahm, 30 Jahre alt und zum ande­ren über­nahm die DRF Luftrettung vor 20 Jahren am 15.05.2000 die Station von der Bundeswehr. Zwei Jubiläen, die auf­grund der Corona-Pandemie lei­der nicht gefei­ert wer­den konn­ten und daher nach­träg­lich noch mit dem nach­fol­gen­den Bericht gewür­digt wer­den sol­len.

Die vor 30 Jahren in der unmit­tel­ba­ren Nähe des Scharmützelsees gegrün­de­te Station befin­det sich am heu­ti­gen Helios Klinikum in Bad Saarow. Über 1.300-mal im Jahr star­tet die Besatzung der Rettungshubschrauberstation zu ihren lebens­ret­ten­den Einsätzen. Häufigste Alarmierungsgründe sind dabei mit einem Anteil von einem guten Drittel lebens­be­droh­li­che Herz-Kreislauferkrankungen oder Schlaganfall. Aber auch zu Unfällen im Straßenverkehr, im häus­li­chen Umfeld oder am Arbeitsplatz wer­den die Luftretter häu­fig alar­miert. Denn: Im Notfall zählt jede Minute, bei schwe­ren Erkrankungen oder Verletzungen tickt die Uhr. Schnellstmögliche not­ärzt­li­che Hilfe und ein umge­hen­der und scho­nen­der Transport in eine Klinik, in der die Patienten opti­mal ver­sorgt wer­den kön­nen, ret­ten Leben und ver­bes­sern die Genesungschancen. Der Hubschrauber stellt seit vie­len Jahren einen unver­zicht­ba­ren Baustein in der Notfallversorgung in der Region dar. Deutlich wird dies auch in der guten Zusammenarbeit mit den Partnern vor Ort, so die Station: „Wir wis­sen, dass wir uns auf unse­re Kolleginnen und Kollegen hier im Helios-Klinikum, bei den boden­ge­bun­de­nen Rettungsdiensten, den Feuerwehren oder auch der Polizei ver­las­sen kön­nen. Ihnen allen ein herz­li­ches Dankeschön für die jah­re­lan­ge Arbeit Hand in Hand für die Menschen hier in Brandenburg.“

Ein Blick zurück
Die Geschichte der Luftrettung begann in Bad Saarow kurz nach der poli­ti­schen Wende noch in der DDR. Am 18. März 1990 beschlos­sen der Gesundheitsminister Jürgen Kleditzsch und der Verteidigungsminister Rainer Eppelmann eine erst­ma­li­ge flä­chen­de­cken­de Einführung von Hubschraubern in den Rettungsdienst. Bad Saarow wur­de zu einem der zehn Standorte bestimmt.

Ab 1. Juni 1990 wur­de die Station am heu­ti­gen Standort gegrün­det und der ers­te Rettungshubschrauber vor Ort sta­tio­niert. Dabei stell­te die NVA die Einsatzmaschinen und das flie­ge­risch-tech­ni­sche Personal, wäh­rend die SMH (Schnelle Medizinische Hilfe) für das medi­zi­ni­sche Personal und die medi­zi­ni­sche Ausrüstung ver­ant­wort­lich war. Ein spe­zi­ell umge­bau­ter NVA-Hubschrauber vom Typ Mil Mi 8-S kam zum Einsatz und konn­te bis zu drei Patienten trans­por­tie­ren. „Der Hubschrauber brach­te damals wie heu­te einen Zeitgewinn, wenn spe­zi­el­les, not­fall­me­di­zi­nisch erfah­re­nes Personal rasch zum Notfallort gelan­gen soll. Alle Orte im Umkreis von 50 Kilometern rund um Bad Saarow wur­den nach maxi­mal 15 Minuten erreicht”, so der dama­li­ge Chefarzt der Rettungsstelle, Dr. Siegfried Lederer. Der heu­te 75-Jährige war vie­le Jahre feder­füh­rend im Aufbau der Zentralen Notaufnahme, der Landesrettungsschule und der Hubschrauber-Station in Bad Saarow. Rund 7.500 Einsätze hat Siegfried Lederer im Hubschrauber selbst absol­viert. Bei dem in den Anfängen zeit­wei­se in Bad Saarow ein­ge­setz­ten Hubschrauber han­del­te es um einen zum RTH umfunk­tio­nier­ten und bis dahin luxu­ri­ös aus­ge­stat­te­ten Salonhubschrauber vom Muster Mil Mi-8S des ehe­ma­li­gen Staatsrats- und SED-Vorsitzenden Erich Honecker. Die Mi 8-S blieb jedoch nicht lan­ge am Standort. Der dama­li­ge Innenminister Peter-Michael Diestel zog den Hubschrauber Mitte August wie­der ab und er wur­de wie­der „Salon-Hubschrauber“.

Geflogen wur­de von der NVA aber auch mit Hubschraubern des Typs Mil Mi-2. Die NVA-Rettungshubschrauber waren weit­hin sicht­bar mit blau­er Aufschrift SMH auf oran­gem Untergrund für „Schnelle Medizinische Hilfe“ ver­se­hen.

Im Oktober 1990 über­nahm die Bundeswehr dann den Betrieb von der NVA. Das Kürzel SMH änder­te sich in die­sem Zusammenhang zu SAR (Such- und Rettungsdienst — engl. Search and Rescue). Der Rufname des Bad Saarowers Rettungshubschrauber wur­de mit der Umstellung dann „SAR 96“. Mit der Übernahme des Flugrettungsdienstes durch die Bundesluftwaffe wur­de nun­mehr am SAR-Rettungszentrum auch die Bell UH-1D als Hubschrauber ein­ge­setzt.

Mit der Bell UH-1D kam nun ein leich­ter Mehrzweckhubschrauber zum Einsatz, der von 1971 bis 2006 im akti­ven Dienst der deut­schen Luftrettung ein­ge­setzt war. Sie gehört damit auch bis heu­te zu den ältes­ten Hubschraubertypen in der bun­des­deut­schen Luftrettung. Besetzt waren die Rettungshubschrauber an den Rettungszentren mit einem Hubschrauberführer, einem Bordtechniker (BT, Bordmechanikermeister, zugleich Winch-Operator), dem Luftrettungsmeister (Rettungsassistent / Notfallsanitäter) sowie einem Notarzt. Mit der Abgabe des letz­ten Rettungszentrums in Neustrelitz am 01.07.2006 ende­te die Zeit der Bell UH-1D in der öffent­lich-recht­li­chen Luftrettung in Deutschland. Sie ist seit dem nur noch im Rahmen des ICAO-SAR-Dienstes der Bundeswehr im Einsatz.

Am 15. Mai 2000 über­nahm schließ­lich die DRF Luftrettung mit „Christoph 49” den Betrieb von der Bundeswehr. Nachdem die DRF Luftrettung vie­le Jahre einen Hubschrauber des Typs BK 117 als „Christoph 49“ ein­ge­setzt hat­te, erfolg­te im Januar 2010 der Wechsel auf eine moder­ne EC135. Ein Jahr zuvor, 2009, war bereits das neue Personaldienstgebäude ein­ge­weiht wor­den. Disponiert wur­den die Einsätze zunächst über die Leitstelle in Fürstenwalde und dann bis Juni 2006 durch die Leitstelle Oder-Spree. Seit 2006 ist die Leitstelle Oderland in Frankfurt/Oder zustän­dig. Bad Saarow war damit auch ein Standort, der als einer der letz­ten Rettungszentren von der Bundeswehr zur DRF wech­sel­te.

Besondere Schirmherrschaft durch Sigmund Jähn
Er war der ers­te Deutsche im All, Wegbereiter und Volksheld der DDR: Sigmund Jähn. Im August 2018 über­nahm der damals 81-jäh­ri­ge Raumfahrer die Schirmherrschaft für die dor­ti­ge Station der DRF Luftrettung. Im Frühjahr 2018 hat­te der Kosmonaut, der 1978 als ers­ter Deutscher in den Weltraum geflo­gen war, die Station besucht und sich über die lebens­ret­ten­de Arbeit der Besatzungen infor­miert. Mit der DRF Luftrettung ver­band den Raumfahrer eini­ges: Sein Wohnort lag im Einsatzgebiet von Christoph 49 in Bad Saarow, er sah die rot-wei­ßen Lebensretter häu­fig von sei­nem Garten aus. Und, bei einem Besuch an der Station sag­te er, er sei „mit der Fliegerei ver­wach­sen“. Leider soll­te die Schirmherrschaft, auf die die Station sehr stolz war, nur kurz dau­ern. Er ver­starb nur ein Jahr spä­ter im September 2019.

Schnelle Retter in der Region
Notfallorte in einem Umkreis von 60 Kilometern erreicht der Hubschrauber inner­halb von 15 Flugminuten. An Bord befin­den sich ein Pilot, ein/eine Notarzt/Notärztin und ein/eine Notfallsanitäter/in. „Christoph 49” wird haupt­säch­lich in der Notfallrettung ein­ge­setzt: In über 95 Prozent aller Alarmierungen dient er als schnel­ler Notarztzubringer und für den scho­nen­den Transport der Patienten in eine Klinik. Das Einsatzgebiet umfasst die Landkreise Oder-Spree, Dahme-Spreewald, Teltow-Fläming, Oderland, Barnim, Frankfurt/Oder und Spree-Neiße. Über die Notfallrettung hin­aus führt er auch drin­gen­de Transporte von Intensivpatienten durch. „Christoph 49“ ist von 7.00 Uhr mor­gens bis Sonnenuntergang ein­satz­be­reit.

Copterweb.de wünscht Christoph 49 in Bad Saarow alles Gute zum 30-jäh­ri­gen Bestehen und wei­ter­hin stets erfolg­rei­che und siche­re Einsätze.

Autor: Rolf Klukowski, Berlin, unter Berücksichtigung ver­schie­de­ner Pressemeldungen der DRF Luftrettung

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