Pilotenmangel in Deutschland: ADAC Luftrettung koope­riert mit Flugschule in den USA

Die ADAC Luftrettung geht auf­grund des sich in Deutschland abzeich­nen­den Fachkräftemangels im Rettungsdienst neue Wege bei der Rekrutierung von Rettungshubschrauberpiloten. Das gemein­nüt­zi­ge Unternehmen mit Sitz in München koope­riert ab sofort mit einer der größ­ten US-ame­ri­ka­ni­schen Flugschulen, der Hillsboro Aero Academy (HAA) in Portland/Oregon. Ziel der Zusammenarbeit ist es, jun­ge Menschen für die „Rettungsfliegerei“ zu begeis­tern und geeig­ne­ten Bewerbern nach einer fun­dier­ten Ausbildung in den USA einen Cockpitarbeitsplatz in Deutschland anzu­bie­ten. Einen ent­spre­chen­den Vertrag für die stra­te­gi­sche Partnerschaft besie­geln Frédéric Bruder, Geschäftsführer der ADAC Luftrettung, und Natalia Cimpean, Chief Operations Officer HAA, auf der Heli-Expo, der welt­größ­ten Helikoptermesse in Los Angeles.

Das eigens ent­wi­ckel­te neue ADAC Luftrettungs-Ausbildungsprogramm, zu dem es im März und April bereits ers­te Informationsveranstaltungen in München, Bonn und Friedrichshafen gibt, rich­tet sich in ers­ter Linie an Bewerber aus dem deutsch­spra­chi­gen Raum. Und zwar sowohl an Interessenten ohne Flugerfahrung als auch an Piloten, die sich bereits in der Ausbildung befin­den oder sie schon abge­schlos­sen haben. Die Berufspilotenausbildung inklu­si­ve Fluglehrerlizenz für den Hubschrauber dau­ert an der HAA zwölf bis 15 Monate. Verbunden damit ist eine Visa-Erteilung, die den Piloten im Anschluss an ihre Ausbildung eine bis zu zwei­jäh­ri­ge Arbeitserlaubnis in den USA ermög­licht, um die für die­sen Beruf so wich­ti­ge Flugerfahrung zu sam­meln. Sie ist Voraussetzung, um spä­ter in Deutschland eine Anstellung als Pilot zu fin­den.

Während der ins­ge­samt rund drei­jäh­ri­gen Ausbildungszeit wer­den die Flugschüler künf­tig eng von Mentoren der ADAC Luftrettung beglei­tet und auf die Arbeit als Rettungshubschrauberpilot vor­be­rei­tet. Zudem wer­den beson­ders auf den Luftrettungsdienst zuge­schnit­te­ne Praxiselemente in die Ausbildung inte­griert. Im Durchschnitt keh­ren die Absolventen der HAA mit 1000 bis 1200 Flugstunden im Logbuch in ihre Heimat zurück – eine gute Basis für den Berufseinstieg. Wer für die ADAC Luftrettung flie­gen möch­te, muss 1000 Flugstunden absol­viert haben, min­des­tens 500 davon im Rettungsdienst oder einer ver­gleich­ba­ren Tätigkeit.

Die Kooperation mit der HAA ist ein wei­te­rer Baustein bei der Personalgewinnung, mit dem wir unse­re Nachwuchsrekrutierung auf ein inno­va­ti­ves und zukunfts­fä­hi­ges Fundament stel­len. So kön­nen wir früh­zei­tig Engpässe bei der Besetzung von neu­en oder frei­wer­den­den Stellen ver­mei­den und die not­fall­me­di­zi­ni­sche Versorgung der Bevölkerung aus der Luft auch in Zukunft garan­tie­ren“, sagt Frédéric Bruder. “Wir sind sicher, dass wir mit die­sem Programm eine wei­te­re deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Erfolgsgeschichte schrei­ben“, erklärt Natalia Cimpean.

Für die Betreiber von Luftrettungsstationen in Deutschland wird es immer schwie­ri­ger, geeig­ne­te und aus­rei­chend qua­li­fi­zier­te Piloten für das Cockpit eines Rettungshubschraubers zu gewin­nen. Hintergrund des dro­hen­den Fachkräftemangels ist, dass die Bundeswehr auf­grund von Umstrukturierungen deut­lich weni­ger Helikopterpiloten aus­bil­det als frü­her – womit auch der Nachwuchs für Rettungshubschrauber fehlt. Allein in den nächs­ten zehn Jahren rech­net die ADAC Luftrettung mit 100 bis 200 zu beset­zen­den Stellen. Die Zahl ist so hoch, weil die euro­päi­sche Luftfahrtaufsicht EASA die maxi­ma­le Dienstzeit pro Tag wei­ter redu­zie­ren möch­te und Einsatzbeschränkungen für älte­re Piloten dro­hen. Zudem nimmt die Zahl der Stationen mit erwei­ter­ten Einsatzzeiten bis in die Abend- und Nachtstunden zu. Auch weil die medi­zi­ni­sche Versorgung im länd­li­chen Raum in vie­len Regionen immer schwie­ri­ger wird.

Eine zusätz­li­che Einstiegshürde in den Beruf sind neben den hohen euro­päi­schen Voraussetzungen für den Einsatz als Pilot in den HEMS (Helicopter Emergency Medical Services) die hohen Kosten der Ausbildung. In Deutschland liegt sie im sechs­stel­li­gen Bereich, in den USA durch­schnitt­lich bei 83.000 US-Dollar. Daher muss laut ADAC Luftrettung auch über neue Möglichkeiten der Finanzierung, etwa in Form von Darlehen, nach­ge­dacht wer­den.

Die ADAC Luftrettung, die in die­sem Jahr ihr 50-jäh­ri­ges Jubiläum fei­ert, gehört mit mehr als 50 Rettungshubschraubern und 37 Stationen zu den größ­ten Luftrettungsorganisationen Europas. Für die Organisation, die ein Tochterunternehmen der gemein­nüt­zi­gen ADAC Stiftung ist, arbei­ten mehr als 1000 Menschen, dar­un­ter rund 160 Piloten, etwa 260 Notfallsanitäter (TC HEMS) und cir­ca 580 Notärzte. Pro Jahr star­ten die Crews zu mehr als 50.000 Einsätzen.

Über die Hillsboro Aero Academy:
Die HAA wur­de 1980 gegrün­det und hat in den USA der­zeit vier Standorte, davon drei im Bundesstaat Oregon im Nordwesten der USA: Hillsboro und Troutdale in Portland als Standorte für die Hubschrauberausbildung und Redmond sowie North Las Vegas, Nevada. Dort wur­den bis heu­te mehr als 12.000 Piloten für Flugzeuge und Hubschrauber aus 75 Ländern aus­ge­bil­det. Pro Jahr bringt es die HAA auf mehr als 85.000 Flugstunden. Das Unternehmen, das den höchs­ten zer­ti­fi­zier­ten Safety Standard besitzt (IS-BAO) hat 330 Mitarbeiter, dar­un­ter 162 Fluglehrer und 40 zer­ti­fi­zier­te Luftfahrtmechaniker. Die Absolventen der HAA flie­gen bei nahe­zu allen gro­ßen Airlines der Welt und sind eben­so bei den wich­tigs­ten Hubschrauberbetreibern beschäf­tigt, allen vor­an bei der ADAC Luftrettung.

Quelle: Pressemitteilung der ADA Luftrettung vom 27. Januar 2020

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