Perspektiven und Jahresbilanz der DRF Luftrettung: Ressourcen bes­ser nut­zen – Patienten opti­mal ver­sor­gen

Anlässlich ihrer Jahresbilanz nimmt die DRF Luftrettung das gesam­te System der Notfallrettung in den Blick. Bereits heu­te könn­ten mit gerin­gem finan­zi­el­lem Mehraufwand die vor­han­de­nen Ressourcen in der Notfallrettung im Sinne der Patienten bes­ser genutzt wer­den. Dazu gehört unter ande­rem die zügi­ge Ausweitung der Randzeiten- und 24-Stunden-Bereitschaft, um die Versorgungsqualität wei­ter zu ver­bes­sern und an das sozia­le Leben anzu­pas­sen. Die Hubschrauber und Flugzeuge der DRF Luftrettung wur­den 2023 zu ins­ge­samt 36.413 Einsätzen alar­miert. Häufigste Alarmierungsgründe waren inter­nis­ti­sche Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt sowie Unfälle im Straßenverkehr, bei der Arbeit oder bei Freizeitaktivitäten.

Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­den die Hubschrauber der DRF Luftrettung zu 28.191 Notfalleinsätzen sowie 7.857 Intensivtransporten alar­miert. Die Crews der bei­den Ambulanzflugzeuge führ­ten 365 Rückholungen durch. Die Learjet-Besatzungen flo­gen dabei 34 Länder an und leg­ten eine Strecke von ins­ge­samt 1.125.236 Kilometern zurück.

Hauptalarmierungsgründe: Herzinfarkt, Schlaganfall und Unfälle
An den Hubschrauberstationen in Deutschland zeigt sich bei Notfalleinsätzen ein weit­ge­hend ver­gleich­ba­res Bild zu den Vorjahren: Am häu­figs­ten wur­den die Besatzungen zu Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall geru­fen sowie zu Unfällen und Stürzen. Die mit einer Rettungswinde aus­ge­rüs­te­ten vier Stationen setz­ten die­se 131-mal ein, um Patienten auch in schwer zugäng­li­chem Gelände schnell not­ärzt­lich zu ver­sor­gen und aus­zu­flie­gen. „Unsere Mitarbeitenden, vom Notarzt über Notfallsanitäter und Techniker bis zu den Mitarbeitenden in der Einsatzzentrale und der Verwaltung haben auch 2023 wie­der ein groß­ar­ti­ges Engagement weit über das nor­ma­le Maß hin­aus gezeigt“, erläu­tert Dr. Krystian Pracz, Vorstandsvorsitzender der DRF Luftrettung.

Dringender Reformbedarf: Versorgungssicherheit der Patienten ver­bes­sern
Im Vordergrund steht für die DRF Luftrettung der­zeit die zukünf­ti­ge Versorgungssicherheit der Patienten, die drin­gen­de not­fall­me­di­zi­ni­sche Betreuung benö­ti­gen. Denn die Veränderungen der medi­zi­ni­schen Landschaft durch die Schließung von Fachabteilungen und Krankenhäusern, durch feh­len­des medi­zi­ni­sches Fachpersonal und durch weni­ger Ärzte und Ärztinnen im länd­li­chen Raum führt zu einer schlech­te­ren Versorgung der Patienten. Dr. Krystian Pracz: „Die Aufgabe aller Rettungsdienste ist es, Menschen in gesund­heit­lich bedroh­li­chen Situationen mög­lichst schnell zu hel­fen – und das Tag wie Nacht. Besonders bei schwe­ren Erkrankungen oder Verletzungen tickt die Uhr, die gesund­heit­li­che Situation der Betroffenen ver­schlech­tert sich mit jeder Minute mehr, die wir vom Eintreten des Notfalls bis zur Versorgung im Krankenhaus benö­ti­gen. Das bedeu­tet auch mehr gesund­heit­li­che Schäden, län­ge­re Krankenhauszeiten, län­ge­re oder gar kei­ne Genesung. Der per­sön­li­che Schaden für die betrof­fe­nen Menschen und der wirt­schaft­li­che Schaden für die Gesellschaft sind enorm. Deshalb müs­sen wir jetzt schnell und beherzt die rich­ti­gen Schritte gehen.“

Die DRF Luftrettung schlägt des­halb eine Reihe von kurz­fris­tig umsetz­ba­ren Maßnahmen mit hohem Wirkungsgrad vor:

  • Verbesserte Koordinierung: Eine gute Notfallrettung funk­tio­niert nur im Team. Es muss sicher­ge­stellt wer­den, dass die jeweils pas­sen­den Rettungskräfte zum Einsatzort geru­fen wer­den. Falsche Zuordnungen redu­zie­ren die Kapazitäten für ande­re Patienten und pro­du­zie­ren unnö­ti­ge Kosten. Die Rettungsleitstellen benö­ti­gen hier prä­zi­se­re Informationen und mehr Unterstützung. Zudem sind ein­heit­li­che Dispositionsregeln und die Stärkung der Disponenten erfor­der­lich.
  • Patientenströme len­ken: Patienten müs­sen durch geziel­te Information zu den Wahlmöglichkeiten zwi­schen den Rufnummern 116 117 (Patientenservice, der bei Bedarf den ärzt­li­chen Bereitschaftsdienst ein­bin­det) und 112 (Rettungsdienst für aku­te und lebens­be­droh­li­che Notfälle) befä­higt wer­den, die für sie pas­sen­de Rufnummer zu wäh­len. Einsatzkräfte kön­nen auf die­se Weise prä­zi­ser ein­ge­setzt wer­den. Eine natio­na­le Kommunikationskampagne, die alle Rettungsdienste ein­be­zieht, ist zu emp­feh­len.
  • Gesamthafte Betrachtung des Systems Notfallrettung: Die not­fall­me­di­zi­ni­sche Versorgung von Menschen muss als Gemeinschaftsleistung betrach­tet wer­den, bei der alle Beteiligten Hand in Hand arbei­ten: Ersthelfer, Notrufleitstellen, nie­der­ge­las­se­ne Ärzte, medi­zi­ni­sche Versorgungszentren, boden­ge­bun­de­ner Rettungsdienst, Luftrettung, Krankenhäuser, aber auch die Träger und Kostenträger. Eine bes­se­re Verzahnung ist hier gebo­ten, idea­ler­wei­se bereits früh­zei­tig in der Planung.
  • Konsequente Umsetzung der „Next-Best“-Strategie: Sowohl das schnells­te Rettungsmittel vor Ort ist in vie­len Fällen ent­schei­dend, als auch dass Patienten etwa mit Herzinfarkt oder Schlaganfall schnellst­mög­lich nach Notrufeingang in einer für die Erkrankung am bes­ten geeig­ne­ten Klinik ver­sorgt wer­den. Das erfor­dert ande­re Entscheidungswege in den Rettungsleitstellen. „Wertvolle Minuten ver­strei­chen bei­spiels­wei­se, wenn der Hubschrauber erst nach Eintreffen eines boden­ge­bun­de­nen Notarztes für den Transport in eine Spezialklinik nach­alar­miert wird“, erklärt Dr. Krystian Pracz.
  • Reduzierung der Prähospitalzeit: Möglichst schnel­ler und scho­nen­der Transport schwer erkrank­ter oder ver­letz­ter Patienten in ein zur Indikation pas­sen­des Krankenhaus, um nach der prähos­pi­ta­len Notfallversorgung so schnell wie mög­lich mit der opti­ma­len Diagnostik und Versorgung zu begin­nen.
  • Point in Space (PinS): Das etwa in Dänemark und Norwegen längst bewähr­te PinS-Verfahren ermög­licht siche­re Flüge bei schlech­ter Sicht. Auch in der Schweiz wer­den im Rahmen des Low Flight Network PinS genutzt. Hierfür wer­den über dem Start- und mög­li­chen Landeorten satel­li­ten­ge­stütz­te An- und Abflugverfahren und damit hin­der­nis­freie Flugwege defi­niert. Die DRF Luftrettung for­dert, PinS kurz­fris­tig vor­an zu trei­ben und zu geneh­mi­gen, damit das Verfahren in das Luftfahrt-Handbuch auf­ge­nom­men wird. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) soll dann für Anflüge ver­ant­wort­lich sein – alle Organisationen der Luftrettung könn­ten die­ses Verfahren damit nut­zen und so die Versorgungsqualität erhö­hen.
  • Ausweitung des Randzeiten- und 24-Stunden-Betriebs von Luftrettungsstationen: In der Nacht ist die medi­zi­ni­sche Notfallversorgung in Deutschland nicht wie in den Tagstunden flä­chen­de­ckend gewähr­leis­tet. Dr. Krystian Pracz: „Das Gesundheitssystem muss den Anspruch erfül­len, eine über den gesam­ten Tagesverlauf gleich­blei­ben­de opti­ma­le Versorgung zu gewähr­leis­ten. Die siche­re und pro­fes­sio­nel­le Luftrettung auch in der Dunkelheit leis­tet dabei schon heu­te einen unver­zicht­ba­ren Beitrag. Die Versorgungssicherheit soll­te durch die Umstellung wei­te­rer Stationen auf eine Randzeiten- und 24-Stunden-Dienstbereitschaft aus­ge­baut wer­den, mit der sich die Luftrettung an das sozia­le Leben anpasst.“
  • Ausweitung des Einsatzes von Hubschraubern mit Winde: Mit dem Einsatz von Winden steigt die Flexibilität medi­zi­ni­scher Einsätze in schwer zugäng­li­chen Gebieten – dazu gehö­ren Wälder und Berge, aber auch Industriegelände und der Einsatz an der Küste und bei Flutkatastrophen.

Die struk­tu­rel­len Veränderungen im Gesundheitswesen stel­len die Rettungsdienste vor ganz neue Herausforderungen. Dr. Krystian Pracz: „Wir müs­sen, wir wol­len und wir kön­nen die Versorgungsqualität ver­bes­sern, indem wir mit gerin­gem finan­zi­el­lem Aufwand in einem ers­ten Schritt die vor­han­de­nen Ressourcen bes­ser nut­zen – sowohl tech­nisch als auch im Hinblick auf das vor­han­de­ne Personal. Denn auch in der Gesamtbetrachtung unse­res Systems gilt: Jeder Moment zählt! Das gilt für die kon­kre­te Notfallsituation. Und das gilt auch für die drin­gend not­wen­di­gen Veränderungen im Rettungsdienst. Wir müs­sen jetzt die büro­kra­ti­schen Hindernisse abbau­en und ganz­heit­lich den­ken und han­deln, um die best­mög­li­che medi­zi­ni­sche Versorgung sicher­zu­stel­len.“

Quelle: Presseinformation der DRF-Luftrettung vom 7. Februar 2024

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