Was machte eine Sea Lynx der Bundeswehr in Berlin in der Nähe des Potsdamer Platzes oder genauer, im Vorgarten der hessischen Landesvertretung? Diese Frage dürften sich nicht nur die Berliner, sondern auch viele Touristen vor Ort gestellt haben.
Der Grund ist relativ einfach zu beantworten, wenn man einen Blick in die Geschichte der Marine wirft. Am 14. Juni 1848 verabschiedeten die Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt am Main ein Gesetz, dass Grundlage für den Aufbau der ersten deutschen Marine war. Die damalige Reichsflotte von 1848 war, wie die heutige Deutsche Marine, eine Bündnismarine.
Der Inspekteur der Deutschen Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack hatte dazu in seinem Tagesbefehl am 14.06.2023 u.a. folgende historischen Ausführungen gemacht:
„Am 14. Juni 1848 beschloss das erste frei gewählte deutsche Parlament in der Paulskirche in Frankfurt am Main die Aufstellung einer eigenen Flotte gegen die Blockade der deutschen Häfen durch dänische Kriegsschiffe und zum Schutz der eigenen Handelsschiffe. Das war die Geburtsstunde der Reichsflotte als erste gesamtdeutsche Marine der jungen Nation. Zwei wesentliche Elemente bilden eine historische Brücke von der Reichsflotte bis in die Gegenwart zu unserer Deutschen Marine. So war bereits die Reichsflotte 1848 durch das Parlament legitimiert und auch unsere Deutsche Marine untersteht der parlamentarischen Kontrolle. Heute, wie auch vor 175 Jahren wehen über den Schiffen die Farben Schwarz-Rot-Gold, die Farben der bürgerlichen Revolution von 1848. Auch heute dient die Deutsche Marine dem Schutz des freien Seeverkehrs. Sie steht nunmehr als Bündnismarine weltweit für unsere demokratischen Grundwerte ein. Gemeinsam mit unseren Bündnispartnern leisten wir unseren Beitrag zur Wahrung der europäischen Friedensordnung. Frieden und Freiheit in Europa sind eben nicht selbstverständlich, sondern müssen immer wieder neu erkämpft und behütet werden.”
175 Jahre Deutsche Marine
Der Tag der parlamentarischen Gründung deutscher Seestreitkräfte ist zum festen demokratischen Brauchtum der Marine von heute geworden. Die Seestreitkräfte der Bundesrepublik Deutschland gedenken dieses Datums bis heute. Der jährliche Parlamentarische Abend der Marine fand dazu dieses Jahr ausnahmsweise noch vor der Sommerpause des Bundestags statt. Anlass war vor allem das besondere Jubiläum, nämlich der 175. Jahrestag der Gründung der ersten deutschen Marine. Ort des historischen Geschehens war, wie bereits erwähnt, 1848 die Freie Stadt Frankfurt am Main, so dass 2023 die hessische Landesvertretung in Berlin der Veranstaltungsort war. Über 200 Gäste waren gekommen, unter ihnen Abgeordnete des Bundestags genauso wie sonstige Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Politik, Diplomatie, Gesellschaft und Wirtschaft.
Highlight im Garten der Landesvertretung war ein Bordhubschrauber vom Typ Sea Lynx. Ein Team des Marinefliegergeschwaders 5 war extra von der Nordseeküste nach Berlin gekommen. Die Marineflieger hatten übrigens für den Einflug ihrer Maschine in die Häuserschluchten im Stadtzentrum Berlins eine Sondergenehmigung erhalten.
Bordhubschrauber Sea Lynx Mk88A
Der Marinehubschrauber Sea Lynx dient als Bordhubschrauber auf Fregatten. Als Auge und Ohr des Mutterschiffs ist er vielseitig einsetzbar. Ausrüstung und Bewaffnung des Hubschraubers sind auf die U-Boot-Jagd ausgelegt, aber auch auf Seeraumüberwachung. Er erhöht wesentlich die Reichweite, Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit der Schiffe. Sensoren und Waffen des Helikopters sind auf seine Hauptrolle, die U-Boot-Jagd, ausgelegt.
Der Bordhubschrauber Sea Lynx ist ausgerüstet mit einem tiefenvariablen Sonar für aktive und passive Ortung sowie mit Torpedos der Typen Mk46 oder MU90 zum Angriff auf gegnerische U-Boote. Seine Crew besteht in der Regel aus drei Soldaten beziehungsweise Soldatinnen: dem Piloten, dem Copiloten und einem Operator, der das Sonar bedient. Um die jeweils zwei Helikopter zu fliegen und zu warten, sind auf einer Fregatte insgesamt 18 Marineflieger und –fliegerinnen an Bord.
Bei der Jagd auf U-Boote hat einer der beiden Sea Lynx das Sonar an Bord, um weit entfernt vom Schiff nach einem Ziel zu suchen. Von der Fregatte in ein ungefähres Zielgebiet gelenkt, schwebt dieser „Dipper“ genannte Helikopter über dem wahrscheinlichen Kontakt und taucht hier seinen Sensor ins Wasser. Der zweite U-Jagd-Hubschrauber, das „Pony“, trägt zwei Torpedos und wartet in der Nähe – bis er den Befehl zum Waffeneinsatz bekommt.
Zu den Nebenaufgaben des Sea Lynx zählt einerseits der Bereitschaftsdienst als Rettungshubschrauber, um über Bord Gegangene zu bergen. Andererseits transportiert der Sea Lynx Personal und Material, zum Beispiel zwischen den Schiffen eines Verbandes. Hinzu kommt die Aufgabe, Boarding-Teams auf fremde Schiffe zu bringen. Für diese Rolle ist einer der beiden Boarding-Hubschrauber in der Regel mit einem schweren Maschinengewehr ausgerüstet, um dem anderen und dem Team Feuerschutz geben zu können.
Autor: Rolf Klukowski, Berlin unter Beachtung von Informationen des Presse- und Informationszentrums der Marine