ZSH in einem beson­de­ren Jahr

Vor einem Jahr war es noch mög­lich, die Pressekonferenz zur Einsatzbilanz 2019 der Zivilschutz-Hubschrauber (ZSH) des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) als Präsenzveranstaltung im Luftrettungszentrum „Christoph 9” in Duisburg durch­zu­füh­ren. Aufgrund der aktu­el­len Lage mit Einschränkungen in allen Bereichen hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) als zustän­di­ge Bundesoberbehörde situa­ti­ons­be­dingt am 16. Februar 2021 die Jahresbilanz für das ver­gan­ge­ne Jahr in einer Online-Pressekonferenz vor­ge­stellt.

In der Feuerwache 6 (Köln-Chorweiler) prä­sen­tier­te der Vizepräsident des BBK, Dr. Thomas Herzog, die Zahlen zusam­men mit Beteiligten von „Christoph 3”



• Kernträger Stadt Köln, Dr. Volker Ruster, Stv. Leiter Feuerwehr Köln
• Dr. Matthias Fröhlich, Krankenhaus Merheim der Kliniken der Stadt Köln, Ltd. 
 Hubschrauberarzt
• Stefan Melcher, ASB, Ltd. TC-HEMS

unter der Überschrift „Bevölkerungsschutz in luf­ti­ger Höhe — Bund stellt Jahresbilanz 2020 der Retter in Orange vor”.

Als Teil der Luftrettung in Deutschland trans­por­tier­ten die ZSH im Jahr 2020 bei ins­ge­samt 14.039 Einsätzen 4.031 Patienten. Dabei waren die Retter in Orange 4.938 Flugstunden, umge­rech­net mehr als 205 Tage am Stück, in der Luft.

Die Zahlen sind zwar im Vergleich zu den 14.816 Einsätzen des Vorjahres leicht gesun­ken, den­noch bleibt das Niveau der Einsätze hoch. Eine jähr­li­che Schwankungsbreite von 10 % ist noch als nor­mal zu bezeich­nen. „Die Statistik belegt die beson­de­re Stellung der Luftrettung im deut­schen Hilfeleistungssystem. Der Bund, in die­sem Fall das BBK und die Bundespolizei-Fliegergruppe, ist sich sei­ner Verantwortung in der Unterstützung der Luftrettung mit unse­ren ZSH bewusst und wir wer­den uns auch wei­ter­hin dafür enga­gie­ren. Mit Blick auf das Jahr 2021 freut es mich ganz beson­ders, dass unse­re ZSH ihr nun 50-jäh­ri­ges Bestehen fei­ern dür­fen“, kom­men­tiert Dr. Thomas Herzog die Einsatz-Bilanz.

Für die bei­den Luftrettungszentren „Christoph 14”, Traunstein, und „Christoph 17”, Kempten, wur­den bereits im Oktober 2018 und Mai 2019 die neu beschaff­ten Hubschrauber H135 T3 vor­ge­stellt und die Besonderheit der neu­en Außenwinde für beson­de­re Einsätze her­vor­ge­ho­ben. Aufgrund tech­ni­scher Probleme konn­ten die Winden jedoch nicht ein­ge­setzt wer­den, so dass auch 2020 noch an bei­den Stationen das zuver­läs­si­ge und kos­ten­güns­ti­ge Bergetauverfahren zur Versorgung und Rettung Betroffener Verwendung fin­den muss­te. Insgesamt erfolg­ten 158 Einsätze, davon 74 in Traunstein und 84 in Kempten.

Die medi­zi­ni­sche Crew von „Christoph 3” erläu­ter­te bei­spiel­haft Einsatzgeschehen und Einsatzverfahren aus der Funktion des Hubschraubers als RTH. Der rela­ti­ve star­ke Rückgang bei der Anzahl der Einsätze lässt sich nur bedingt ver­all­ge­mei­nern und auf ande­re Einzugsgebiete über­tra­gen. Der Einfluss von Corona ist ein Grund, hin­zu kom­men die ver­än­der­te Krankenhauslandschaft und ins­be­son­de­re im Großraum Köln star­ke Veränderungen mit Anpassung der Strukturen des boden­ge­bun­de­nen Rettungsdienstes. Für die Alarmierungen zu Einsätzen bedeu­tet es jedoch, dass der eigent­li­che Zweck des hoch­wer­ti­gen Einsatzmittels mit not­ärzt­li­cher Versorgung und ziel­ge­rich­te­tem Transport wie­der mehr in den Vordergrund rückt und so die beson­de­re Stellung im Hilfeleistungssystem betont wird.

Die ZSH fei­ern in die­sem Jahr ihren 50. Geburtstag. Sie leis­ten mit ihren Besatzungen einen wich­ti­gen Beitrag für den Bevölkerungsschutz. Die Flotte besteht aus ins­ge­samt 15 Hubschraubern vom Typ Airbus EC135 T2i und drei H135 T3 für bun­des­weit 12 Stationen. Sie ist Teil der Ausstattung, die das BMI für den Spannungs-und Verteidigungsfall vor­hält und den Ländern für den Katastrophen- und Zivilschutzfall zur Verfügung stellt. Nicht ver­ken­nen darf man den hohen Stellenwert, mit dem der Bund bis hin zu „Christoph 18” den Grundstein für das heu­te welt­weit wohl ein­ma­li­ge Netz der öffent­lich-recht­li­chen Luftrettung in Deutschland gelegt hat. Alle maß­geb­li­chen Betreiber konn­ten das 50-jäh­ri­ge Jubiläum der Luftrettung 2020 nur sehr ein­ge­schränkt bege­hen. Das BBK hat­te im Juli 2020 den ins­ge­samt 800.000ten Einsatz der ZSH, der von „Christoph 4” aus Hannover geflo­gen wur­de, mit einer klei­nen Presseveranstaltung gewür­digt.

Der heu­ti­ge „Christoph 3” wur­de als ers­ter ZSH im Dezember 1971 vor 50 Jahren auf dem Flugplatz Leverkusen-Kurtekotten in Dienst gestellt und ist heu­te auf dem Flughafen Köln sta­tio­niert.

In jedem ZSH fliegt ein Team, das aus ganz unter­schied­li­chen Akteurinnen und Akteuren besteht. Die Notärztinnen und Notärzte stam­men häu­fig von dem jewei­li­gen Stationskrankenhaus, die spe­zi­ell für die Luftrettung aus­ge­bil­de­ten Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter (TC-HEMS) wer­den von den Hilfsorganisationen und Berufsfeuerwehren gestellt. Der Flugdient der Bundespolizei ist mit sei­nen Piloten und den Technikern für alle flug­be­trieb­li­chen Belange ver­ant­wort­lich und hat 50 Jahre lang die Lufttüchtigkeit der ZSH sicher­ge­stellt. Das BBK in Bonn zeich­net im Auftrag des BMI für die ver­wal­tungs­mä­ßi­gen Angelegenheiten ver­ant­wort­lich.

In Abstimmung zwi­schen allen Beteiligten gibt es Überlegungen zu eine ange­mes­se­nen Würdigung des Jubiläums im zwei­ten Halbjahr 2021. Die nicht abseh­ba­re Entwicklung lässt jedoch noch kei­ne kon­kre­ten Planungen oder eine Terminierung zu.

Zugeschaltet war aus Hamburg Dr. Marc Royko in sei­ner Funktion als ärzt­li­cher Koordinator und Sprecher der Leitenden Hubschrauberärzte an Luftrettungszentren mit ZSH. Er ist Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Leitender Notarzt und lang­jäh­ri­ger Hubschrauber-Notarzt. Er ver­deut­lich­te die Funktion der RTH und ging auf die Besonderheiten auf­grund der Corona-Krise ein. Disponierbare Flüge wer­den mög­lichst nicht durch­ge­führt. Trotzdem fin­den die übli­chen Vorkehrungen zum Schutz vor Infektionsgefahren ohne­hin Anwendung und wer­den zusätz­lich ver­stärkt und erhöht. Damit geht eine beson­de­re Belastung für das Personal ein­her und führt ggf. auch zu ver­län­ger­ten Zeiten bei einem Einsatz. Ausdrücklich hob er die häu­fi­gen Gespräche zwi­schen den Betreibern der Luftrettung her­vor. So war es mög­lich, für alle als ver­läss­li­che Partner gewinn­brin­gend ein­heit­li­che Strategien und Konzepte umzu­set­zen.

In einer Außenschaltung stell­ten Notarzt Dr. Tobias Ahnert und der sta­ti­ons­ver­ant­wort­li­che Pilot der Bundespolizei, Jörg Sparbrodt, die aktu­el­le Einsatzmaschine „Christoph 3” (D-HZSN) und ihre Ausstattung vir­tu­ell vor.

Andreas Hartmann, Leiter Luftfahrtbetrieb der Bundespolizei, und Dr. Herzog bezo­gen Stellung zur Thematik der Ausdehnung der Tagesrandzeiten und das Fliegen bei Nacht. Hierzu gibt es zur Zeit kei­ne Aktivitäten.

Ein Clip zu „Christoph 3” locker­te die Veranstaltung auf.

Mit der Übertragung des rea­len Starts vom Veranstaltungsort zurück zum Flughafen ende­te die Schaltung.

Der groß­for­ma­ti­ge Jahreskalender des BBK 2021 in DIN A3 quer zum Umblättern mit Spiralbindung nimmt Bezug auf das Jubiläum. Er zeigt auf 12 Monatsblättern zu den ein­zel­nen Stationen Fotos ein­ge­setz­ter alter und der aktu­el­len Maschinen. Hervorzuheben sind die Fotos von Christoph 4 mit einer BO 105 in Kadmiumgelb und die Huey der Luftwaffe von SAR 71, heu­te „Christoph 29.”

Autor: Ulrich Schröer, Freier Fachjournalist, Bonn

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